Hypothesentest – am aktuellst möglichen Beispiel

(zoon politicon) Begriff, Aussage, Hypothese, Test. Das sind die vier Grundtermini der empirischen Forschung, auch der entsprechenden Politikforschung. Wissenschaftstheoretisch kann das zu zwei Bewertungen der Annahmen führen: die Verifizierung oder die Falsifizierung der Hypothese. Im ersten Fall gilt als empirisch bestätigt, und man kann unverändert mit ihr weiterarbeiten. Im zweiten Beispiel wurde sie wiederlegt, und man sollte sie modifizieren.

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Was damit gemeint ist, sei a heute aktuellst möglichen Beispiel aufgezeigt: Ich nehme die Entwicklung der Meinungsbildung vom Zeitpunkt der letzten Umfrage bis zum Abstimmungstag. Die Beispiele stammen aus der jüngsten Umfrage für die SRG SSR idée suisse Medien, die gfs.bern realisiert hatte, und den Abstimmungsergebnissen zu den Volksentscheidung vom 24. Februar 2008.

Dabei geht es um zwei verschiedene Formen der Meinungsbildung: den Meinungsaufbau bei unschlüssigen BürgerInnen mit Teilnahmeabsichten, und den Meinungswandel bei Menschen, die sich äussern wollen, eine anfängliche Entscheidungsabsicht haben, diese aber im Verlaufe des Prozesses der Meinungsbildung ändern.

Die Hypothesen wurde aus dem Dispositionsansatz abgeleitet. Sie sind für Volksinitiativen und Behördenvorlagen unterschiedlich:

Hypothesen zur Meinungsbildung bei Volksinitiativen kurz vor der Abstimmung
Bei Volksinitiative gehen wir davon aus, dass die Entscheidungen positiv prädisponiert sind, wenn Initiativen ein Bevölkerungsproblem aufnehmen, dass sich die Meinungsbildung aber negativ entwickelt, wenn sie die Kampagne vom Problem hin zur seiner Lösung und ihren Konsequenzen verlagert. Konkret erwarten wir, dass sich das Nein während des Abstimmungskampfes aufbaut, und sich das Ja maximal hält, meist sogar zurückgeht. Aus Unentschiedenen werden bei Volksinitiativen während der Schlussphase GegnerInnen.

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Die Grafik hierzu zeigt, dass sich die Erwartungen vollständig erfüllten. Der Nein-Anteil stieg von 55 auf 68 Prozent, der Ja-Anteil verringerte sich von 34 auf 32 Prozent. Der Anteil Unschlüssiger in der letzten Umfrage kann vollständig dem Nein-Lager zugerechnet werden.

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Die Hypothese wird also voll bestätigt, und zwar nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch nach Sprachregionen.

Hypothesen zur Meinungsbildung bei Behördenvorlagen kurz vor der Abstimmung
Der erwartete Mechanismus bei Behördenvorlagen ist anders. Wir gehen hier nicht zwingend von einer positiven Prädisponierung bei Volksinitiativen aus. Behördenvorlagen kommen zur Abstimmung, auch wenn sie kein gravierende Probleme aus Bevölkerungssicht behandeln.
Vielmehr bildet sich die Meinungsbildung während des Abstimmungskampfes aufgrund der Kampagnen beider Seiten. In der Schlussphase gehen wir davon aus, dass die Nein-Seite mehr Unschlüssige anzieht, als die Ja-Seite; das Mass indem dies geschieht ist aber offen.

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Im konkreten Fall, der Unternehmenssteuerreform erhöhte sich der Ja-Aneil um knapp 5 Prozentpunkte, jener der Gegner um gut 18 Prozentpunkte. Die Erwartung, dass sich die Unschlüssigen in beide Richtungen verteilen wird auch hier erfüllt.

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Die Verifikation der Hypothese gelingt generell gut, nach Sprachregionen in zwei von drei Fällen. Einzig in der italienischsprachigen Schweiz beobachten wir ein anderes Phänomen. Der Ja-Anteil nimmt hier leicht ab. Das kann man als partielle Widerlegung interpretieren.

Die Falsifizierung führt hier aber nicht zu einer allgemeinen Modifikation der Hypothese, weil die Widerlegung nur eine Untergruppe betrifft. Sie wirft aber neue Fragen auf, die zu testen sind: Kann der Spezialfall in der italienischsprachigen Schweiz regelmässig nachgewiesen werden? – Dann müsste man annehmen, dass die Eigenheiten der Meinungsbildung im Tessin anderes als in der Schweiz verlaufen. Ist dies nicht der Fall? – Unter dieser Bedingung wird man folgern, dass es sich um eine Ungenauigkeit der Befragung handelt, die sich zum Beispiel aus der geringeren Befragtenzahl in der italienischsprachigen Schweiz ergibt.

