Wahlprognose für den Kanton Zürich – durch die Journalistenbrille gesehen

Die Listen und KandidatInnen für den Nationalrat sind in allen Wahlenkreise bekannt. Jetzt beginnt das Rätselraten zu Sitzgewinnen und -verlusten. Die NZZ macht den Anfang – für den Kanton Zürich.

“Nur wenige Verschiebungen in der Zürcher Abordnung für den Nationalrat in Sicht”, übertitelt die NZZ vom Samstag eine ganzseitige Auslegordnung zu denkbaren Sitzverschiebungen im grössten Wahlkreis bei den anstehenden Wahlen. Legitimiert wird das Ganze durch ein Interview mit dem Kantonsstatistiker Peter Moser, das die Seite mit der Schlagzeile “Träges Parteiengefüge” firmiert (beides nicht online).

Da war, vermute ich mal, der Wunsch des Zeitungshauses der Vater der journalistischen Leseweise. Denn die nachgeschobenen Fakten sind anders:

Prognose von Peter Moser (leider auf seiner website nicht dokumentiert) zur Verteilung der 34 Zürcher Sitze im Nationalrat

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Im Detail verrät sich Redaktor Stefan Hotz gleich selber: Denn sollte die GLP bei ihrer zweiten nationalen Kandidatur drittstärkste Kraft im grössten Kanton der Schweiz werden, wäre das auch in seinen Worten “ein historischer Erfolg”. Und sollte die CVP 2 ihrer 3 Sitze einbüssen, was er nicht ausschliesst, nennt er das vorsorglich schon mal “ein historisches Debakel”.

In der Tat: Zeitgenössisch auffällige Veränderungen in der Parteienlandschaft der Schweiz zeigten sich in Zürich meist früher und deutlicher: So der Niedergang des Wirtschaftsfreisinns, so die Polarisierung zwischen SVP und SP, so der Aufstieg und der Zwist der Grünen, so die CVP, die sich im urbanen Raum platzieren will.

Selbst Rene Zeller, Inlandchef der NZZ, nennt die politischen Verhältnisse in seinem Porträt zum Kanton Zürich ganz einfach “volatil” – zu deutsch: veränderlich. Das wäre meines Erachtens die bessere Einschätzung gewesen, und auch Grund, statt Sicherheit zu vermitteln, den Unsicherheiten nachzugehen. Denn die kantonalen Wahlen im Frühling sind verführerisch nahe an den nationalen, sodass man die Ergebnisse nur zu gerne überträgt. Doch gibt es drei Unterschiede, mindestens 2011:

. zunächst die Beteiligung, die national viel höher ist als kantonal, was gerade die Angaben für SVP und SP unsicher macht;
. dann das Wahlrecht, das kantonal und national bezüglich der Sitzverteilungen ungleich wirkt, indem die kleinen kantonal profitieren;
. und schliesslich das politische Klima, dass sich seit dem April erheblich verändert hat, dominiert doch nicht mehr der Reaktorunfall in Fukushima das politischen Klima, während heute der starke Franken, die Aengste zu Arbeitsplatzverlagerungen und die Bocksprünge des Investmentbanking den Rahmen der Wahl abgeben.

So schliesse ich: Besser als journalistisch-auktorial Ruhe verbreiten zu wollen, wäre es gewesen, die dieser Parameter Wirkungen auf grüne, linke, rechte und Zentrumsparteien aufzuzeigen.

Claude Longchamp

Ständeratswahlen: Börsianer legen Zwischenbilanz fünf Wochen vor der Wahl vor.

Wie gut Wahlbörsen bei Schweizer Wahlen funktionieren, weiss man (noch) nicht. Denn Erfahrungen hat man damit bisher nicht sammeln können. Die Wahlbörse von SRF ist das Wagnis 2011 dennoch fast flächendeckend eingegangen. Eine Zwischenbilanz.

Danach analysiert, was die Ständeratswahlen 2011 bringen, setzen die Börsianer auf die SVP. Das die wählerstärkste Partei der Schweiz in der kleinen Kammer untervertreten sei, ist als Botschaft hinüber gekommen. Die Wettbrüder und -schwester rechnen mit drei Sitzgewinnen, zulasten von FDP (-3) und CVP (-2). Stabil sehen sie die SP, GPS und GLP. Das gilt auch für die BDP, während die Einschätzungen zu den beiden restlichen noch nicht gemacht sind. Am ehesten noch geht man von einem Sitzgewinn des Parteilosen Thomas Minder in Schaffhausen aus.

Die Beurteilung der Situation in den 9 Kanton der deutschsprachigen Schweiz sind sehr ungleich. Am wenigsten unsicher ist man in Glarus und Luzern. Im Glarnerland prognostizieren die Börsianer die Wiederwahl der beiden Bisherigen Freitag (FDP) und Jenny (SVP). In Luzern rechnet man mit einer parteipolitischen Stabilität. Graber (CVP) sollte es schaffen, ebenso Theiler, der Neue für die FDP.

