Ständeratswahlen: Börsianer legen Zwischenbilanz fünf Wochen vor der Wahl vor.

Wie gut Wahlbörsen bei Schweizer Wahlen funktionieren, weiss man (noch) nicht. Denn Erfahrungen hat man damit bisher nicht sammeln können. Die Wahlbörse von SRF ist das Wagnis 2011 dennoch fast flächendeckend eingegangen. Eine Zwischenbilanz.

Danach analysiert, was die Ständeratswahlen 2011 bringen, setzen die Börsianer auf die SVP. Das die wählerstärkste Partei der Schweiz in der kleinen Kammer untervertreten sei, ist als Botschaft hinüber gekommen. Die Wettbrüder und -schwester rechnen mit drei Sitzgewinnen, zulasten von FDP (-3) und CVP (-2). Stabil sehen sie die SP, GPS und GLP. Das gilt auch für die BDP, während die Einschätzungen zu den beiden restlichen noch nicht gemacht sind. Am ehesten noch geht man von einem Sitzgewinn des Parteilosen Thomas Minder in Schaffhausen aus.

Die Beurteilung der Situation in den 9 Kanton der deutschsprachigen Schweiz sind sehr ungleich. Am wenigsten unsicher ist man in Glarus und Luzern. Im Glarnerland prognostizieren die Börsianer die Wiederwahl der beiden Bisherigen Freitag (FDP) und Jenny (SVP). In Luzern rechnet man mit einer parteipolitischen Stabilität. Graber (CVP) sollte es schaffen, ebenso Theiler, der Neue für die FDP.

Auch im Kanton Solothurn erreichen zwei Kandidaten zwischenzeitlich das absolute Mehr: Zanetti, der Bisherige von der SP und Bischof, der neue von der CVP. Er liegt von Fluri, der für die FDP den Sitzen halten soll, aber auch von Wobmann, dem Herausforderer der SVP. Sicher ist hier nichts, denn die Tagesschwankungen lasse auch einen anderen Schluss zu: Die drei bürgerlichen Kandidaten werden in einen zweiten Wahlgang geschickt.

Eine ähnliches Bild zeichnen die Wahbörsen im Thurgau, in Schaffhausen und in Zug. Ueberall hat es einen Favoriten: Eberle, Germann und Brunner von der SVP, die Hälfte der Stimmen machen könnten. Ueberall ist das Verfolgerfeld recht nahe zusammen, aber unter der 50 Prozent-Marke. Im Thurgau liegen namentlich Häberli-Koller (CVP) und Graf-Litscher (SP) sehr nahe zusammen, in Schaffhausen gilt dies für Minder (Parteilos) und Heydecker (FDP) und in Zug für Bieri (CVP) und Eder (FDP).

Die grösste Unsicherheiten orten die Börsianer in Zürich, Bern, St. Gallen und Aargau. Keine(r) der BewerberInnen erreicht hier das absolute Mehr im ersten Wahlgang. In Zürich (Diener vor Guttwiller vor Blocher vor Hardegger) und St. Gallen (Brunner vor Keller-Sutter vor David vor Rechsteiner) sieht es nach einem Vierkampf aus, in Bern (Amstutz vor Stöckli vor Luginbühl) und Aargau (Bruderer vor Giezendanner vor Egerszegi) nach einem Dreikampf. Dabei könnte es auch zu Nicht-Wiederwahlen kommen, jedenfalls im ersten Wahlgang, der Luginbühl (BDP, BE), Egerszegi (FDP, AG) und David (CVP, SG) liegen je auf dem dritten Rang.

Konkrete Sitzgewinne der SVP halten die Börsianer in St. Gallen und Zug möglich, der einzige Parteilose mit Chancen ist der Schaffhauser Minder, der sich, sollte er gewählt werden, einer grünliberalen Fraktion anschliessen würde. Nicht nur erfreulich sieht es für die FDP in Solothurn und Aargau aus, aber auch in Schaffhausen und Zug. Die CVP könnte in St. Gallen Federn lassen, dafür in Solothurn den Ausgleich schaffen. Umgekehrt liegt es im Bereich des spekulativ Möglichen, den Sitzverlust nach dem Abgang von Sommaruga in der Bundesrat sei es in Bern oder im Aargau wettmacht.

Wie gesagt, zunächst ist das Spielerei, die weder theoretisch gesichert ist, noch mit Erfahrungswerten punkten kann.

Immerhin, die vorgelegte Zwischenbilanz ist nicht einfach unerheblich. Sie legt nahe, dass gerade im urbanen Umfeld der deutschsprachige Schweiz die Fragmentierung der politischen Lager hoch ist, sodass die Allianzbildungen, möglicherweise erst im zweiten Wahlgang den Ausschlag geben werden, wer die Kantone in der kleinen Kammer der Bundesversammlung vertritt. Deshalb füge ich bei: Schade, dass es keine so interessanten Gradmesser für die französisch- und italienischsprachige Schweiz gibt.

Was den generellen Trend angeht, wäre die erwartete Veränderung nicht einfach belanglos. Denn CVP und FDP hätten, auch wenn sie geschlossen gemeinsam stimmen würden, erstmals keine Mehrheit mehr. Diese ergäbe ich nur noch unter Einbezug der SVP, oder aber als Allianz aus CVP, SP, GPS und GLP.

Claude Longchamp