3 Thesen zum Campaigning der Zukunft

Ich war gestern von der Lobby-Gruppe ePower eingeladen, über Campaigning der Zunkunft zu sprechen. Hier meine drei Thesen, die ich dem zahlreich erschienen Publikum aus Politik und IT-Branche zur Diskussion stellte.

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Pädophilie in der Kirche ist ein typisches Thema, das mit den Mitteln des Campaigning öffentlich geworden ist, und uns noch länger beschäftigen wird.

Erstens, Campaigning wird – als relativ neuer Begriff – verwendet, um das Dynamische an einer Kampagne zu betonen. Diese können nicht einfach auf dem Reisbrett entworfen und durchgezogen werden. Weder Wahl-, noch Abstimmungskampagnen können darauf verzichten, die Massenmedien zu interessieren. Diese wollen eine Dramaturige sehen, einen prominenten Anfang, eine Zuspitzung auf das Wesentliche und eine klare Botschaft zum Schluss. Ereignisse markieren dabei die Uebergänge, erzeugen Spannung, was die Chancen einer kontinuierlichen Medienpräsenz erhöht. Wirksam ist kampagnen-bezogenes Campaigning dann, wen es all das erfüllt, im besten Fall auch zum zentralen Thema der Medien oder des besten Mediums für die Zielgruppe wird.

Zweitens, Kampagnen-Analysen zeigen, dass man zwischen kurz- und mittelfristigen Wirkungen unterscheiden muss. Letzteres ist dann der Fall, wenn man über eine Kampagne hinaus kohärent kommuniziert. Campaigning insistiert dabei auf eine zielorientiertes Handeln, mit konstanten Super-Kommunikatoren, denen es gelingt, die übergeordneten Werte der Botschaft zu vermitteln, selbst wenn die Themen und Arenen der Auseinandersetzung über mehr als eine Kampagne hinaus variieren. Denn die Verbindung von Kommunikatoren und Werten wirken wie der rote Faden, während die Anlässe die Kugeln der Kette sind, die man daran aufzieht. Selbst wenn die eine, mehrere oder andere Kugeln verloren resp. vergessen gehen, den Faden muss man sehen, und sich daran erinnern.

Drittens, die grösste Herausforderung des Campaignings besteht darin, langfristige Themensetzung zu betreiben, eigentliche Politikzyklen zu lancieren, zu begleiten und im gewünschten Masse zu steuern. Campaigning wird damit definitiv zum Bestandteil der Politik, wie man das im Rückblick am besten erkennt: Dank Campaigning sind Themen wie die Oekologie-, Frauenfrage oder Pädophiliefrage auf die politische Agenda gesetzt werden; dank dieser kommunikativen Technik, haben sich Parteien wie die SVP über längere Zeit thematisch profilieren können; wegen des ausländischen Campaignings ändert sich die Position der Schweiz ist zentralen Fragen wie des Bankgeheimnisses oder der Steuerpolitik.

Man kann das Potenzial des Campaigning auf die Frage reduzieren, welche Kanäle man via Internet nutzen soll. Doch das ist das Basalste an dieser Innovation. Letztlich verfehlt diese Ausrichtung indessen die Chancen, welche diese Innovation der Mediengesellschaft für die Zukunft anbietet.

Claude Longchamp