Auch im Kanton Solothurn erreichen zwei Kandidaten zwischenzeitlich das absolute Mehr: Zanetti, der Bisherige von der SP und Bischof, der neue von der CVP. Er liegt von Fluri, der für die FDP den Sitzen halten soll, aber auch von Wobmann, dem Herausforderer der SVP. Sicher ist hier nichts, denn die Tagesschwankungen lasse auch einen anderen Schluss zu: Die drei bürgerlichen Kandidaten werden in einen zweiten Wahlgang geschickt.

Eine ähnliches Bild zeichnen die Wahbörsen im Thurgau, in Schaffhausen und in Zug. Ueberall hat es einen Favoriten: Eberle, Germann und Brunner von der SVP, die Hälfte der Stimmen machen könnten. Ueberall ist das Verfolgerfeld recht nahe zusammen, aber unter der 50 Prozent-Marke. Im Thurgau liegen namentlich Häberli-Koller (CVP) und Graf-Litscher (SP) sehr nahe zusammen, in Schaffhausen gilt dies für Minder (Parteilos) und Heydecker (FDP) und in Zug für Bieri (CVP) und Eder (FDP).

Die grösste Unsicherheiten orten die Börsianer in Zürich, Bern, St. Gallen und Aargau. Keine(r) der BewerberInnen erreicht hier das absolute Mehr im ersten Wahlgang. In Zürich (Diener vor Guttwiller vor Blocher vor Hardegger) und St. Gallen (Brunner vor Keller-Sutter vor David vor Rechsteiner) sieht es nach einem Vierkampf aus, in Bern (Amstutz vor Stöckli vor Luginbühl) und Aargau (Bruderer vor Giezendanner vor Egerszegi) nach einem Dreikampf. Dabei könnte es auch zu Nicht-Wiederwahlen kommen, jedenfalls im ersten Wahlgang, der Luginbühl (BDP, BE), Egerszegi (FDP, AG) und David (CVP, SG) liegen je auf dem dritten Rang.

Konkrete Sitzgewinne der SVP halten die Börsianer in St. Gallen und Zug möglich, der einzige Parteilose mit Chancen ist der Schaffhauser Minder, der sich, sollte er gewählt werden, einer grünliberalen Fraktion anschliessen würde. Nicht nur erfreulich sieht es für die FDP in Solothurn und Aargau aus, aber auch in Schaffhausen und Zug. Die CVP könnte in St. Gallen Federn lassen, dafür in Solothurn den Ausgleich schaffen. Umgekehrt liegt es im Bereich des spekulativ Möglichen, den Sitzverlust nach dem Abgang von Sommaruga in der Bundesrat sei es in Bern oder im Aargau wettmacht.

Wie gesagt, zunächst ist das Spielerei, die weder theoretisch gesichert ist, noch mit Erfahrungswerten punkten kann.

Immerhin, die vorgelegte Zwischenbilanz ist nicht einfach unerheblich. Sie legt nahe, dass gerade im urbanen Umfeld der deutschsprachige Schweiz die Fragmentierung der politischen Lager hoch ist, sodass die Allianzbildungen, möglicherweise erst im zweiten Wahlgang den Ausschlag geben werden, wer die Kantone in der kleinen Kammer der Bundesversammlung vertritt. Deshalb füge ich bei: Schade, dass es keine so interessanten Gradmesser für die französisch- und italienischsprachige Schweiz gibt.

Was den generellen Trend angeht, wäre die erwartete Veränderung nicht einfach belanglos. Denn CVP und FDP hätten, auch wenn sie geschlossen gemeinsam stimmen würden, erstmals keine Mehrheit mehr. Diese ergäbe ich nur noch unter Einbezug der SVP, oder aber als Allianz aus CVP, SP, GPS und GLP.

Claude Longchamp

Analyse von Ständeratswahlen – Forschungsseminar an der Uni Bern

Programm Forschungsseminar “Analyse von Ständeratswahlen”
Herbstsemester 2011, Master “Schweizerische und vergleichende Politik”, IPW, Universität Bern

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Zielsetzung
Die Wahlforschung in der Schweiz hat sich weitgehend auf die Analyse von Nationalratswahlen konzentriert. Die Erforschung der Ständeratswahlen blieb weitgehend aus.
Das Forschungsseminar für Fortgeschrittene, das ich im Herbstsemester 2011 im Rahmen des Master-Programms am IPW der Universität Bern anbiete, will dem entgegenwirken.
Ziel des Seminars ist es, ein Modell zur Prognose und Erklärung von Ständeratswahlen zu erarbeiten.
Das soll aufgrund der laufenden und zurückliegenden Wahlen in die kleine Kammer geschehen, durch Fallstudien und vergleichende Analysen über die Kantone, allenfalls auch über die Zeit hinweg.
Das Seminar berücksichtigt den spärlichen Forschungsstand, den die Politikwissenschafter Hanspeter Kriesi und Romain Lachat repräsentieren. Es nimmt aber auch Ansätze der Analyse auf, die Statistiker Peter Moser, Marc-André Röthlisberger und Stephan Tschöpe entwickelt haben, und es will auch einen Zugang zu den Ueberlegungen bieten, die sich PolitikerInnen für ihre Wahlkämpfe machen.
Untersuchen wollen wir den Einfluss von Kontextfaktoren, von Personenmerkmalen und von Kommunikationsstrategien bei Ständeratswahlen. Geleistet werden die Arbeiten in Form studentischer Gruppenarbeiten, die wir gemeinsam diskutieren, welche die Studierenden ausarbeiten, und die am Schluss des Seminars präsentiert werden muss. Die letzte sitzung dient der Sichtung von Ergebnissen, die wir in unser anfänglich postuliertes Modell einbauen wollen, um so einen plausibilisierten Anstoss für künftige Forschungen zu geben.

