Vom Geld der Parteien

L’Hébdo, das Polit-Magazin der Romandie, berichtet ausführlich über die Ausgaben der politischen Parteien. Die SVP, die grösste Partei in der Schweiz, hat am meisten finanzielle Mittel zur Verfügung. Ein einfacher Zusammenhang zwischen Kampagnen-Geld und Wählenden-Anteil gibt es aber nicht.

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Insider wussten es schon länger. Media Focus erhebt die Plakatzahlen der Parteien und vermisst ihre Inserate. Damit ist einigermassen bekannt, wer wie und wie intensiv wirbt. Publizieren mochte die Zahlen bisher kaum jemand – und wenn, dann in verklausulierter Form.

L’Hébdo, das Magazin der französischsprachige Schweiz, bricht diese Woche das Eis. Es hat den Wert der Politwerbung der fünf grössten Parteien bestimmt, zwischen den Akteuren und über die Zeit verglichen. Hier die Zahlen:

Am meisten Geld für Werbung gibt die SVP aus. Das überrascht niemanden. Die Partei ist in wachsendem Masse permanent präsent. Sie lag bei den letzten nationalen Wahlen vorne, intervenierte bei wichtigen kantonalen Wahlen von der Zentrale aus, und sie ist führend in der Abstimmungswerbung. An zweiter Stelle figuriert die FDP, gefolgt von SP und CVP, die etwa gleich auf sind, während die GPS mit grossem Abstand an 5. Stelle folgt.

Im Vergleich der beiden ausgewiesenen 4-Jahresperioden resultiert eine gut 80prozentige Steigerung zwischen 2003/6 und 2007/10. Ueberproportional sind die Steigerungen bei der SVP und Grünen, gefolgt von FDP, CVP und SPS.

Einen direkten Zusammenhang zwischen Parteisstärke und Kampagnengeld gibt es nicht. Sonst müssten FDP und CVP stärker sein; und sie hätten in den letzten 4 Jahren wachsen müssen.

Im Kommentar zu den Zahlen verweist das Magazin auf die Limiten der Erhebung. Sie sei, angesichts des bisher gänzlichen Fehlens relevanter Zahlen, die vorläufig beste Uebersicht. Von Vorteil sei, dass man Werbung auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene erfasst habe. Vollständig seien die Angaben mit Sicherheit nicht. So fehle die Werbung im Internet und im direct marketing. Immerhin, mit Inseraten und Plakaten sind die erfahrungsgemäss beiden grössten Ausgabeposten in Kampagnenbudgets von Parteien resp. KandidatInnen berücksichtigt.

Bemängeln kann man an der Auswertung, dass die Ausgaben für Wahlen und Abstimmungen nicht separat ausgewiesen werden. Erfahrungsgemäss setzt das Wahljahr neue Standards, die sich in der Folge bei Abstimmungen einpendeln. Meiner Schätzung nach sind die Kampagnenbudgets im Wahljahr etwa gleich gross wie in den drei darauf folgenden Jahren zusammen, um dann wieder zu wachsen, wenn neue Wahlen anstehen. Das gibt Hinweise, was die Parteien 2007 ausgegeben haben, die mit anderen Schätzungen recht gut übereinstimmen.

Schematisch bleiben die bei dieser Studie wie bei allen anderen die Quellen der Parteienfinanzierung. Links dominieren wohl Mitgliederbeiträge und kleinere Spenden. In der bürgerlichen Mitte sind Beiträge von Wirtschaftsverbänden relevant, und bei SVP nimmt man an, dass wenige Mäzene die Parteifinanzen tragen. Bei den bürgerlichen Parteien dürfte die Finanzierungsart in den letzten Jahren aber geändert haben. Strukturbeiträge sind mit aller Wahrscheinlichkeit verschwunden; sie werden nur noch aktionsbezogen geleistet, verbunden mit Erfolgskontrollen.

Symptomatisch an der Publikation im Hébdo ist, dass die Transparenzerfordernisse steigen. Die Linke wähnte sich lange im Hintertreffen und war immer für Veröffentlichungen, verbunden mit Staatsbeiträgen. Im bürgerlichen Zentrum hat in jüngster Zeit ein Umdenken stattgefunden; Transparenz wird nicht mehr ausgeschlossen, ebenso sind einzelne Exponenten für Abgeltung öffentlicher Leistungen der Parteien durch die Allgemeinheit. Nichts wissen will man davon bei der SVP. Sie sträubt sich gegen jede Transparenz in diesem Bereich – das letzte Tabu der Schweizer Politik, sagt Hilmar Gernet, vormals Generalsekretär der CVP und heute Buchautor in der genannten Sache.

Claude Longchamp