State-of-the-art in der politikwissenschaftlichen Wahlforschung

Die beiden Sozialwissenschafter Franz Urban Pappi und Susumu Shikano haben 2007 eine bemerkenswerte Uebersicht über den Stand der Wahlforschung vorgelegt. Fortgeschrittene StudentInnen finden hier eine knapp gehalten, weitgehend vollständigen Ueberblick.

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Wahlforschung gilt als eine der Königsdisziplinen in den Sozialwissenschaften. Nicht nur die Politikwissenschaft betreibt sie; auch die Oekonomie, Psychologie, Soziologie und Medienwissenschaft, ja auch die Geografie und Geschichte liefern Beiträge zur Erklärung von Parteien, Wahlergebnisse und BürgerInnenentscheidungen. Dabei beschäftigen sich ihre Modelle mit unterschiedlichen Aspekten der Wahlentscheidungen. Diese unterscheiden sich in der Reichweite, im Zeitbezug und aufgrund des Niveaus der Argumentation. Teilweise kommen sie zu gegensätzlichen Schlüssen, weil sie stärker axiomatisch oder empirisch ausgerichtet sind, oder weil sie unterschiedliche Wahlsysteme und Entscheidungssituationen vor Augen haben; teilweise ergänzen sie sich aber auch und bilden so ein Ganzes.

Den Entwicklungen der Forschung in den letzten Jahren trägt die Mannheimer Politikwissenschaft mit der aktuellen Überblicksdarstellung “Wahl- und Wählerforschung” Rechnung. Die Monografie des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) ist einerseits der Wählerforschung, also der Untersuchung von Entscheidungen und ihrer vielfältigen Motive, andererseits der Wahlforschung, die die Wahl als Ganzes behandelt, gewidmet.

Die Autoren liefern eine umfassende, anspruchsvolle Gesamtshau, wie sie bislang weder auf Deutsch noch auf Englisch verfügbar ist. Pappi und Shikano stellen sowohl dem sozialpsychologischen respektive verhaltenswissenschaftlichen Ansatz gleich zu Beginn einzeln und vergleichend vor. Darauf folgt eine Aufschlüsselung wichtiger Teilgebiete der gegenwärtigen Wahlforschung. Schliesslich widmet sich das Buch, wenn auch nur rudimentär, der der Wahl- und Wählerforschung in der politischen Praxis, besonders in Deutschland.

Der Band richtet sich an Studierende, die sich in Master-Programmen oder als Doktoranden spezialisieren wollen. Er ist vorbildlich knapp gehalten, vielleicht, was die kommunikationswissenschaftlichen Unterschungen des Wählens betrifft, sogar zu knapp.

Claud Longchamp

Franz Urban Pappi, Susumu Shikano: Wahl- und Wählerforschung. Forschungsstand Politikwissenschaft, Baden-Baden 2007