Zielgruppe
Das Forschungsseminar, das sich an Studierende des Masters “Schweizerische und vergleichende Politik” richtet, setzt grundlegende Kenntnisse der Methoden und Verfahren der empirischen Politikforschung voraus; von Nutzen ist es, Kompetenzen in der vergleichenden Forschung zu haben. Erwartet wird die regelmässige Mitarbeit im Seminar einerseits, die aktive Beteiligung an einem studentischen Forschungsprojekt andererseits. Diese muss mündlichen und schriftlich präsentiert werden. Alles zusammen fliesst in die Note ein. Ein eigentliche Prüfung gibt es nicht.

Termine
23.9. Einführung: Wahlforschung und Modellbildung zur Erklärung und Prognose von Wahlen
30.9. Gemeinsame Entwicklung von Ideen für Forschungsprojekte zu Kontextfaktoren, Persönlichkeitsmerkmalen und Kommunikationsstrategien
7.10. Diskussion Forschungsstand anhand ausgewählter Dokumente
14.10 Beschlussfassung zu studentischen Forschungsprojekte im Rahmen des Forschungsseminars
21.10 Exkurs I: Hochrechnung Ständeratswahlen 2011 im Kanton Bern, Präsentation durch Stephan Tschöpe, Hochrechner gfs.bern

23.10. Wahltag

28.10. Diskussion ausgewählter Erstanalysen der Ständeratswahlen
4.11. dito
11.11. Kampagnenstrategien im Ständeratswahlkampf, Referat von und Diskussion mit Ursula Wyss, Ständeratskandidatin SP im Frühling 2011
18.11. Exkurs II: Prognose von Ständeratswahlen
10 Uhr Prognose der Ergebnisse erster Wahlgänge, Präsentation Peter Moser, Kantonsstatistiker Zürich
11 Uhr Prognose der Ergebnisse zweiter Wahlgänge aufgrund der Resultate im ersten Wahlgang, Präsentation Martin Röthlisberger, Mathematiker Bern

27. 11. Nachwahltag für Ständeratswahlen

2.12. Präsentation der Gruppenarbeiten I: Analyse von Kontextfaktoren
9.12. Präsentation der Gruppenarbeiten II: Analyse von Personenfaktoren
16.12. Präsentation der Gruppenarbeiten III: Analyse von Kommunikationsfaktoren
23.12. Schluss: Modellbildung zur Ständeratswahl für Theorie und Praxisbesprechung: Was wir neu über Ständeratswahlen in der Schweiz wissen

ErstwählerInnen: ein Tabu im Wahlkampf 2011?

Die Jungen spielen im Wahlkampf 2011 fast keine Rolle. Das ist schade! Denn wer nicht angesprochen wird, beteiligt sich auch nicht: zu seinem Schaden, und zum Nachteil für die Demokratie.

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Linda Fäh, Miss Schweiz, und Cédric Wermuth, enfant terrible der Juso, 2011: Jugend und Politik lässt sich nicht einfach auf Schräg&Schön reduzieren (Quelle).

Die ErstwählerInnen müssen in Kampagnen speziell angesprochen werden. Mit geeigneten Themen, mit speziellen Personen und mit Medienkanälen, die ihnen affin sind.

Letzteres geschieht 2011 noch einigermassen: Die neuen sozialen Medien wie facebook sind ein vorrangiges Thema, und da geht es meist auch um junge WählerInnen. Wenn es um jugendlich PolitikerInnen geht, happert es schon mehr. Die “Jung-TürkInnen” in den Parteien waren mal der Rede wert – wegen den SesselkleberInnen in den Parteien. Ansonsten bekommt man den Eindruck, je später der Abend wird, desto eher beschränkt sich das Medieninteresse auf schräge Vögel und hübscher Frauen. Doch sind Linda Fäh und Céderic Wermuth kein Abbild der JungbürgerInnen vor heute.

Ganz schlimm sieht es bei den Jugend-spezifischen Themen aus: Dabei läge alles auf dem Tisch: Das Jugendbarometer 2011 nannte Ausländerintegration, Eintritt ins Erwerbsleben, Sicherheit der Altersvorsorge, Schutz vor Umweltkatastrophen, Kernenergiefragen, Rassismus und Sexismus im Alltag als vorrangige Themen der jungen Menschen, wenn es um Politik geht.

