Finanzierung der SP. Meine Einleitung im Rahmen der Statutenrevision

Am Parteitag der SP vom 5.2.2022 hielt ich folgende Rede zur Politik- und Parteienfinanzierung.

Werte Delegierte der SP Schweiz
Das Generalsekretariat hat mich gebeten, am heutigen Parteitag als Politikwissenschafter zur Statutenrevision den Teil zur Finanzierung der Partei einzuleiten.
Ich weiss, das Geld und die SP kennen eine besondere Beziehung. Denn Geld gilt als Inbegriff des Kapitalismus. Und die SP will dazu eine Alternative schaffen. Doch hier dafür ist, benötigt heute Geld. Mit diesem Widerspruch muss eine linke Partei leben. Selbstredend darf Geld dabei kein Ersatz für das Engagement der Partei- und Behördenmitglieder sein.

Schweiz und die private Politikfinanzierung
Die Schweiz ist in Europa der Ort der privaten Politikfinanzierung. Kein anderes Land setzt so stark auf diese Quelle. Österreich ist das pure Gegenteil.
Bei uns entlöhnt der Bund einzig die gewählten Behördenmitglieder. Diese wiederum alimentieren die Parteien und Fraktionen.
Die Parteien sind Vereine. Sie haben Mitglieder, die Beiträge zahlen. Die Parteien haben auch Gönner:innen, welche ihren Unterhalt mitfinanzieren, und Spender:innen, die meist aktionsbezogen etwas abliefern.
Eng verbunden mit der weitgehend privaten Parteienfinanzierung ist die mangelhafte Transparenz in unserem Land. Sie gehört im ausländischen Urteil zu den grössten Mängeln der Schweizer Demokratie.

Neue Transparenzbestrebungen
Verschiedene Massenmedien versuchen seit gut 10 Jahren Licht ins Dunkel der Politikfinanzierung zu bringen. Sie schätzen Werbeausgaben bei Wahlen und Abstimmungen. Zudem ist die Politikwissenschaft bestrebt, solche Befunde zu systematisieren und ihre Wirkungen zu modellieren. Zusammen ergibt dies ein Bild von aussen.
Die validierten Zahlen zu Abstimmungskampagnen zeigen starke Unterschiede. Die Abstimmung über die Justiz-Initiative war der David. Ganz anders das CO2-Gesetz. Die Kampagnen dazu waren der wahrhafte Goliath unter den Werbeschlachten.
Berüchtigt sind Grossspenden einzelner Polit-Mäzene, die an politische Bedingungen geknüpft sind. Das ist das amerikanische System. Politik wird geldgesteuert.
Allerdings erlebt die Sammlung von Klein- und Mittelspenden via Internet gegenwärtig einen eigentlichen Aufschwung. Nur gehen diese Spenden nicht selten an den etablierten Akteur:innen vorbei. Sie landen häufig bei Bewegungen, die sich aktionsbezogen für ein bestimmtes Thema einsetzen.

Die neue Gesetzgebung
Die Politik hat die aktuellen Veränderungen erkannt. SP, Grüne, BDP und EVP haben gemeinsam die Transparenzinitiative lanciert. Ihnen war es wichtig, weder Parteispenden zu untersagen, noch Kleinspenden öffentlich zu machen.
Das Parlament hat als Antwort einen überparteilich getragenen Gegenvorschlag auf Gesetzesebene verabschiedet, der zum Rückzug der Volksinitiative führte.
Die Eckwerte des Gegenvorschlags sind im Wesentlichen:
• Spenden über 15’000 Franken pro Person und Jahr jährlich müssen offenlegt werden.
• Nationale Abstimmungs- und Wahlkampagnen mit als 50’000 Franken Aufwand müssen Einnahmenbudget und Abschluss offenzulegen.
• Die Annahme von anonymen Zuwendungen und von Zuwendungen aus dem Ausland ist gänzlich verboten.
• Bei Verstoss gegen die Vorschriften droht eine Busse bis zu 40’000 Franken.
Das alles wurde nun möglich, weil es einerseits aus dem Europarat regelmässig Kritik an der Parteienfinanzierung in der Schweiz gibt. Anderseits hat die Juso in verschiedenen Kantonen ihrerseits Volksinitiativen lanciert, die in Schwyz, Fribourg und Schaffhausen angenommen wurden.

