#Frischgebloggt: Der Bisherigen-Bonus spielt weitgehend

Nun liegt die zweite Umfrage zu den Zürcher Regierungsratswahlen vor. Sie bestätigt die Ergebnisse der ersten Umfrage, wonach die Bisherigen Wiederwahlchancen haben. Sie zeigt aber im Kampf um den siebten und entscheidenden Platz ein knappes Rennen.


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Erstellt wurde die neue Umfrage von sotomo für den Tagesanzeiger, während die erste von gfs.bern stammte und in der NZZ erschien. Diese ist im Dezember 2022 gemacht worden, jene stammt aus dem Januar 2023. Beide Erhebungen sind nach einem offenen online-Mitmach-Verfahren gemacht, dessen Ergebnisse nachträglich gewichtet wurden.

Gemeinsames und Unterschiedliches
Zunächst überwiegen die Gemeinsamkeiten in beiden Erhebungen. Die Reihenfolge ist vergleichbar. Klar vorne sind zweimal Mario Fehr (parteilos), Natalie Rickli (SVP) und Ernst Stocker (SVP). Es folgen Martin Neukom (Grüne), Jacqueline Fehr (SP) und Carmen Walker Späh (FDP), alle einiges über dem ominösen Strich für den siebten Platz.
Nahe daran sind Silvia Steiner und Priska Seiler Graf. Bei der gfs.Bern-Umfrage lag Steiner noch vorne, bei der Tamedia-Erhebung sind sie punktgenau ex aequo.
Die anderen Regierungsratskandidaten liegen übereinstimmend zurück. Das gilt in beiden Umfragen sowohl für Peter Grünenfelder als auch Benno Scherrer. Im Normalfall reicht das nicht, um massgeblich ins Geschehen eingreifen zu können.

Trends im Wahlkampf?
Man könnte auch versucht sein, die beiden Umfragen als Trend-Instrumente zu lesen. Dies obwohl sie von verschiedenen Instituten gemacht wurden.
Etwas verbessert hätten sich demnach Rickli, Seiler Graf und Scherrer. Bei Seiler Graf könnte das entscheidend werden. Verschlechtert hätte sich einzig Neukom, ohne dass es Auswirkungen auf die Wahl zeigt.
Bei allen anderen wären die ausgewiesenen Veränderungen im Unsicherheitsbereich und sollten nicht überbewertet werden.
Aber eben: Es sind zwei verschiedene Umfragen! Streng genommen, ist das überinterpretiert.

Regel bei Majorwahlen
Generell bestätigt sich, dass Bisherige gute Wiederwahlchancen haben. Das gilt selbst für den ex-SP-Regierungsrat Mario Fehr, der erstmals als Parteiloser antritt. Entscheidend ist, dass Bisherige in keinen Skandal verwickelt sind.
Umstritten ist im Wahlkampf namentlich der Umgang der Justizdirektion und alten Daten. Man kann das als Grund sehen, dass J. Fehr diesmal weniger weit vorne liegt als noch 2019. Ihre Wiederwahl scheint aber nicht gefährdet. Zudem versucht die Massnahmen-Gegnerschaft in Sachen Pandemie das Verhalten von Rickli und Steiner bei der Bewältigung der Corona-Krise zu skandalisieren. Im ersten Fall ist es offensichtlich wirkungslos, im zweiten könnte es massgeblich werden.
Entscheidender erscheint mir aber, dass Silvia Steiner mit der Mitte an sich eine recht kleine Hausmacht hat. Zudem sind Themenprofile im Zentrum erschwert. Ihre Wiederwahl dürfte in hohem Masse vom Verhalten der bürgerlich Wählenden abhängen.

Neue haben es ohne Rücktritte schwer
Die Regel zu den Bisherigen besagt auch, dass es Neue schwer haben, gewählt zu werden, wenn kein Rücktritt vorliegt. Dies ist in Zürich diesmal so. Allenfalls schaffte es Nationalrätin Priska Seiler Graf, die neue Kandidatin der SP. Sie kann auf eine grossen Sockel an Bekanntheit setzen, während das insbesondere bei Benno Scherrer nicht der Fall ist. So dürfte die GLP trotz Platz 4 unter den Parteien weiterhin ausserhalb der Regierung bleiben. An Bekanntheit als Politiker fehlt es auch Peter Grünenfelder. Zudem schwankt sein Profil vom EU-Freund bis zu SVP-nahe.

Zweiter Wahlgang möglich
Erinnert sei zudem, dass die Wahl des Regierungsrats im Kanton Zürich in einer Majorzwahl stattfindet. Gewählt sind die sieben Kandidierenden, die die meisten Stimmen erhalten haben, sofern sie im ersten Wahlgang das absolute Mehr erreichen. Beide Umfragen äussern sich nicht direkt dazu, wie hoch dieses liegt.