Bei einige Nachteilen, welche die Wahlkämpfe der letzten Jahren hatten: Dank der Polarisierung interessierte man sich vermehrt für die politischen Anliegen jenseits des Mainstreams. Das nützte der Jugend 1999, 2003 und 2007. Gerade die Polparteien setzten auf die Mobilisierung von ErstwählerInnen, und punkteten damit. So wurden SVP und SP zu den Parteien, die bei den ganz Jungen am besten ankommen.

Eine Auswertung der letzten drei letzten Wahlbarometer-Befragungen lässt folgenden Schluss zu: Das ist heute nicht wesentlich anders, aber auf einem deutlich tieferen Beteiligungsniveau. Die SVP kommt bei den den Wählenden zwischen 18 und 21 Jahren auf 27 Prozent, die SP 24, die CVP auf 17 und die GPS auf 9 von Hundert. Der Rest ist fast schon Makulatur.

Erschütternd ist aber, dass gerade mal 17 Prozent der denkbaren ErwählerInnen ihr Wahlzettel abgeben wollen, während 83 Prozent sagen, das gehe sie nichts an und interessiere nicht. Da braucht es nochmals kräftig Gegensteuer – ohne Wehklagen und ohne Wahlzwang.

Denn Politik in der Demokratie setzt auf Mündigkeit. Die schliesst Freiwilligkeit seitens der BürgerInnen mit ein, und sie lässt politische Werbung seitens der Parteien zu. Letztere haben noch 6 Wochen Zeit, ihren Willen zur Erneuerung der Wählerschaft zu beweisen, und auch die Medien können noch mehr als einen Monat aufzeigen, was die BürgerInnen von morgen wollen, und wer sie dabei anspricht.

Zum Nutzen des politischen Nachwuchses und der Zukunft der Demokratie.

Claude Longchamp

Wahlbarometer: Zustimmung zu BundesrätInnen mehrheitlich – Kritik vor allem parteipolitisch motiviert

Im Rahmen des neuesten Wahlbarometers, das heute erschienen ist, haben die Wiederwahlempfehlung (unmittelbar vor dem angekündigten Rücktritt von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey) untersucht. Die ausführlichen Befragungsergebnisse können hier nachgeschlagen werden. Mein Kommentar dazu lautet.

Eines vorneweg: Wir haben nicht die Frage gestellt, wen man selber wählen würde. Denn das setzte voraus, dass es eine Volkswahl des Bundesrates geben würde. Vielmehr haben wir uns danach erkundigt, über welche der bisherigen Bundesratsmitglieder man die Meinung habe, sie sollten am 14. Dezember 2011 wiedergewählt werden oder nicht.

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Die Wahlberechtigten setzen dabei sehr wohl Akzente. Gegenüber allen sieben Mitgliedern vertritt eine Mehrheit die Meinung, sie sollte nochmals gewählt werden. Am klarsten kommt das bei Doris Leuthard zu Ausdruck. 75 Prozent der Wahlberechtigten empfehlen die CVP-Magistratin zur Wiederwahl. Bei Simonetta Sommaruga (SP) sind das 70 Prozent. Didier Burkhalter (FDP) bringt es auf 69 Prozent. Ihnen ist gemeinsam, dass sich nur rund jede achte Personen eine Nicht-Wiederwahl wünscht. Etwas gespaltener sind die Positionen gegenüber Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), Ueli Maurer (SVP) und Johann Schneider-Ammann (FDP). Zwischen 65 und 56 Prozent sähen sie gerne weiterhin im Bundesrat, während gut ein Fünftel das Gegenteil vertritt.

Am polarisiertesten sind die Meinungen, wenn es um Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (SP) geht. Hier wünschen sich 51 die Wahl für eine weitere Amtsperiode, während 35 Prozent das ausdrücklich ablehnen. Stellt man auf die Unschlüssigen ab, kennt Bundesrat Schneider-Ammann den grössten Anteil, indes nicht, weil man ihn nicht kennen würde, sondern weil man sich in der Entscheidung noch nicht sicher ist.

Hinter der Bewertung verstecken sich vor allem partei- und regionalpolitische Präferenzen. Die Gegnerschaft von Calmy-Rey kommt aus dem entgegengesetzten politischen Lager. Nur ein Drittel der SVP-Wählenden möchte sie im Amt behalten. Polarisierend wirkt sie auch bei den parteipolitischen Ungebundenen. Sie empfehlen die Bundespräsidentin zu 46 Prozent für eine weitere Bundesratszeit. Bei Bundesrat Schneider-Ammann geht die Opposition nicht so tief; dafür ist sie breiter. Nur Minderheiten von SP, GPS und GLP möchten, dass er in seinem Amt bestätigt wird. Bei Ueli Maurer reduziert sich das auf die SP- und GPS-Wählenden. Ein beschränktes Problem hat schliesslich Eveline Widmer-Schlumpf. Das Misstrauen ihr gegenüber kommt aus ihrer ehemaligen Partei. Immerhin genau die Hälfte der heutigen SVP-Wählenden würde sie zur Wiederwahl empfehlen.