Woher das Geld der SP kommt
Die Erträge, welche der Jahresbericht der SP ausweist, zerfallen in Beitrage und Spenden.
Beiträge kommen von den Mitgliedern und Mandatsträger:innen. Zusammen machen sie rund einen Drittel der rund 6 Millionen CHF Einnahmen der Bundespartei aus.
Solidarbeiträge, wie die SP die Mandatsabgaben nennt, zahlen zwei Bundesrät:innen, ein Vizekanzler und verschiedenen Richter:innen. Sie führen zwischen 7 und 3 Prozent ihres Nettoeinkommens der Partei zu. Die Parlamentsmitglieder bezahlen einen vergleichbaren Betrag an die Fraktion, die über separate Einnahmen knapp 300’000 CHF verfügt.
Höher als die Beiträge sind die privaten Spenden. Das ist auch bei der SP so. Die Partei beschafft sich so gut die Hälfte ihrer Einnahmen. Unterschieden werden dabei Mitgliederspenden, freie Spenden und übrige Spenden.
Unter freien Spenden werden Nettoerlöse aus dem public Fundraising verbucht sowie die Spenden der «Gruppe 2023», welche für die kommenden Wahlen Geld geben. Dies sind die Einnahmen, die aus regelmässig verschickten Mailings fliessen, sowie die Dauerspenden. Darunter fallen bei der SP nur wenige Unternehmen, denn es sind ausschliesslich Genossenschaften und Gesellschaften, die Mitarbeitenden gehören, zugelassen.
Schliesslich fallen Spendeneingänge aus kampagnen-bezogenem online Fundraising sowie aus Mailings der SP60+, der SP Frauen und der SympathisantInnen unter die übrigen Spenden.

Die aktuelle Statutenrevision der SPS
Die Anträge zur Statutenrevision greifen zwei dieser Punkte auf. Ursprünglich stand je ein Antrag aus dem Tessin respektive der Waadt zur Diskussion. Sie betrafen die Abgaben der Richter:innen respektive die Spenden von Unternehmungen.
Der Antrag der SP Waadt zu den Unternehmensspenden wurde zwischenzeitlich zurückgezogen. Abgestimmt werden muss nur über den Antrag der SP Tessin zu den Richter:innen. Dennoch hat das Präsidiums beschlossen, auch über den zurückgezogenen Antrag eine Diskussion zu führen.
Der Antrag aus dem Tessin verlangt die ersatzlose Streichung der Abgaben der verschiedenen Richter:innen auf Bundesebene. Sie machen rund 200’000 CHF oder 3 Prozent des Etats der SP aus. Der Antrag kommt aus dem Umfeld der Justizinitiative. Diese verlangte unter anderen eine strikte Unabhängigkeit der Richter:innen von den Parteien. Sie wurde in der Volksabstimmung vom 28. November 2021 mit 68 Prozent Nein-Stimmen und von allen Kantonen abgelehnt. Die VOX-Nachanalyse zeigte, dass eine Mehrheit von 57 Prozent der SP-Sympathisant:innen dagegen waren.
Der zurückgezogene Antrag aus der Waadt wollte Spenden auf natürliche Personen beschränken. Das würde die Annahme der Gelder von Mobiliar und Raiffeisen verhindern. Doch auch Genossenschaften und Gesellschaften von Mitarbeitenden könnten keine Spenden mehr machen. Einen genauen Betrag gibt es hier nicht, denn die Zuwendungen sind variabel. Er wäre aber höher als die Regelung zu den Richter:innen gewesen.

Kleiner Ausblick
Ihrer Diskussion, werte Delegierte, will ich nicht vorgreifen.Mitgeben möchte ich Ihnen aber einen kleinen Ausblick zur künftigen Politikfinanzierung in der Schweiz. Verschiedene Insider:innen gehen von einer wachsenden Kommerzialisierung der helvetischen Politik in den nächsten Jahren aus. 2023 wird man das bereits merken.
Namentlich das online Fundraising dürfte rasant wachsen. So entsteht neben Beiträgen und Abgaben ein neuer Bereich, der Geld in die Politik bringt.
Die Finanzierung der Parteien ist dabei nicht zwingend das Ziel. Vielmehr soll so die erstarkte Zivilgesellschaft links und rechts alimentiert werden.
Parteien werden so vermehrt Konkurrenz bekommen, wenn sie politisieren wollen. Dafür brauchen sie auch Geld, das nicht an Bedingungen geknüpft ist.
Darauf sollte Sie sich einstellen!