(zoon politicon) Die Woche war hektisch: Die SVP stelle Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, ein Ultimatium, aus dem Bundesrat zurück- und aus der Partei auszutreten. Das geforderte SVP-Mitglied der Landesregierung gab zurück: Sie bleibe, im Bundesrat und in der Partei, hielt Bundesrätin Widmer kurz und knapp fest. Die SVP widerum liess ihren Zentralvorstand in der Sache entscheiden: 67 Stimmen für das Ultimatum gab es, 5 dagegen und 7 Enthaltungen.
Ereignisanalyse durch Monitoring – in der Physik schon längst bekannt, zum Beispiel in der Lawinenforschung, in den Sozialwissenschaft erst in den Anfängen, jedoch mit vielversprechenden Anwendungsfeldern
Ereignis, Wende-Ereignis
Das war ohne Zweifel ein Ereignis: eine verdichtete Handlungsabfolge mit einer Konsequenzerwartung. Die Handlungsabfolge ist oben beschrieben. Die Verdichtung ergibt sich aus der Kadenz der Schritte. Und der offen ausgebrochene Zwist begründet die Konsequenzerwartung: Wer setzt sich schliesslich durch? Genau diese Frage ist es auch, die der gegenwärtigen Eskalation jene Aufmerksamkeit bescheret, welche aus dem Ereignis auch ein Wende-Ereignis machen könnte: Jenen Moment, von dem man im Nachhinein wenigstens sagen wird, nichts sei danach mehr gleich gewesen wie vorher.
Story-Fahrplan
Der Sonntagsblick hat heute schon mal das Tableau der Fahrplanes zum Kampf zwischen SVP und EWS erstellt und eine Schätzung zum Ausgang gemacht; mindestens bis zur Delegiertenversammlung vom 5. Juli 2008 scheint die Sache vorgezeichent zu sein. Zuerst bleibt Widmer-Schlumpf hart, und auch die Bündner SVP schliesst sie nicht wie verlangt aus. Das ist das Thema bis Ende Monat. Dann kommt die SVP in Zugzwang: Sie muss die ganze Kantonalpartei wie angekündigt ausschliessen, riskiert eine Rekurs und einen Entscheid der Delegiertenversammlung, der Mehr- aber nicht einheitlich ausfällt. Damit ist klar: Die story dreht sich, und sie wird weiter gedreht. Das verspricht eine fortgesetzte Eskalation mit unsicherem Ausgang.
Arenen, Akteure, Aufpasser
Für Polit- und Kommunikations-BeobachterInnen gibt es nichts Spannenderes als ein solches Live-Experiment zu Machtfragen, politschem Stil und politischer Kultur. Die Massenmedien bilden die zentrale Arena der Auseinandersetzung. Sie können abbilden, aufladen, aufpassen. Auf jeden Fall setzten sie das Geschehen in Szene. Die KontrahentInnen in de Auseinandersetzung, ihre AnhängerInnen und deren Seilschaften sind die Akteure.
Doch wird es nicht bei ihnen bleiben. Bei jedem öffentlich ausgetragenen Konflikt gibt es Trittbrettfahrer, die von der Aufmerksamkeit profitieren wollen, Anheizer, die gerne zuspitzen und Abknaller, die als Parteien oder ähnliches ihren Nutzen aus der SVP-Auseinandersetzung ziehen wollen. Das Volk wiederum ist mindestens ein Teil des Echos, Pro-und-Kontra-DemonstrantInen, vielleicht auch der Schiedsrichter. Auf jeden Fall wird es sich lohnen, die Oeffentliche Meinung und ihre Dynamiken genau zu verfolgen. Das MINK-Schema, das auf diesem Blog schon vorgestellt worden ist, gibt eine erste Orientierungsmöglichkeit.
Lernfeld Blogosphäre
Spannender kann es nicht sein, gerade jetzt eine Kurs zu “Empirische Politikforschung in der Praxis” zu geben. Ein Eskalations-Monitoring wird hier – wie nur selten gehabt – möglich.
Eine Frage interessiert mich ganz besonders: In welchen Masse gelingt es der Blogosphäre, die Meinungsbildung darzustellen und die Entwicklung der Geschichte eigenständig zu vermitteln resp. verständlich zu machen. Es wäre ein Beweis dafür, dass es in diesem Bereich zwischenzeitlich genügend Rollenträger gäbe, die vernetzt eine eigene Oeffentlichkeitsplattform wären.
Claude Longchamp
In welchen Masse gelingt es der Blogosphäre, die Meinungsbildung darzustellen und die Entwicklung der Geschichte eigenständig zu vermitteln resp. verständlich zu machen.