Hinsichtlich der Sprachregionen haben die Bundesräte Maurer und Schneider-Ammann ein Problem. In der Romandie findet sich keine Mehrheit, welche die beiden weiter empfehlen würde. Bei Bundespräsidentin Calmy-Rey gilt schliesslich, dass sie in allen Regionen umstritten ist. Mit 55 Prozent wird sie am ehesten noch in der italienischsprachigen Schweiz unterstützt.
So bleibt, dass die BürgerInnen gegenüber Abwahlen von BundesrätInnen skeptisch sind. Klare Hinweise auf dringend erwartete Veränderungen gibt es nicht. Immerhin mischen sich aber mehr oder minder klare Zwischentöne in die Beurteilungen, die in erster Linie parteipolitisch motiviert sind.

Claude Longchamp

Rücktritt von Calmy-Rey: Tritt der Wahlkampf 2011 in seine vierte Phase?

Der Wahlkampf 2011 entwickelt sich unüblich lang, ist thematischer denn je, weniger kontrovers als auch schon und aufgeteilt in eigentliche Abschnitte. Mit dem Rücktritt von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey tritt er voraussichtlich in seine vierte Phase.

Lange galt: Die letzten kantonalen Wahlen, insbesondere in Zürich, dem bevölkerungsreichsten Kanton, legt den Tenor für den Wahlherbst fest. Was dann kommt, ist reine Wiederholung.
Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Denn die heutigen Wahlkämpfe sind nationalisiert, ja globalisiert. Das zeigt sich am deutlichsten an der Mobilisierungskraft, die zugenommen hat und weit über der von kantonalen Wahlgängen liegt.

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Was heisst das als Rück- und Ausblick auf den Wahlkampf 2011?

Die Swissness-Phase: Die erste Phase im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen 2011 wurde noch im Herbst 2010 eröffnet. Lanciert hat sie die SVP mit ihrer Kampagnenankündigung. Das wurde zum spätestens mit der Annahme der Ausschaffungsinitiative für kriminelle AusländerInnen in der Volksasbtimmung vom 28. November 2011 zum Ernstfall. Kreiiert wurde so ein politisches Klima, das traditionelle Werte begünstigte resp. die Unterschiede zwischen Einheimischen und Fremden betonte. Namentlich nationalistische Untertöne polarisierten. Davon profitiert hat die Rechte, insbesondere die SVP, die selbst über eine absolute Mehrheit für sich spekulierte. Der Druck der Oeffentlichen Meinung färbt ab, nicht nur auf die WählerInnen, auch auf FDP und CVP, welche den Swissness-Bezug in ihrem Wahlkampfauftritt mehr den je betonten.

Die Fukushima-Phase: Der Reaktorunfall im japanischen Fukushima eröffnete die zweite Phase im diesjährigen Wahlkampf. Die Themen-Szenerie verlagerte sich fast schlagartig, nicht zuletzt, weil die ersten Wahlen in diesem Umfeld grüne ParteiexponentInnen begünstigten. Schnell reagierten die BDP und ihre Bundesrätin, was die CVP unter Druck setzte. Sie nützte die Gunst der Stunde, und verhalf dem geordneten, mittelfristigen Ausstieg aus der Atomenergie zur Mehrheit in der Bundesregierung. Schwer tat sich dagegen die FDP mit einer Neupositionierung, die schliesslich in eine fast schon symbolische Stimmenthaltung im entscheidenden Moment mündete. Am wenigsten traf es die SVP, ausser dass sie die Lufthoheit über den Wahlkampf verlor.

Die Harter-Franken-Phase: Die dritte Wahlkampfphase setzte im themenarmen Sommerloch mit der Debatte über den hohen Frankenkurs und die Folgen für die Schweizer Wirtschaft ein. Lanciert wurde sie durch die Interventionen der Nationalbank, begleitet durch die Entscheidungen des Bundesrates in Sachen Hilfspaket. Die erneute Themenverlagerung bewirkte eine Sammlung zugunsten schweizerischer Wirtschaftsinteressen. Die SVP musste ihre Angriffe auf den Nationalbankppräsidenten einstellen, gefordert waren im Bundesrat namentlich der Wirtschaftsminister und die Finanzministerin. Die FDP rückte ins Zentrum des Interesses und mit ihr ihr Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Namentlich das Hilfspaket wurde für den liberalen Pol der Schweiz zur Belastungsprobe, was die SP ausnützte, sei es bei der Anbindung des Frankenkurses an den Euro, bei der Senkung der KonsumentInnenpreise oder bei der Sicherung der Arbeitsplätze. Nicht übersehen darf man, dass die Wechselkursdebatte vor allem in den Medien stattfindet. In der Bevölkerung der deutschen Schweiz geht es um Migrationsfragen, in der Romandie um die Probleme mit dem Gesundheitswesen.