Testbilanz
Alles in allem sind aber die Hypothesen zur Meinungsbildung bei Volksabstimmung in den letzten Wochen, die aus dem Dispositionsansatz abgeleitet werden können, ausgesprochen robust. Sie wurden hier etwas vereinfacht diskutiert, weil wir die Effekte durch die Mobilisierung nicht berücksichtigt haben. Das ist angesichts der geringen Verschiebungen vertretbar.

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Mehr noch: Die Hypothesen sind unterschiedlich, je nachdem ob es sich um einen Behördenvorlage oder eine Volksinitiative handelt. Das kann man nur aus dem Dispositionsansatz ableiten, weil er von unterschiedlichen Vorbestimmtheiten von Initiativen und Behördenvorlagen aufgrund der Problemdefinition ausgeht.

Und dann noch ganz zum Schluss: Sie entsprechen nicht unbedingt dem common sense, sondern der wissenschaftlich erschlossenen Realität. Diese ist, weil sie den Grad an Rationalität in der politisch-medialen Praxis erhöht, klar besser als die Meinungen über sie!

Claude Longchamp

Hochrechnungen von Volksabstimmungen und Wissenschaftstheorie

(zoon politicon) Gestern hat das Team von gfs.bern zum 48. Mal eine Hochrechnung zu eidgenössischen Volksabstimmungen durchgeführt. Der Erfolg lässt sich sehen:

. Um 1330 wurde das Ergebnis zur Kampfjetlärm-Initiative auf 8 Promille genau vorausgesagt, und
. um 1400 hielten wir das Resultat zur Unternehmenssteuerreform auf 5 Promille genau fest.

Letzteres war allerdings genau 50:50 für das Ja und das Nein, was einem Patt entsprach. Die Auflösung, ob wir eine Zustimmung oder Ablehnung erwarten, gelang 1520, als wir mit ungerundeten Zahlen von 50,4 Prozent ausgingen, was dann 1 Promille falsch war.

Hochrechnungen wie die gestrige basieren auf einer praktischen Umsetzung des des einfachen logischen Vorgehens, das seit 1948 als Hempel-Oppenheim-Schema in der Wissenschaftstheorie bekannt ist. Es unterscheidet

. die zu erklärende Variable (exemplandum),
. die erklärende Variable (exemplans) und
. einer Tatsache (Antezendens).

Die abhängige Variable ist jene, die wir prognostizieren wollen, also das Ergebnis der kommenden Volksabstimmung auf nationaler (Volksmehr) und kantonaler Ebene (Ständemehr). Die erklärende Variablen ist das Stimmverhalten (wiederum Volks- und Ständemehr) bei Vergleichsabstimmungen. Und die Tatsache sind die eintreffenden Gemeindeergebnisse.

Wir verwenden jedoch nicht alle Gemeinden, weil das zu wenig schnell wäre. Vielmehr setzen wir auf Gemeinden, die sich bei früheren Abstimmungen als repräsentativ für ihren Kanton erwiesen hatten.

Massgeblich ist es deshalb, die Referenzabstimmungen zu finden, die eine sinnvolle Gemeindeauswahl im Voraus erlaubt. Das ist gar nicht so einfach; es sind die folgenden Schritte nötig:

. Welche Annahmen zum ungefähren Abstimmungsausgang national lassen sich machen?
. Welches räumliche Konfliktmuster kann angenommen werden?
. Welche Abstimmungen in jüngerer Zeit erfüllen beide Erwartungen einigermassen gut?

Geleistet wird das mit statistischen Vergleichen. Im Idealfall gibt es eine Referenz, meist braucht es aber einen Mix aus mehreren. Die Entscheidung wird zirka 4 Wochen vor der Abstimmung getroffen, wenn der Abstimmungskampf begonnen hat, und wenn erste Umfragen zu den Entscheidungsabsichten und dem Konfliktmuster vorliegen. Die Gemeindeauswahl erfolgt danach.

Am Abstimmungstag selber treffen dann die Gemeindeergebnisse als unsere neue Tatsachen ein. Sie werden auf den Kanton hochgerechnet, das gibt das Ständemehr, wenn es nötig ist. Die Kantonshochrechnungen werden dann auf die nationale Ebene hochgerechnet. So sind alle Informationen zusammen, die es für die zu erklärende Variable im Hempel-Oppenheim-Schema braucht. Das ist dann das Ergebnis, das veröffentlicht wird.

Claude Longchamp

Lehrbuch der empirischen Politikforschung

(zoon politicon) Volker Dreier ist Privatdozent an der Universität Köln. Er arbeitet am dortigen Forschungsinstitut für Soziologie, und er ist Redaktor der renomierten Zeitschrift “Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie”. Vor allem aber hat Volker Dreier 1997 eine der wenigen, auf Deutsch erschienen, umfassenden Uebersichten über die Forschung in der empirisch ausgerichteten Politikwissenschaft verfasst.

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Volker Dreier, Soziologe mit Forschungsschwerpunkten, die mir durchaus zusagen, hat die massgebliche Einführung in die “Empirische Politikforschung” auf Deutsch verfasst, die soeben in der 2. Auflage erschienen ist.