Ist denn aus der Blogosphäre eine Gesamtschau zu erwarten? Die allermeisten Polit-Blogs vermitteln doch vorwiegend die Sichtweise des jeweiligen Schreibers, allenfalls des eigenen Lagers (ich schliesse meinen eigenen Blog da sehr wohl ein). Online gestellt werden also in erster Linie mehr oder minder spannende Fragmente. Eine Gesamtschau entsteht aber erst, wenn sich jemand die Mühe macht, diese Puzzle-Teile zusammenzufügen. Solcherlei Akteure kann ich bisher kaum ausmachen. Klar, es gibt politik-blogs.ch. Aber ein gemeinsamer Feed von Einzelmeinungen macht die Geschichte noch nicht wirklich verständlich.
Klaro, die Analyse ist vordergründig richtig. Dennoch: Die Blogger lesen die Blogs der anderen, interagieren und entwickeln sich so weiter. Es gibt offensichtliche Netzwerke, die, so meine Hoffnung, insgesamt komplementär Realitäten spiegeln. Zusammen wäre das schon mal ein System. Und dieses sollte, wie das Mediensystem auch, in der Lage sein, öffentliche Meinung abzubilden. Nun nicht als veröffentlichte Meinung von Massenmedien, sondern im Sinne der Bürgermeinung.
Am Tableau, das besser ist als eine Feed werde ich noch arbeiten!
[…] Blog « Eskalations-Monitoring […]
fragen:
In welchen Masse gelingt es der Blogosphäre, die Meinungsbildung darzustellen
– besser: in welchem masse gelingt es dir, im www abrufbare informationen zu einem “cockpit” (tableau) zusammen zu tragen?
– mit welchen technischen mitteln arbeitest du da?
– reicht es, url’s anzugeben?
– wie sieht ein tableau aus? (http://www.google.com/news oder http://www.google.com/ig oder ähnliches?
und die Entwicklung der Geschichte eigenständig zu vermitteln resp. verständlich zu machen.
– warum ist dir diese “eigenständigkeit” wichtig?
– was wäre, wenn “eigentständigkeit” nachgewiesen werden könnte?
– wessen verständlichkeit meinst du? (wie es menschen gelingt, sich einen reim auf die themen zu machen? oder gehst du davon aus, wer ein blog hat, macht sich differenzierte gedanken darüber, wie dem eigenen “zielpublikum” etwas pädagogisch-didaktisch vermittelt werden kann? oder…)
Es wäre ein Beweis dafür, dass es in diesem Bereich zwischenzeitlich genügend Rollenträger gäbe, die vernetzt eine eigene Oeffentlichkeitsplattform wären.
– ein beweis?! ein modell mit sovielen unbekannten, können beweise… wow… ähm…
– rollenträger?! wow… ähm…
– …
was mir gefällt ist, dass du explizieren willst, wie du beobachtest. DAS ist für mich die erste stärke des sog. bloggens. in dem du dir selbst zeigst, wie du beobachtest und dies so ablegst, dass andere dich beim beobachten beobachten können, bekommst du rückmeldungen. die beobachter von beobachtenden sehen prinzipiell mehr/anderes als du selbst (beobachtung 2. ordnung). tolle literatur und software gibts diesbezüglich auch entlang dem stichwort: “balanced score card”!
wie aber ein blog “wirkt” ist ziemlich schwer zu zeigen. mit studien , welche das zitieren von inhalten aus blogs sich in zeitungen niederschlägt auf jedenfall nicht (sic!)… ich habs mit neologismen versucht (erfinde ein neues wort und beobachte via google, wie es sich verbreitet etc.) oder auch alltagsbeobachtungen: dr. nat. oec. hsg roger s. erzählt ein beispiel: http://tv.rebell.tv/p2040.html
[…] culturalstudies | | von sms um 21:29nun: onkel ernst hats ja gesagt: es waren die frauen… | claude longchamp scheint diesem hinweis nicht zu trauen: jedenfalls hat er diese gruppe nicht auf se… alliance F ruft zur Solidaritätskundgebung für Eveline Widmer-Schlumpf auf. Sie findet am […]
[…] da! wenn es nicht DIE blogsfäre gibt, will ich auch nichts von TYPISCHEM verhalten wissen. ich will es auf die schnelle mit einer repetition versuchen: was mir gefällt ist, dass du explizieren willst, wie du beobachtest. DAS ist für mich die […]
[…] und versucht sind, neue Einstellungen durchsetzen. Das gelingt ihnen heute am besten mittels dramatisch eskalierenden politischen Kämpfen, die massenmedial vermittelt werden. Es gelingt ihnen besonderns dann, nachhaltig Einfluss zu […]