“Der schmale Grat zum Erfolg”

Er heisst Tim Frey. Und er ist Politikwissenschafter. Nun wechselt er von der universitären Theorie in die Praxis, um die Zentrale der CVP Schweiz zu führen.

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Frey ist unter PolitikwissenschafterInnen kein unbekannter, wirkt er doch als Oberassistent am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich. Seine Doktorarbeit erscheint Ende Februar 2009 in Buchform. Doch danach verlässt Frey das Feld der theoretischen Politik, um sich auf jenes der praktischen zu begeben. Denn am 1. April 2009 beginnt er als Generalsekretär der CVP Schweiz.

Sein Werdegang ist frei von Stallgeruch. Seine Familie war parteipolitsich nicht engagiert, als Timotheos 1972 in Basel zur Welt kam. Getauft wurde er auf den reformierten Glauben, und die entsprechend gefärbte Pfadi hat ihn sozialisiert. Nach einer Lehre auf dem Bau entschied sich Tim, in Genf Internationalen Beziehungen zu studieren. 30jährig wechselte er nochmals, diesmal nach Zürich, um bei Hanspeter Kriesi mit einer aufwendigen Arbeit zu doktorieren.

Der ledige Frey lebt gegenwärtig in einer WG aus Studentenzeiten. Eine eigene Familie hat er nicht; dafür interessiert ihn die neue urbane Mobilität. Und auf Internet ist er vor allem englisch unterwegs. Das Repertoire des metropolitanen Menschen wird Frey bald ergänzen müssen, wenn er auch im ruralen Umfeld der CVP bestehen will. Denn im Bewerbungsverfahren, währenddem erst er der CVP beigetreten ist, standen ihm 30 Konkurrenten aus allen Teilen der föderalistischen Partei gegenüber, darunter namhafte CVP-Repräsentanten und kantonale Funktionäre.

Man suche einen Iwan Nause oder einen Reto Rickenbacher, erzählte mir jüngst ein prominentes Mitglied der Findungskommission. Erwartet werde jemand, der weniger zögerlich sei, als dies Iwan Rickenbacher als Generalsekretär war, aber auch weniger extravertiert als Reto Nause, dem scheidenden Chef der CVP-Zentrale. Das scheint man nun in der Personen von Tim Frey gefunden zu haben. Er werde weniger nach Aussen in Erscheinung treten, aber viel für eine kohärente politische Linie sorgen, sagte der frisch Gewählte übers Wochenende den Medien.

Die grosse Herausforderung beginnt schon bald. Denn Tim Frey (politischer Standort: “in der Mitte der Mitte”) muss die CVP 2011 zum Wahlerfolg führen, will sie ihren Anspruch, aus eigener Kraft einen zweiten Bundesratssitz zu erhalten, einlösen können. Und das ist angesichts der Konkurrenz links und rechts nicht einfach, wie Frey im Titel seiner Dissertation festgehalten hat: “Der schmale Grat zum Erfolg”, heisst das Buch, das die Gegenwart der westeuropäischen Christdemokratie beschreibt.

Claude Longchamp