Dreier versteht sich als unorthodoxer Vertreter der empirisch-analytischen Politikforschung. Diese leitet er aus der allgemeinen wissenschaftlichen Forschung ab, die sich dem wissenschaftlichen Realismus verpflichtet fühlt. Sinnliche Erfahrungen, logische Theoriebildung und empirische Ueberprüfungen sind für ein die massgeblichen wissenschaftstheoretischen Positionen.
Das Lehrbuch, strikte aufgebaut, sorgfältig geschrieben, mit Grafiken aufgearbeitet, sonst aber eher trocken, hat drei Teile:

. erstens, die Orientierungen der empirischen Politikforschung (mit der Begriffsbestimmung, den Grundfragen und den Grundelementen)
. zweitens, die wissenschaftstheoretischen Grundlagen (mit den formalen Grundlagen, den Begriffen und Aussagen, der logische Struktur einer empirischen Theorie, der Theoriekonstruktion, dem Erklären und/oder dem Verstehen)
. drittens, die Methoden und Modelle (mit dem Messen und der Sklaierung, den Modelle sowei den Abläufen in der Forschung)

In vielen Teilen des Buches gibt es, für sich gesehen, gleichwertige oder bessere Einzelabhandlungen. Was das Werk aber auszeichnet, ist der systematisch durchgehaltene überischtliche Stil über eigentlich alle Fragen, die sich dem/der empirischen PolitikforscherIn bei ihrer Arbeit und deren Kommunikation stellen.

Vielleicht, könnte man als einige Kritik anfügen, hätte man sich nach 586 Seiten noch ein Würdigung des Stand und der Entwicklung des Fachgebieten gewünscht.

Claude Longchamp

SRG Hochrechnung zu eidgenössischen Volksabstimmungen

(zoon politicon) Die Hochrechnung für die SRG SSR idée suisse Medien ist eine typische Eigenentwicklung des Forschungsinstituts gfs.bern. Das Produkt wird seit 16 Jahren angeboten; aktuell wurde die bestehende Zusammenarbeit wieder verlängert.

Proben für die Hochrechung: die SF DRS Crew an einem frühen Abstimmungssonntag

Auf nationaler Ebene ist die Dienstleistung mit der denkwürdigen Volksabstimmung über den Beitritt der Schweiz zum EWR entstanden. Wichtigstes Ziel war es, die Bekanntgabe des verbindlichen, aber nicht offiziellen Abstimmungsergebnisses merklich zu beschleunigen. Das Produkt gefiel damals so gut, dass wir seither lückenlos an jedem gesamtschweizerischen Abstimmungstag eine Hochrechnung realisiert haben.

Basisinformation

Die Hochrechnung basiert auf einer ersten Extrapolation von realen Gemeindeergebnissen auf die Kantonsebene, und auf einer zweiten Extrapolation von den Kantonen auf den Bund.

Entscheidend ist dabei die Auswahl der Gemeinden. Sie werden so bestimmt, dass sie für ihren Kanton repräsentieren. Um Zufälligkeiten auszuschliessen, werden aber in der Regel nur Gemeinden von einer mittleren Grösse berücksichtigt, die garantieren, schnell ausgezählt zu haben. Im Schnitt kommen rund 80-100 Gemeinden pro Vorlage zum Zug, – je nach Thema jeweils andere.

Die Extrapolationen in zwei Stufen basierte von Anbeginn an auf mathematischen Modellen. Dagegen war die Bestimmung von Referenzabstimmungen anfänglich Intuition. Heute entsteht sie aufgrund statistischer Vergleichsmodelle. Letzteres ist unsere eigentliche kreative Leistung. Vermutlich verfügen nur wir über das Wissen, wie das am Sichersten geschieht.

Anders als im Ausland hat sich in der Schweiz die exit-poll Methode als Hochrechnungsbasis nicht durchgesetzt. Das hat zwei Gründe: Die Kosten sind höher, und die hohe Zahl der vorzeitig briefliche Stimmenden mindert den Wert von Befragung vor den Abstimmungslokalen.

Leistungen
Die Hochrechnung selber leistet zweierlei:

. Erstens, die schnelle Bestimmung des Volks-, und wenn nötig auch des Ständemehrs aus Gemeindedaten.
. Zweitens, aber auch eine Analyse des räumlichen Abstimmungsprofils hinsichtlich seiner polit-ökonomischen und polit-kulturellen Eigenheiten.

Ueber die Hochrechnung wird seit dem 6. Dezember 1992 in den SRG-Medien berichtet. Die Information setzt an Abstimmungen um 12 Uhr 30 ein, und sie endet meist um zirka 17 Uhr 30. Im Normalfall werden die hochgerechneten Ergebnisse alle 30 Minuten aufdatiert resp. zu Erstanalyse verarbeitet.

Auf Internet wird die Entwicklung der Ergebnisse dokumentiert. Die meisten Agenturen, privaten Radios der Schweiz und ausländischen Medien, die sich für die Schweiz interessieren, berichten darüber.

