Prominenz und Politik

Seit Ronald Reagan es schaffte, US-Präsident zu werden, gibt es einen Mythos mehr in der Politik: Prominenz reiche, um gewählt zu werden. Mitnichten, entgegne ich, und füge bei, gottlob!

corinne_schmidhauser_1_3153744_1257942827
Corinne Schmidhauser, frühere (Riesen)Slalomfahrerin, will als Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga in den Ständerat

Schauspieler, Sportlerinnen und JournalistInnen stehen sichtbar in der Oeffentlichkeit, haben hohe Medienpräsenzen und sind weitherum bekannt. Und Bekanntheit ist eine der zentralen Voraussetzungen, um gewählt zu werden. So reizt es Leute wie Alfred Rasser, den Kabarettisten, wie Adolf Ogi, den Sportsfunktionär, und Filippo Leutenegger, in die Politik einzusteigen. Sie alle hatten beruflichen Erfolg, wurden Nationalrat, in einem Fall reichte es gar bis in den Bundesrat.

Irrig wäre jedoch die Annahme, für jeden Promi sei der Weg in die Politik ein Kinderspiel: Toni Schaller, genauso wie Leutenegger mal Chefredaktor des Schweizer Fernsehens, fasste nie wirklich Fuss in den Parlamenten, für die er sich bewarb. Genauso erging es Ernst Schläpfer, Schwingerkönig, und Adolf Muschg, dem Schriftsteller, oder Schang Hutter, dem Plastiker.

Die Wahlforschung verweist mit schöner Regelmässigkeit auf die hohe Bedeutung der Bekanntheit , insbesondere bei Majorzwahlen. Doch das alleine reicht nicht, sagen letztlich fast alle Studien. Denn die Bekanntheit muss sich mit einem glaubwürdigen Bild eine Politikers, einer Politikerin paaren, welche in Parteien Rückhalt halt, welche politisch kompetent ist, und welche gelernt hat, sich auch auf dem politischen Parkett durchzusetzen. Den Promis fehlt es häufig schlicht an politischer Sozialisation – auf Partei- und Aemterebene.

Im Kanton Bern kann man zur Zeit ein solches Experiment beobachten. Corinne Schmidhauser, weiland eine unserer besten Skirennfahrerinnen, war in den Bergen schnell, wenn es von oben nach unten ging. Jetzt will sie genauso rasch von der FDP-Gemeinderätin in Bremgarten zur Ständerätin Berns werden. Dabei scheut sie nicht, etablierte Kräfte wie Nationalrätin Christa Markwalder herauszufordern. Toll! Aber auch sinnvoll?

Ich will gar nicht in die Falle trampen, bei alten Images von Frau Schmidhauser stehen zu bleiben. Doch bewirbt sie sich für eines der höchsten Aemter, die im Kanton Bern via Wahlen vergeben werden. Da stellen sich andere Fragen als an eine Lokalpolitikerin oder einen Lokalpolitiker. Vor allem auch, wenn die Anmeldefrist für Kandidaturen schon abgelaufen ist. Man kann deshalb der FDP nur raten, solche Experimente nicht zu weit zu treiben. Es mag sein, dass die EU-BeitrittsbefürworterIn Markwalder nach dem ersten Wahlgang auch bei mehr Stimmen als SVP-Kandidat Adrian Amstutz nicht zur bürgerlichen Einheitskandidatin wird. Die Chance aber, dass Schmidhauser dann vor Amstutz liegt, ist noch geringer.

Claude Longchamp