Von wem die Zürcher RegierungsrätInnen gewählt wurden

Regierungsratswahlen seien Personenwahl, sagt der Volksmund. Ohne Hausmacht kein Erfolg in Majorzwahlen, kontert das Statistikamt des Kantons Zürich.

Gut eine Woche nach den Zürcher Regierungsratswahlen legt Peter Moser, Politanalyst beim Statistischen Amt des Kantons, eine bemerkenswerte Auswertung der zurückliegenden Volksentscheidung vor. Drei Ergebnisse sind interessant:

Zuerst hat Moser geschätzt, wieviele KandidatInnen die Parteiwählerschaft im Schnitt unterstützt haben. Sein Ergebnis: Die WählerInnen der Polparteien wählen nach Parteien oder Blöcken, jene im Zentrum stimmen für Personen. Das hat Konsequenzen für die Zahl ausgefüllter Linien. Die WählerInnen der SVP setzten 57 Prozent ihrer sieben Stimmen, die sie hatten, nicht ein. Konkret heisst das, sie füllte im Mittel drei Linien aus, und sie liessen im Schnitt vier frei. Das findet sich bei der SP fast unverändert, auch das blieben 55 Prozent der Linie unbesetzt. Das Gegenteil findet sich bei der GLP, wo man 81 Prozent der denkbaren Personenstimmen abgab. Aehnliches findet man bei den anderen Kleinparteien CVP (77%) und EVP (73%). Die Werte für die FDP (65%) und Grünen (60%) liegen dazwischen.

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Dann ging es dem Statistiker darum zu erfahren, wie stark die KandidatInnen von den Wählerschaft ihrer Parteien resp. anderer profitierten. Auch hier fällt zunächst die SVP auf. Kandidat Kägi macht 59 Prozent seiner Stimmen bei den eigenen Wählerschaft, bei Stocker sind es 58 Prozent. Sie sind die beiden Regierungsräte, die mehrheitlich von der eigenen Partei gewählt wurden. Das hat zunächst mit der Stärke der SVP zu tun, dann aber auch mit ihrer Position. Denn nur gerade bei der FDP machen sie zusätzlich Stimmen erwähnenswerte Masse. Die beiden SP-Regierungsräte erhielten je 37 Prozent ihrer Stimmen aus der eigenen Partei. Relevant Zusatzstimmen holten sie bei Grünen, GLP und eingeschränkt auch FDP. Das war bei Graf von den Grünen recht ähnlich; 31 von 100 Stimmen kamen von der GP, der Rest von SP, GLP und FDP. Am geringsten unter den Gewählten hingen die FDP-RegierungsrätInnen von ihrer Partei ab. 29 resp. 28 Prozent betragen die Vergleichswerte. Namhaft sind die Anteil, die sie von der SVP und der GLP erhielten. Beim abgewählten CVP-Regierungsrat schliesslich kann man sagen, dass er von überall Stimmen machten, aber von niemanden wirklich viel.

Schliesslich gibt das Statistische Amt eine Folgerung zum Zusammenhang zwischen Wahlrecht und erfolgreichem PolitikerInnen-Typ wieder. Die erste Feststellung überrascht nicht. Es sind gemässigte PolitikerInnen, die reüssieren. Das heisst nicht, dass das das einzige Erfolgrezept wäre. Denn die Stärke der eigenen Partei resp. Lagers bestimmt die Möglichkeit, sich auch klarer rechts oder links zu platzieren. Man kann noch weiter gehen und sagen, ohne eigene Hausmacht von mindestens 10 Prozent WählerInnen ist die Wahl ganz vom Wohlwollen anderer angewiesen. Das nützt, wie das Beispiel Holenstein zeigt, nicht einmal mehr eine Positionierung in der Mitte etwas, wenn der Mix nicht aufgeht.
Es freut mich, dass Zürich nun zum zweiten Mal Personenwahlen parteipolitisch untersucht hat. Denn es hilft, die Personen- und Parteieffekte gesicherter abschätzen zu können. Es freut mich auch, dass Peter Moser kühn genug bliebt, die übliche Aggregatsdatenanalyse weiterentwickelt einzuschätzen, denn einige seiner Kollegen Zweifeln massiv daran. Selber zähle ich mich dazu, weiss aber, wie schnell man angegriffen wird, wenn man Auswertung wie die hier kommentierte macht.

Claude Longchamp