Genauigkeit
Unterschieden wird zwischen Trend- und Hochrechnungen. Trendrechnung lassen nur qualitative Aussagen (wird angenommen, wird abgelehnt, ist nicht entscheidbar) zu, während Hochrechnungen Angaben machen, in welchem Verhältnis das Ja und das Nein zueinander stehen. Um 14 Uhr muss eine Hochrechnung vorliegen, die bis am Schluss auf 2 Prozent genau bleibt. Im Schnitt weichen unsere Extrapolationen um 1 Prozent vom vorläufig amtlichen Endergebnis ab, das die Bundeskanzlei am Abend des Abstimmungstages kommuniziert.

Die Ironie der Geschichte: Die Hochrechnungen haben sich bei politische Interessierten innert kürzester Zeit durchgesetzt. Sie gelten heute als zuverlässige Referenz für den Abstimmungsausgang. Sie haben sich so auch vorteilhaft auf die Glaubwürdigkeit von Umfragen vor Abstimmungen ausgewirkt, obwohl sie selber gar kein demoskopisches Produkt sind!

Claude Longchamp

Live Bericht aus dem Hochrechnungszentrum in der Blogosphäre:
2.3.2007
17.6.2007

Konkordanz in der Schweiz auf dem Prüfstand

(zoon politicon) Seit die SVP Schweiz sich nicht mehr in der Regierung sieht, ihren Wählerauftrag aus der Opposition zum Bundesrat heraus sichtbarmachen will, an den Bundesratsparteiengesprächen nicht mehr teilnimmt, und in der “Arena” gleich starke Delegationen von Regierung und Opposition fordert, ist die Konkordanz wieder in aller Leute Mund. Seither wird auch viel behauptet, wie man sich in der Konkordanz nicht zu verhalten habe, wer den Rubikon überschritten habe, und welche Institutionen der Konkordanz überflüssig geworden seien.

Die Untersuchung
Gerade recht, um die tagesaktuelle, von parteipolitischen Interessen bestimmte Diskussion zu spiegeln, kommt da die politikwissenschaftliche Dissertation von Christian Bolliger, die 2007 unter dem Titel “Konkordanz und Konfliktlinien in der Schweiz, 1945 bis 2003”, erschienen ist. Bolliger interessiert sich dabei nicht für alles und jedes, was mit der Konkordanz zu tun hat, sondern für eine spezifische, in der Schweiz aber wichtige Fragestellung: “Wie stark entsprach die politische Praxis der schweizerischen Regierungsparteien im Wandel der Zeit dem Modell der Konkordanz, und trug diese Praxis zur Verminderung der gesellschaftlichen Praxis bei?”

akteursbeziehungen
Analyseschema für die parteipolitische Praxis der Konkordanz von Christian Bolliger (anclickbar)

Nach 467 kohärent und flüssig geschriebenen Seiten, die sich den Grundlagen der Fragestellung und dem empirisch anspruchsvollen Test der relevanten Hypothesen zu den Akteursbeziehungen widmen, kommt der Berner Politikwissenschaft zu folgendem bündigen Schluss: “immer weniger”. eigentlich hätte er noch beifügen müssen: ziemlich unberechtigterweise!

Der Analyseansatz
Bolliger denkt nicht streng institutionell. Konkordanz ist für ihn eine Praxis. Begründet sieht er sie, in Anlehnung an die international etablierte Konkordanztheorie, zuerst in der Segmentierung der Schweiz. Diese hat vier starke Konfliktlinien hervorgebracht, die es so kombiniert in andern Gesellschaften nicht gibt: die konfessionelle Konfliktlinie zwischen Katholiken und Reformierten, den Gegensatz von Stadt/Land, die Unterschiede zwischen den Sprachregionen und die Klassenstruktur im Besitzstand. Doch auch die direkte Demokratie, speziell das Referendum, sieht er im Gefolge der schweizerischen Konkordanztheorie, als Rechtfertigung, denn sie hat nach den Erfahrungen in der Zwischenkriegszeit den Zwang zur Zusammenarbeit der politischen Eliten erhöht.

Daraus leitet der Autor sein analytisches Modell der Akteursbeziehungen ab. Zwischen den grösseren Parteien braucht es Kooperation, hier als Parteienkonkordanz beschrieben, denn zwischen den BürgerInnen einer segmentierten Gesellschaft herrscht Polarisierung. Die Parteien wiederum haben die Aufgabe, Bindungen herzustellen zwischen den StimmbürgerInnen und den Eliten, die konfliktmindernd wirken. Sie müssen dabei, eingebunden in die Parteienkonkordanz, ihre innere Geschlossenheit bewahren können.