Die Bundesratswahl-Phase: Ob wir aktuell noch in dieser Phase oder schon in der nächsten sind, lasse ich hier noch offen. Immerhin, der angekündigte Rücktritt von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey auf Ende Jahr hat die Ausgangslage für die Wahlen verändert. Offiziell wollte man erst nach dem 23. Oktober darüber sprechen, jetzt ist der Schutzwall gebrochen. Die SVP und die GPS haben ihre Interessen bereits angemeldet. Sie zielen auf alle, die übervertreten sind oder speziell auf den zweiten FDP-Sitz. Die SP hat den ersten Schritt früher als erwartet gemacht. Sie risikiert damit, dass ihr die SVP ihren zweiten Sitz im Bundesrat strittig macht. Das würde nicht nur die Debatte animieren, es würde die Polarisierung und damit die Mobilisierung der WählerInnen an den Polen befördern. Im Kanton Bern hat man diesen Frühling bei den Ständeratswahlen gesehen, wie schnell so was gehen kann. Ein Blick in die Zeitungen von heute bestätigt jedenfalls: Die Medien haben das Thema gefunden, auf das sie in diesem Wahlkampf schon länger gewartet haben.

Claude Longchamp

Interesse für politische Parteien im Internet vermessen

Im Ausland kennt man das Tool schon länger. Bei Schweizer Wahlen propagiert neu die Sonntagszeitung Internetanalysen als Parteienbarometer im laufenden Wahlkampf.

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Nachfrage nach Informationen zu Parteien auf Internet gemäss Google in den letzten 12 Monaten: Der Wahlkampf erzeugte bis jetzt ein geringeres Interesse als die Volksabstimmungen vom November 2010; der Stand gleicht dem bei den Zürcher Wahlen vom Frühling 2011.

SVP vor SP, FDP und CVP. Dies ist die Rangierung der politischen Parteien im neuen Barometer der Sonntagszeitung. Eingestellt hat sich die Reihenfolge in der Woche vom 7. August; seither ist sie stabil. Der Vorsprung der SVP ist kräftig, während vor allem FDP und CVP sehr nahe beieinander liegen.

Das neue sog. Parteienbarometer der Sonntagszeitung basiert nicht auf kantonalen Wahlanalyse. Es brücksichtigt keine WählerInnen-Befragungen, und es stellt auch nicht auf Wahlbörsen ab. Vielmehr basiert es auf eine Medieninhaltsanalyse, einer speziellen allerdings – O-Ton Sonntagszeitung: “Die aufgezeigten Trends stellen lediglich Suchanfragen nach den genannten Parteien dar. Ziel von Google Insights for Search ist es, Erkenntnisse über verbreitete Suchmuster zu liefern. Die Berechnung der Ergebnisse basiert auf verschiedenen Schätzungen. Die Insights for Search-Karte ist für allgemeine Volumenanalysen vorgesehen.”

In der Wahlforschung rangieren solche Tools hinter der Wahlbefragungen und Wahlbörsen nur an dritter Stelle, wenn es um den analytischen Wert zu den Wahlaussichten geht. Das hat seine Gründe: Zuerst die Messeinheit, die Interesse an, nicht aber Unterstützung von Parteien bestimmt; dann das Beobachtungsmedium, das mit Internet eine klare Eigenselektivität hat, und schliesslich die Messtechnik, die von google stammt, und pauschal umschrieben, für Marktforschung geeignet ist.

Vor Quantifizierungen, zum Beispiel zu Parteistärken, sei deshalb ausdrücklich. Etwas zuverlässiger sind Reihenfolgen unter den Parteien. Das Beste an solchen Instrumenten sind jedoch die Zeitverläufe. Denn sie zeigen, dass das Interessen an Parteiinformationen abhängig von Ereignissen ist: Politischen Gross-Events wie herausragende Volksabstimmungen, BundesrätInnen-Wahlen oder eben dem anziehenden Wahlkampf.

Auf die Dauer muss das aber nicht so sein. So zeigt die Uebersicht über die vermessenen Parteiinteressen seit anfangs 2009, dass die SVP im Internetintesse vor der FDP liegt, gefolgt von der SP und der CVP. Die FDP kennt damit mehr Interesse auf Internet als Anteile unter Wählenden. Bei der CVP klafft beides in umgekehrter Richtung auseinander.

Man wird, in den Wochen bis zur Wahl, die Indices der Parteien schnell konsulitieren, um etwas über das Internet-Interesse zu erfahren. Angekündigt ist übrigens auch vom FOeG der Uni Zürich aus, in den letzten 6 Wochen eine vergleichbare Analyse über einen Querschnitt aller Medien mit Parteipräsenzen zu veröffentlichen.

So bleibt die Bilanz: Die Ankündigung eines neuen Parteienbarometers vermag das Instrument kaum einzulösen. Wenn man dessen Ergebnisse mit Prognosen oder aktuellen Wahlabsichten nicht verwechselt, ist es für die Trendanalyse ganz nützlich.

