Wie sich der Wahlkampf 2007 entwickelte

Man erinnert sich: 2007 stand der Wahlkampf zu den Parlamentswahlen ganz im Zeichen der SVP-Kampagne. Ein kleiner Rückblick und Ausblick zu den Gemeinsamheiten und Unterschieden mit dem Wahlkampf 2011.

Am 27. August 2007 schrieb Bettina Mutter im Tagesanzeiger: “Die SVP sagt, Linke und Grüne schmiedeten ein Komplott, um Christoph Blocher aus dem Bundesrat zu drängen. Andere Parteien meinen, das sei billiger Wahlkampf.” Nachträglich weiss man es. Die SVP fürchtete sich zurecht, wenn auch im falschen Moment.

Parteipräsiden Ueli Maurer brachte die Befindlichkeit der Partei an der Medienkonferenz desselben Tages auf den Punkt. Wenn Blocher abgewählt wird, zerstört Links-Grün das bewährtes Konkordanzsystem. Die SVP muss dann den Bundesrat verlassen und aus der Opposition heraus politisieren. Um das zu verhindern, kündigte er eine eigentliche Kampagnenoffensive an.

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Wie Medienanalysen des FOeG an der Uni Zürich zeigten, löste die Kontroverse eine riesige Medienressonanz aus. Während Tagen war die SVP mit Abstand die am meisten behandelte Partei in den Medien. Gefordert war vor allem die CVP, beschuldigt mit Rotgrün zu paktieren. In die Bedrängnis geriet auch die FDP, deren Bundesrat Couchepin am meinte, kein Land brauche einen Douce – womit klar war, wen er gemeint hatte.

Erst nach Wochen flaute die Geschichte etwa ab. Noch einmal befeuert wurde sie durch die Sondersession der eidgenössischen Räte anfangs Oktober 2007, die sich dem Geheimplan beschäftigte. Für den Samstag danach hatte zudem die SVP für den 6. Oktober zu ihrer Manifestation in Bern aufgerufen – dem geplanten Höhepunkt ihres Wahlkampagne, der mit der Eskalation auf Berns Strassen zum Tiefpunkt des Wahlkampfes wurde. Medial hatte auch das der Partei genützt. Ihre Medienpräsenz erreicht in den drei letzten Wochen nochmals Höchstwerte, von denen die anderen Parteien nur träumen konnten.

“Ereignisorientierter Wahlkampf” analysierte ich dieses Vorgehen im Nachhinein.. Dabei ist nicht einmal entscheidend, wer was auslöst. Wichtiger ist, wer wie damit umgehen kann. Das spin doctoring findet in den Schweiz nicht in obskuren PR-Büros statt, wie man das oft behauptet, sondern in den Parteien selber, die jeden Tage beurteilen, was ihnen nützen und schaden kann. Wer mit seinen Kampagnen schnell reagieren kann, der wird so zum Treiber, der den Takt vorgibt und sie die anderen Akteure dominiert und die Medienberichterstattung auf dieser Art und Weise steuert.

Dazu gehört auch der Lead im gekauften Raum. Auch hier dominierte die SVP praktisch unbestritten. Sie begann als Erstes mit der Wahlwerbung, sie intensivierte sie vor allem anderen, und sie investierte auch das grösste Geldvolumen in Plakate, Inserate und Druckschriften.

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Der Vergleich der beiden Indikatoren für Wahlkampfaktivitäten mit den Trends im Wahlbarometer legten folgende Zusammenhänge nahe: Profitiert haben dürften SVP und FDP von ihren Investitionen im gekauften Raum. Der SVP dürfte zudem die Medienpräsenz genützt haben, weil sie so den Wahlkampf dominierte. Die SP wurde zusehends verdrängt, und galt in der Schlussphase als mitverantwortlich für die Krawalle in Bern, was ihr geschadet haben dürfte.

Und heute? Einen “6. Oktober” wird es dieses Mal wohl nicht mehr geben, ist doch die Hauptstadt für Manifestationen der Parteien kurz vor der Wahl gesperrt worden. Dennoch zeigt sich, dass die SVP versucht ist, eine vergleichbare Kampagne mit vorbereiteter Volksinitiative, Plakatwerbung und Zupsitzung mit Inseraten zu fahren. Klar wurde auch, dass die Dramatisierung bisher nicht wirklich gelingt, weil die beabsichtigte Focussierung der Wahlen 11 auf die Ständeratswahlen und da auf das Treffen im Kanton Zürich nicht wie erwartet funktioniert. Deshalb polarisiert die SVP auch weniger. Die Bundesratswahlen wurden als Wahlziel 2011 gestrichen. Inoffiziell will man einen zweiten Sitz, wenn es nicht reichen sollte, werde man 2015 mit drei Bundesräten zurück kehren.

Allerdings, auch das wird momentan immer deutlicher: Keine der anderen Parteien kann in die Lücke, die so im Wahlkampf 2011 entstanden ist, wirklich nützen, um sich besser als die anderen zu profilieren. Entweder sind die Verhältnisse durch die globalen Ereignisse so unübersichtlich geworden, oder der Wahlkampf 2011 steht uns noch bevor!

Claude Longchamp