Wie das genau ausgeprägt ist, interessierte den ehemaligen Doktoranden. Wenn Parteienkooperation und innere Geschlossenheit funktionieren, spricht er von Stabilität der Konkordanz. Gibt es nur Parteikooperation, halten die Parteien die inneren Widersprüche aber nicht aus, redet er von brüchiger Konkordanz. Gekittet ist die Konkordanz, wenn wenn die innere Geschlossenheit tief und die Parteikooperation gering ist. Und schliesslich ist die Parteienkonkordanz gescheitert, wenn es keine Parteienkooperation mehr gibt, dafür die Geschlossenheit der parteilichen Eliten hoch ist. Das jedoch ist nur die horizontale Konkordanz. Die vertikale entsteht aus den alles entscheidenden Bindungen der Parteieliten und den StimmbürgerInnen:

. Wirksam ist die Konkordanz dann, wenn Parteienkooperation und gesellschaftliche Bindungen hoch sind, denn das führt zu einer Verminderung der Polarisierung.
. Unwirksam ist sie, wenn die Parteienkooperation funktioniert, es aber an gesellschaftlichen Bindungen mangelt.
. Ein offener Parteienwettbewerb herrscht vor, wenn die Polarisierung in der Bürgerschaft gering, in den parteilichen Eliten aber stark sind.
. Schliesslich ist von manifesten Konflikten die Rede, wenn sowohl die gesellschaftliche wie auch die parteipolitische Polarisierung ausgeprägt ist.

Die Ergebnisse
Was nun ist, bei der Analyse von Volksabstimmungen, Parteikampagnen und politischer Praxis Sache?

Den gewählten Zeitraum unterteilt der Autor zunäcsht in drei Phasen: die unmittelbare Nachkriegszeit, die er mit Blüte der Konkordanz zusammenfasst, die 70er und 80er Jahre, welche die etablierte Konkordanz herausgefordert haben, und die Jahrtausendwende, in der die schweizerische Konkordanz entwertet worden sei. Vertieft beschäftigen muss man sich also nur mit der letzten Phase.

Den generellen Befund gilt es allerdings hinsichtlich der vier eingeführten Konfliktlinien zu differenzieren:

. Bezogen auf den Religionsfrieden in der Schweiz sieht Bolliger die Konkordanz weiterhin wirken. Die Parteien sind weiterhin in den Konfessionsgruppen verankert, und sie suchen in konfessionellen Fragen das Einvernehmen untereinander.
. Wechselhaft ist die Konkordanz in Sprachfragen geworden. Das hat weniger mit dem Verhalten der Parteien untereinander zu tun, als mit den Aufleben der Sprachgegensätze unter den Stimmberechtigten vor allem angesichts der aussenpolitischen Oeffnung.
. Verringert hat sich die Konkordanz bei den Klassenfragen. Hier ist man zu einem offenen Parteienwettbewerb übergegangen, bei dem man sich auf Eliteebene konkurrenziert, ohne dass in der stimmenden Bevölkerung ein vergleichbarer Konflikt festzustellen sei.
. Wenn das alles die Krisenbefunde der Konkordanz relativiert, so sieht Bolliger diese bei den Stadt/Land-Gegensätzen generell aufgebrochen: Sowohl die Elitekooperation sei um die Jahrtausend-Wende verschwunden, als auch die Bevölkerung in den Zentren und ihren Peripherien würden in unterschiedliche Richtungen tendieren. Das ist denn auch die eigentliche Herausforderung unserer Zeit.

Das alles führt den Autor zu vier Folgerungen für die gegenwärtige Situation:

. Erstens, die innere Geschlossenheit der Parteien bleibt, trotz selbständigen Kantonalparteien und ausdifferenzierten Verbänden, relativ hoch und konstant.
. Zweitens, die Bindungen der Parteien in der stimmberechtigten Bevölkerung sind aber schwach, sie ist aber teilweise im Wandel begriffen.
. Drittens, die gesellschaftlichen Konfliktlinien ihrerseits bestehen oder brechen auf, vor allem in räumlicher Hinsicht bei der Sprache und bei der Siedlungsart.
. Viertens, die Konkordanz ist angesichts dieser Verhältnisse in ihrer Praxis erheblich erschüttert.


Die Würdigung

Vieles von dem, was Christian Bolliger in seiner Doktorarbeit berichtet, dürfte Zustimmung finden. Sein Ansatz ist weitgehend deskriptiv, und seine Beschreibung treffen wohl zu. Allerdings neigt der Autor zu erheblichen Schematisierungen, die im Zeitverlauf, auf Ebene der einzelnen Parteien und bezogen auf die untersuchten Volksabstimmungen differenzierter hätten ausfallen können.

Die eigentliche Leistung der Disseration ist aber, eine Ordnung in die Begriffe der Konkordanzpraxis gebracht zu haben. Diese ist, so darf man folgern, nicht zwangsläufig eine theoretische Grösse, die aus der Gesellschaft, ihren zurückliegenden Konflikten, deren Verabreitungen in institutionellen Regelung entsteht. Vielmehr ist eine gewisse Bandbreiten an verschiedenen Praxen möglich, wie die Akteurskonstellationen zeigen: Wirksame Konkordanz in Konfessionsfrage steht eine offenen Wettbewerb bei Wirtschaftsinteressen gegenüber, brüchige Konkordanz in der Sprachenfrage koexistiert tiefen Konfliktlinien bei den Stadt/Land-Gegensatzen. Die einfache Schematisierung zwischen geeinter und gespaltener Gesellschaft, die Konkordanzdemokratie erfordert oder Wettbewerbsdemokratie zulässt, ist damit aufgehoben.