Claude Longchamp

Ständeratswahlen in Bern und St. Gallen: Börsianer machen erste Triage unter den Kandidaturen

Die Börsianer der Wahlwette auf der Plattform von SRF sehen in Bern und St. Gallen je einen Dreikampf um die Ständeratssitze. Keine Bewerbung würde es im ersten Wahlgang schaffen.

Kürzlich wurden die Wahlbörsen zu verschiedenen Ständeratswahlen lanciert. Jene zu den Kanton Bern und St. Gallen sind zwischenzeitlich allgemein einsehbar. Sie vermitteln einen ersten Eindruck über die Wahlchancen Bisheriger, namhafte HerausfordererInnen und AussenseiterInnen.

In St. Gallen führt Toni Brunner (SVP) die Wahlwette an. Es folgen Karin Keller-Sutter, die Neu aus der FDP, und Eugen David, der Bisherige von der CVP. Die Wettgemeinschaft gibt ihnen 47, 44 resp. 40 Prozent WählerInnen-Anteil. Einigen Abstand haben Paul Rechsteiner (SP) mit 34% und Yvonne Gilli (GPS) mit 20%. Noch weiter zurück liegt BDP-Kandidat Gehrig mit 15 Prozent.

In Bern liegt ebenfalls ein SVP-Bewerber an der Spitze. Hier ist es der Bisherige Adrian Amstutz mit 44%, gefolgt vom BDP-Ständerat Werner Luginbühl, der auf 42 Prozent kommt. SP-Kandidat Hans Stöckli rangiert mit 39 Prozent auf dem dritten Platz, gefolgt von Wasserfalls (FDP) mit 30 Prozent und Alec von Graffenried (GPS) mit 27 Prozent. Die anderen Interessenten für einen Ständeratssitz aus dem Kanton Bern sind weit zurück; sie bringen es alle nicht auf 10 Prozent.

Die Bisherigen haben im Urteil der Börsianer keinen eindeutigen Startvorteil. Das kommt Eugen David von der CVP zu spüren, der nur auf dem 3. Platz startet. Schliesslich sei erwähnt, dass man Wahlchancen nicht nur nach Parteistärken beurteilt hat.

Die Wahlwetten legen nach ihrem Start nahe, dass Stöckli in Bern der gewichtigste Herausforderer ist, und es in St. Gallen zu einem Zweikampf zwischen Brunner und Keller-Sutter kommt, bei dem auch David die Zeche bezahlen könnte.

Gemeinsam ist beiden Wahlwetten, dass die Stimmen recht verteilt wurden. Deshalb würde, wenn es so bliebe, auf Anhieb niemand den Sprung zur (Wieder)Wahl schaffen. Alle müssten in einen zweiten Wahlgang. Leider gibt die Börse hierzu keine Auskunft. Dies obwohl alles erst dann entschieden würde.

Die Wahlbörsen der anderen Kantone, namentlich Zürich, Aargau, Solothurn., Thurgau, Glarus und Appenzell-Ausserrhoden werden in den folgenden Tagen publik gemacht.

Claude Longchamp

Wahlbörse: Erste Erwartungen zum Ausgang der Ständeratswahlen

Ginge es nach den Börsianer, wäre der nächste Ständerat etwas polarisierter zusammengesetzt und leicht linker als der bisherige. Mal schauen!

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Uebersichten zum Ausgang der Ständeratswahlen 2011 fehlen weitgehend. Deshalb bleibt die Unsicherheit gross, wie die Fraktionsstärken mit Blick auf die Bundesratswahlen sein könnten.

Ein Versuch, den wesentlichen Mangel der Wahlprognostik zu beheben, stellen die Wahlbörsen dar. Bei Nationalratswahlen werden sie durch die Wählerbefragungen konkurrenziert. Bei den Ständeratswahlen stehen sie weitgehend alleine.

2007 gab es hierzu noch keine Wahlbörsen. Deshalb kann man die Treffergenauigkeit des Instruments bisher auch nicht evaluieren.

Immerhin, die Wahlbörse von SRF klärt seit einigen Tagen die Erwartungshaltungen zu den Wahlen 2011 ab, zur Gesamtzusammensetzung des kommenden Ständerats, und zur den Ausgängen in den Kantonen Bern, Aargau und St.Gallen.

Was die Uebersicht betrifft, gehen die Börsianer von je zwei Verlusten für CVP und FDP aus, zwei Gewinne werden der SP vorausgesagt, je einen der SVP und die GPS. Stabil würden die GLP und BDP bleiben.

Von der anfangs Jahr durch die SVP angekündigte Machtübernahme in der “Dunkelkammer” der Nation hält die Wettgemeinschaft demnach nicht viel. Eher noch gilt, dass es zu einer “nachholenden Polarisierung” im Ständerat kommt, verbunden mit einem leichten Linksrutsch.

Machtpolitisch würde sich nicht viel ändern: CVP und FDP hätten gemeinsam unverändert eine Mehrheit, wenn auch nur noch eine ganz knappe. Dafür bekäme Mitte/Links die Möglichkeit, in Allianz die Abstimmungsgänge in der kleinen Kammer zu bestimmen.

