Scheitert die Tabakwerbe-Initiative am Ständemehr?

Bei Volksabstimmungen zu Verfassungsänderungen braucht es in der Schweiz sowohl ein Volks- als auch ein Ständemehr. Das ist zwar selten unterschiedlich, aber es kommt vor. Folgt bei der Einschränkung der Tabakwerbung ein weiterer solcher Fall, wie er sich jüngst auch bei der Konzernverantwortungsinitiative zeigte? Ich sage: Es ist möglich, aber wenig wahrscheinlich.

Am 13. Februar wird, wenn die Vorhersagen stimmen, die sog. Tabakwerbe-Initiative eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen machen. Gerechnet wird da mit einem Ja-Anteil von 54 bis 59 Prozent. Nicht so eindeutig ist das Ständemehr. Denn die Nein-Kampagne kann versuchen, die Annahme der Volksinitiative durch gezielte Werbung in Kipp-Kantonen zu verhindern. Dafür braucht sie 12 negative Standesstimmen. (Dabei zählen die früheren Halbkantone nur mit einer halben Stimme.)

Wahrscheinlichkeit der Kantone, dass sie das Ständemehr entscheiden

Nun kann man die Wahrscheinlichkeit der Kollision und der Kipp-Kantone simulieren.
. Zuerst gilt, dass Unterschiedliche Mehrheiten bei einem Ja-Anteil von über 55.4 Prozent bisher noch nie vorkommen sind. Der Fall ist selten, wenn die Zustimmung im Volksmehr minimal 54 Prozent beträgt. Zwischen 50 und 53.9 Prozent kommt er aber etwas häufiger vor. Damit ist der Kollisionsfall bei der sog. Tabakinitiative nicht ganz auszuschliessen, wenn auch nur ein Nebenszenario.
. Sodann, sollte er dennoch vorkommen, stellt sich die Frage nach den entscheidenden Kantonen. Letztlich weiss man das nicht, wenn man die genauen Werbe- und Medienkanäle der Gegnerschaft nach Gliedstaaten nicht kennt.
Ohne das kann man aber versuchen, die Wahrscheinlichkeit eines jeden Kantons zu bestimmen, dass er beim Ständemehr blockt. Zu diesem Zweck habe ich alle Abstimmungen genommen, bei denen es in der jüngeren Zeit zu einer Kollision kam, und ich habe für jeden Kanton die Wahrscheinlichkeit bestimmt.

Das ist das Ergebnis der Simulation:
10 Stände stehen da im Vordergrund. Es sind dies alphabetisch sortiert: AG, AI/AR, GL, LU, NW/OW, SG, SH, SZ, TG und UR. Doch braucht es mindestens zwei weitere. Am ehesten sind das SO und ZG.
Sagen die 12 alle Nein, scheitert die Tabakwerbe-Initiative am Ständemehr. Fehlt ein Kanton, kann er am ehesten mit Graubünden ersetzt werden. Danach kämen Basellandschaft, Tessin, Wallis und Bern als Ersatz in Frage.

Standesstimmen bei der Konzernverantwortungsinitiative 2020

Bei der Konzernverantwortungsinitiative 2020 waren 14.5 Standesstimmen negativ. Alle 12 Standesstimmen, die ich als notwendig bezeichnet habe, waren dagegen. Hinzu kamen Graubünden. Wallis und Basellandschaft. Das reichte, auch wenn das Volksmehr 50.7% betrug.
Am kommenden Sonntag wird man eine Erfahrung reicher sein!