Die politische Praxis, die sich seit dem 12. Dezember 2007 stellt, erhellt die Studie von Christian Bolliger damit noch nicht. Der wissenschaftliche Praxis zur Konkordanzpraxis , die seit den Arbeiten von Neidhard und Lijphard zementiert erschien, erweitert die Arbeit um eine willkommene Innovation.

Claude Longchamp

Das generelle Forschungsprojekt
Christian Bolliger: Konkordanz und Konfliktlinien in der Schweiz 1945 bis 2003, Diss. Bern 2007
Die Buchreihe

Demokratisierung als politischer Lernprozess

(zoon politicon) Ich war letzte Woche als Beobachter bei der Initiative für direkte Demokratie im Südtirol. Die dortige Bürgerbewegung strebt an, 2009 über eine Volksabstimmunngen die Möglichkeiten der lokalen direkten Demokratie im Lande Südtirol nachhaltig zu verbessern. Sie hat festgestellt, dass verschiedene Vorstösse zur Demokratisierung in Norditalien, so in Aosta, aber auch in der Südschweiz, so im Tessin, in jüngster Zeit auf begrenzte Unterstützung stiessen: Ein typischer Fall also, bei dem man Expertenwissen zur Demokratisierung von Politik nachfragt, um das eigene, selbstgesteckte Ziel besser erreichen zu können!

Eingang zum Rathaus von Bozen:. Trotz symbolisierter Transparenz besteht ein Bedürfnis nach mehr Partizipation im Land, die sich in der südtiroler Initiative für mehr Demokratie ausdrückt.

Meine Einblicke
Ich habe in den zwei Tagen viele spannende Einblicke in das politische Leben des Südtirols erhalten.

. Zum Beispiel in die eigene Lagebeschreibung: Wirtschaftlich gesehen geht es demnach dem Südtirol so gut wie noch nie. Von einer Mangelgesellschaft ist man innert zweier Generationen zu einer Ueberflussgesellschaft übergegangen. Doch sind die Menschen weder individuell noch kollektiv besonders glücklich geworden. Die italienschsprachige Minderheit fühlt ihre regressive Entwicklung, und die deutschsprachige Mehrheit möchte mehr Autonomie von Italien. Verbreitet ist in einer solche Situation das “Jammern”.

. Zum Beispiel auch in die Situationsanalyse: Politik ist in Italien nicht (mehr) “in”. Es dominiert der Rückzug vom Oeffentlichen ins Private. Die gegenwärtige Regierungskrise hat die Hoffnung mitte/links auf eine Besserung zerstört. Es regieren verbreitet der Konsumimus und der Hedonismus. Politik findet maximal noch bei Wahlen statt. Dann bestimmt man eine Mehrheit, und der übergibt man dann die Verantwortung, alle anstehenden Probleme zu lösen.

Meine Analyse
Doch was sagt man als Politikwissenschafter dazu, wenn es gilt, über die Möglichkeiten der direkten Demokratie nachzudenken?

Zuerst fragt man sich als Politikwissenschafter, was für eine politische Kultur da beschrieben wurde. Die beiden Prioniere auf diesem Forschungsgebiet, die beiden Amerikaner Alond und Verba, haben eine Unterscheidung mit drei Typen vorgeschlagen:

. die parochiale, auf den kleinen, eigenen Raum bezogene Politkultur, die sich nach aussen abgrenzt,
. die Politkultur der Untertanen, die sich auf den Staat bezieht, von diesem aber in erster Linie materielle Leistungen und Sicherheit erwartet ohne selber Eigenständiges dazu zu leisten, und
. die Partiziaptions-Kultur, für die die BürgerInnen selber die politschen Subjekte sind, die sich über Wahlen hinaus einbringen wollen, die aber auch gehört werden müssen.

Angewandt auf obige Lagebeschreibung und Situationsanalyse ist recht klar: Die politische Kultur des Südtirols ist wie in vielen nationalstaatlichen Demokratien eine Mischung. Die eher passive Ausrichtung der Partizipation, die sich weitgehend auf das Wählen beschränkt, ist eine beschränkt partizipatorische Untertanenkultur. Vor allem die komplexe Lage zwischen den Sprachgruppen in Italien führt zu weiteren Mischungen. Namentlich unter den deutschsprachigen Südtirolern gibt es auch parochiale Züge in der beschränkt partizipatorische Untertanenkultur.