Ob bewusst oder nicht, die Börsianer verlängern damit ziemlich genau den Trend bei den jüngsten Ständeratswahlen.

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Nicht ausschliessen kann man zudem, dass in den gehandelten Erwartungen eine leichte Linkstendenz steckt. Bei den Nationalratswahlen jedenfalls ist die SRF-Wahbörse das Tool mit der linkesten Vorschau.

So bleibt als gegenwärtig wahrscheinlichste Annahme aufgrund der Börse: Stabilität mit bescheidenen Veränderungen, leicht polarisierte Zusammensetzung mit möglicherweise gestärkter rotgrüner Vertretung.

Oder jemand rechnet alle Ausgangslage nach dem Züricher Modell einmal durch!

Claude Longchamp

Ein neues Modell für die Analyse von Ständeratswahlen

Einmal mehr, Peter Moser, der Leiter des Statistischen Amtes des Kanton Zürich, erweist sich als der kreativste amtliche Statistiker der Schweiz. Nach zahlreichen Innovationen zur Typisierung von Gemeinden, Analysen von Regierungsratswahlen und ähnlichem legt er nun eine Analysemodell für Ständeratswahlen vor.

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Moser weiss, wo von er spricht. Im Arbeitspapier auf Internet charakterisiert er seinen Versuch, Ergebnisse von Ständeratswahlen abzuschätzen wie folgt: “Die folgenden Szenarien für das Resultat beruhen auf Erfahrungswerten aus vergangenen Majorzwahlen und den Eckpunkten der diesjährigen Ausgangslage, soweit derzeit bekannt. Gebündelt werden diese Informationen einem einfachen, den freien Flug der Fantasie etwas disziplinierenden mathematischen Modell. Es zeigt sich, unter welchen Voraussetzungen welches Resultat in den Ständeratswahlen zu erwarten ist.”

Und das sind die drei idealisierten Ausgänge für die Zürcher Ständeratswahlen:

Szenario 1 “Jede Partei ist sich selber am nächsten”:
Niemand schafft im ersten Wahlgang das absolute Mehr, Blocher (SVP) liegt an der Spitze, gefolgt von Hardegger (SP), weil ihre Parteien die wählerInnen-stärksten sind. Das spüren vor allem die beiden Bisherigen, Diener (glp) und Gutzwiller (FDP), welche die Plätze 3 und 4 belegen.. Der zweite Wahlgang entscheidet über alles.

Szenario 2 “Bürgerlicher Schulterschluss”:
Die Kandidaten von SVP und FDP liegen an der Spitze, verfehlen das absolute aber ebenfalls. Alle anderen liegen zurück, insbesondere die Bisherige Diener. Erneut entscheidet der zweite Wahlgang über alles.

Szenario 3 “Business as usual”:
Die beiden Bisherigen schwingen oben aus. Bei schaffen knapp das absolute Mehr und sind wieder gewählt. SVP und SP scheitern trotz Hausmacht. Ein zweiter Wahlgang ist nicht mehr nötig.

Natürlich: Jedes Szenario basiert auf Annahmen, die auch anders getroffen werden können. Wie in allen Modellrechnungen basiert das Ergebnis auf der Parameterwahl.

An Mosers Vorschlag überzeugt mich folgendes:

Erstens, er ersetzt die impliziten Annahmen durch expliziete Annahmen. Intuition ist gut, könnte man sagen, Reflexion ist besser.
Zweitens, seine Modelle orientieren sich an durchaus plausiblen Hypothesen: dem Bisherigen Bonus, der politischen Allianzbildung und dem Parteienkalkül, formalisiert sie aber.
Drittens, macht der Statistiker das, was er am besten kann: Rechnen!

Wahrscheinlich, könnte man sagen, ist man damit noch nicht am Ende der Analysen. Aber weiter, als die üblichen Einschätzungen der Politikstrategen und Medienschaffenden, die nicht selten von Absichten, Hoffnungen und Taktiken geleitet sind!

Ein Prognose des Wahlausgangs hat man deshalb noch nicht. Aber vernünftigen Annahmen was geschieht. Die Szenarien können nämlich als Idealtyp für die Analyse dienen, was die Politik und die Medien tun. Zum Beispiel die NZZ, welche die Wahl von Gutzwiller und Blocher empfiehlt. Oder die FDP, die davon nichts will, und alleine in den Wahlkampf zieht. Mehr noch, wenn das Ergebnis einmal vorliegt, wird man es mit den drei Folien, die hier entwickelt wurden, schnell einschätzen können – auch hinsichtlich der Wirkungskräfte, die dazu geführt haben.

Schon mal ein ganz grosses Merci, Peter Moser. Der Kommentator am Wahltag windet ihnen jetzt schon ein Kränzchen. Und wünscht sich Nachahmer unter den Statistikern der anderen Kanton – oder findige Studierende, die das Zürcher Modell auf die Ständeratswahlen in den anderen Kantonen adaptieren.

Claude Longchamp