Wahlen in Deutschland: (Manager vs. Lehrer) vs. Verkäufer

Cicero, die deutsche Zeitschrift für politische Kultur, veröffentlichte dieser Tage eine interessante Befragung, die Emnid im Mai 2009 zu den Bundestagswahlen vom September gemacht hatte. Dabei ging es um die Frage, wie bestimmte Teile der gesellschaftlichen Eliten wählen wollen, und welche Rückschlüsse man daraus für den aktuellen parteipolitischen Konflikt man ziehen kann.

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Aus der Uebersicht in der aktuellen Ausgabe von Cicero kann man den Schluss ziehen: Das Links/Rechts-Spektrum (in Deutschland) wird zwischen den Eliten der Privatwirtschaft und des Staates gebildet. Manager auf der einen Seite, Lehrerinnen auf der andern bilden die Pole. JuristInnen sind den Managern vergleichbar, AerztInnen nehmen eine Mitte-Position ein, und selbst die VerkäuferInnen, die zusätzlich zu den Eliten befragte wurden, stehen nicht so weit links wie die Lehrerschaft.

Hier die Details der Emnid-Erhebung:

ManagerInnen: 66 Prozent stimmen für eine Regierung aus CDU/CSU (35%) und FDP (31%). Die grosse Koalition ist nicht mehrheitsfähig, das gilt auch für rot-grün. Theoretisch reicht es bei der Ampel für eine Mehrheit.
JuristInnen: 57 Prozent votieren zugunsten von CDU/CSU (29%) und FDP (28%). Rot-(rot)-grün ist nicht mehrheitsfähig, eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP bekäme eine theoretisch eine Mehrheit. Alles andere scheidet aus.
AerztInnen: Die Aussagen sind gleich bei bei den JuristInnen; 57 % sind für eine Koalition von CDU/CSU (33%) und FDP (24%) und rechnerisch eine Ampel mehrheitsfähig.
LehrerInnen: Rot-rot-grün schwingt bei den LehrerInnen mit 64 Prozent (SPD: 26%; Grüne: 23%; Linke 16%) klar oben aus; für rot-grüne Mehrheit wie bis vor vier Jahren reicht es aber auch hier nicht. Theoretisch möglich ist eine Ampel (57%), eine rechte Regierung bringt es dagegen nicht auf die erforderliche Mehrheit.
VerkäuferInnen: Sie sind zu 56 Prozent für die bisherige grosse Koalition (CDU/CSU: 30%; SPD: 26%). Rechte und linke Regierungsallianzen schaffen die nötige Hürde nicht; die Ampel kommt minimal drüber.

Oder anders gesagt: Die deutschen Eliten sind parteipolitisch polarisiert. Die grosse Koalition mögen sie nicht. Das rechte Projekt kann die Wirtschaftseliten und die liberalen Gesellschaftseliten ansprechen, das Linke liegt bei den Staatsangestellten vorne, wenn auch nur in der unwahrscheinlichen dreier Koalition. Dem stehen die VerkäuferInnen gegenüber, die auf Polarisierungen zurückhaltender reagieren und die grosse Koalition favorisieren. Die einzige Alternative hierzu ist in fast allen untersuchten Gruppen eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, – allerdings nur, wenn man von Inhalten absieht.

Claude Longchamp