Die so typische Delegation der nationalen Politik an Parteien, die sich in Rom um die Regierungsmehrheit streiten, ist Ausdruck der Untertanen-Kultur. Die zentrale Einstellung ist eher passiv, und an den Leistungen der eigenen Parteien bei der Verteilung staatlich produzierter Güter interessiert. Dabei erwartete man sie entweder vom Nationalstaat Italien, oder aber lokaler ausgerichtet vom Land Südtirol.

Von einer eigentlichen BürgerInnen-Kultur, die Voraussetzung für Demokratisierungen aller Art sind, ist man damit im Südtirol noch einiges entfernt. Das ist weiteres nicht überraschend, für ein dauerhaft auf verstärkte Partizipation ausgerichtetes politisches System aber ein Problem. Denn es muss auf Instabilität beruhen, wenn Struktur und Kultur in zentralen Erfordernissen nicht übereinstimmen. Die wichtigste Folgerung daraus ist, dass politische Kultur im Sinne der Partizipationskultur entwickelt werden muss.

Meine Folgerungen
Was empfiehlt die politikwissenschaftliche Kulturforschung in diesem Zusammenhang? Zentral ist hier Ueberlegung, die aus dem engen Zusammenhang von Systemlegitimation und politischer Effektivität folgt. Seymour Marty Lipset ist hier der massgebliche Forscher gewesen, der auf die entsprechenden Zusammenhänge aufmerksam gemacht hat. Seine Hauptaussage: Wenn ein bestehendes oder auch ein neues System der Politik legitim sein soll, dann muss es den BürgerInnen das Gefühl vermitteln, dass das bestehende oder das neue ihnen mehr Möglichkeiten gibt.

Daraus folgte für mich das Nachstehende:

Erstens, was auch immer geschieht, BürgerInnen-Bewegung für direkte Demokratie, wie jene, die ich im Südtirol besuchte, brauchen einen langen Atem. Das Ziel, das sie erreichen wollen, wird sich nicht sofort und umfassend einstellen.
Zweitens, dennoch braucht es schnelle Erfolgserlebnisse. Es braucht Identifikationsmöglichkeiten. Es empfiehlt sich, eine positive Oeffentlichkeit zu schaffen, die aufzeigt, wie oft und und wie breit BürgerInnen-Initiative Themen aus der eigenen Betroffenheit aufnehmen und versuchen, auf der Basis von Selbsthilfe auch ohne politische Entscheidungen zu regeln. Diese guten Vorbilder kann mit professioneller Medienarbeit bekannter machen, sie auch zu Vorbilder werden lassen.
Drittens, dazu bedarf es einer Reihe Verbündeter: die Selbstaktiven in einer Gesellschaft müssen gesammelt und vernetzt werden, die Massenmedien müssen für die andere Sichtweise der Dinge und für die Alternativen in den Lösungsansätzen, die nicht auf Delegation von Politik basieren, gewonnen werden. Und zu den Parteien, möglichst im übergreifenden Sinne, sollen Kontakte soweit aufgebaut werden, dass sie sich als Verbündete oder wenigstens als Interessierte des Demokratisierungsprozesses verstehen.

Sicher, das ist nur eine kleine Auswahl aus den denkbaren Schlussfolgerungen. Aber es sind meine, die ich als praxisorientierter Politikwissenschafter vor Ort und auf der Rückreise gezogen habe. Ich verstehe sie nicht als “must”, aber als Ernst gemeinte Anregungen in einem anstehenden politischen Lernprozess.

Claude Longchamp

Wahlen in der Mediengesellschaft

Aus dem Kurs “Politische Kommunikation für die Verwaltung” nehme ich einen überraschenden, aber umso wichtigeren Eindruck mit: Die Gespräche mit den Teilnehmenden, vor allem zum etablierten sozialwissenschaftlichen Wissen über Wahlen, Wählende und Wahlkampagnen, aber auch meine Verarbeitung zeigten mir, in welchem Masse heute politische Kommunikation in einer von Massenmedien geprägten Gesellschaft stattfindet, ohne dass man das in der Forschung genügend reflektiert.

Die Phänomene
Das Bundesamt für Statistik rechnete jüngst nach, dass sich in der Schweiz noch nie so viele Menschen bei einer Wahl geäussert haben wie 2007 bei den Parlementswahlen.- Selbstverständlich, die Wahlbeteiligung war schon höher als die 48,3 % vom vergangenen Oktober. Berücksichtig man aber gleichzeitig die Zahl der wahlberechtigten Männer und Frauen, kommt man absolut gesehen auf hächste je erreichte Zahl von EntscheiderInnen.
Die Wahlergebnisse sprechen zudem eine deutliche Sprache: Die kantonalen Eigenheiten in den Wahlergebnissen sind zwar nicht ganz verschwunden; sie sind aber, analog zur ganzen Entwicklung seit den 90er Jahren, rückläufig. Mehr und mehr kristallisiert sich ein gesamtschweizerisches Parteiensystem mit SVP, FDP, CVP, SP und Grünen als den hauptsächlichen Trägern der verschiedenen politischen Richtungen heraus.

Die These
Die hohe Mobilisierung einerseits, die Vereinheitlichung der Wahlergebnisse anderseits sind Ausdruck von Wahlen, die in erster Linie massenmedial geführt werden. Wahlkämpfe werden in, zu und gegen Medien geführt, die so vie vermittelte WählerInnen-Ansprache besorgen. Das persönliche Gespräch zwischen KandidatIn und WählerIn ist zwar nicht ganz verschwunden, aber fast bedeutungslos geworden.
Das hat eine Konsequenz: Ohne dieAnalyse des Wahlgeschehens in den Massenmedien, im redaktionellen wie im gekauften Teil, kann man Wahlergebnisse immer weniger verstehen.

Die bisherige Wahlforschung
Dennoch stützt sich gerade die politikwissenschaftliche Analyse von Wahlen immer noch auf die drei, mittlerweile klassischen Ansätze der Wahlforschung:

. auf den soziologischen Ansatz, der zurückliegende Konflikte ins Zentrum rückt, weil sie gesellschaftliche Spaltungen bewirkt haben, die in der Ausgestaltung des Parteiensystems weiterleben;
. auf den psychologischen Ansatz, der das Bedürfnis der Menschen, sich im öffentlichen Raum mit Vorbildern identifizieren zu können, betont, und deshalb die Symbolik von Parteien, ihren Wertehimmel, ihr Personal und ihre aktuellen Themenzüge untersucht,
. auf den ökonomischen Ansatz, der die Wählenden von ihren sozialen Kontexten befreit und ihre Entscheidungen auf reine Kosten/Nutzen-Ueberlegungen reduziert, denn so ist man überzeugt, zwischen der Wahl eines Katzenfutters und einer Partei gibt es keine wesentlichen Unterschiede.

Auch wenn die Kombination der Ansätze Verbesserungen in der Wahlanalyse liefert, bleibt das Grundproblem das Gleiche: Die Wählerperspektive alleine erklärt das Wahlergebnis nicht, denn es braucht auch die Medienperspektive.

Die neue Wahlforschung
Stefan Dahlem hat sich in seiner im Jahre 2001 erschienen Dissertation genau mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Die Wahlentscheidung für Parteie oder Kandidierende fürht er auf innere und äussere Faktoren der Wählenden zurück. Zu den äusseren gehören die wirtschaftliche Konjunktur, die soziale Lage und das politische Klima. Sie bilden die Realitäten mit denen sich die Massenmedien generell beschäftigen, und die die öffentliche Meinung prägen. Ihre Vermittlung erfolgt jedoch immer weniger durch personale Kommunikation, sondern durch mediale, die allenfalls im eigenen Umfeld verarbeitet wird. Die Wählenden entwickeln deshalb eine den Wahlen vorgelagerte Grundhaltung, mit der sie dem Geschehen begegnen: Dazu zählen ihre Gefühlslage, ihre Erfahrungen, ihr Wissen, aber auch ihre vorläufigen Verhaltensabsichten.
Auf dieser Basis verarbeiten sie nun das mediale Geschehen im Wahlkampf: Parteien leben von Persönlichkeiten, die sie medial repräsentieren. Sie inszenieren symbolisch Realitäten für die sie stehen wollen. Dabei müssen sie Werte kommunizieren, die zu ihrer Ideologie passen, denn dieser Mix lässt Parteiidentifikation entstehen. Aktualisiert wir diese Parteiidentifikation mit den wenigen Themen, die medial dominieren. Botschaften und Botschafter müssen sie besetzen, um eine generelles Meinungsklima entstehen zu lassen. Wem das am besten gelingt, der beeinflusst am stärksten die Wahlentscheidungen.

Meine Bilanz
Mit einer indivualistischen-rationalen Wahl, wie die Oekonomen glauben, hat das wenig zu tun. Mit einer gesellschaftlich vorbestimmten Entscheidung, wie die Soziologien unterstellen, wird man den aktuellen Trends auch nicht mehr gerecht. Vielleicht hilft noch der Ansatz der Psychologen, um zu verstehen, wie Wählende Wahlen als Mediengeschehen begegnen. Ohne eine vertiefte Beschäftigung mit den Erscheidungen des medialisierten Wahlkampfes selber kommt man jedoch nicht mehr weiter.
Eine Neuformulierung des Wahlforschung, die der Wahlentscheidung in den Mediengesellschaft gerecht wird, tut not!

Claude Longchamp

Stefan Dahlem: Wahlentscheidung in der Mediengesellschaft. Theoretische und empirische Grundlagen einer interdisziplinären Wahlforschung. Freiburg/München 2001

Weitere Bücher zum Thema sind:

Otfried Jarren, Patrick Donges (Hg.): Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Eine Einführung, 2. Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, 2006

Hans Mathias Kepplinger, Marcus Maurer: Abschied vom rationalen Wähler. Warum Wahlen im Fernsehen entschieden werden. Alber-Reihe Kommunikation, Band 30, 2005