Die parteipolitische Zusammensetzung der Bündner Regierung bleibt trotz personeller Erneuerung unverändert; die SVP verpasst den Einzug in die Kantonsexekutive nach der Parteispaltung von 2008.
Die neue Bündner Regierung: Barbara Janom Steiner (BDP), bisher, gewählt mit 24’623 Stimmen, Hansjörg Trachsel (BDP), bisher, 20’530, Martin Schmid (FDP), bisher, 25’720, Mario Cavigelli (CVP), 19’800 und Martin Jäger (SP), 16’034
2006 heiss es, es seien die langweiligsten Regierungsratswahlen der Bündner Geschichte gewesen. Entsprechend beteiligten sich nur 24 Prozent der Wahlberechtigten. Sie bestätigten die bis anhin bekannte Zusammensetzung: 2 SVP, je eine Vertretung von CVP, FDP und SP.
Doch dann kam es zum Ausschluss der kantonalen SVP aus der nationalen Partei, weil die damalige Bündner SVP-Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf ihre überraschende Wahl in den Bundesrat angenommen und so Christoph Blocher aus der Bundesregierung verdrängt hatte. Beide SVP-RegierungsrätInnen und 30 der 32 Grossrätinnen wechselten darauf hin zur neu gegründeten BDP.
Diesmal war die Spannung vor den Bündner Regierungsratswahlen deutlich grösser. Nur 3 Bisherige kandidierten, während 2 Regierungsräte wegen der 12jährigen Amtszeitbeschränkung zurücktreten mussten. Total bewarben sich 10 Personen als Bündner Regierungsrat, 6 davon mit Wahlchancen. Entsprechend veränderte sich die Beteiligung, betrug sie doch gut 36 Prozent.
Keine Tradition hat es im Kanton Graubünden, bisherige Regierungsmitglieder aus parteipolitischen Gründen abzuwählen. Das war auch diesmal so: Die beiden bisherigen BDP-VertreterInnen und der amtierende FDP-Regierungsrat wurden problemlos bestätigt, obwohl es im Wahlkampf wegen des Suizids des Polizeichef zu schweren Vorwürfen an die Justizministerin aus den Reihen der BDP gekommen war.
Die beiden frei gewordenen Sitze beanspruchten die SP, die CVP, welche ihre vor 12 Jahren verlorene Doppelvertretung im Regierungsrat zurück haben wollte, und die SVP, die seit der Parteispaltung in der Opposition politisiert. Sie gingen heute an die CVP und an die SP. Damit ist der Regierungsrat personell erneuert, parteipolitisch bleibt er sich aber gleich.
Die SVP scheiterte damit mit ihrem Versuch, wieder in die Bündner Kantonsregierung einzuziehen recht klar Dies obwohl die nationale Parteiprominenz nichts ausliess, für den eigen Kandidaten und die neu gegründete Partei zu werben. Der Wahlkampf wurde gerade von der SVP mit massiven Werbemitteln betrieben und zur Richtungswahl stilisiert. Gelohnt hat es sich nicht, denn die SVP erreichte weder ihre Wahlziele nicht.
Sie kassierte damit seit langem ihre erste grosse Wahlniederlage. Der Parteiausschluss fast der ganzen Parteielite, die klar zur Eveline Widmer-Schlumpf hielt ist sicherlich der selbstverschuldete Grund. Erwähnt werden muss auch das Wahlsystem in den Bündner Kreise, dass für kantonale Parlamentswahle mit dem Majorzelement atypisch ist. Und schliesslich wird man hinzu fügen müssen, dass dort, wo die parteipolitische Kleinarbeit im Lokalen, im Gewerbe und in Gemeinde nicht gemacht wird oder werden kann, Wahlerfolge sich auch bei hohem Mitteleinsatz im Wahlkampf nicht einfach einstellen.
Mehr als diese Schlüsse aus den Bünder Wahlen zu ziehen, wäre wohl aber verfehlt.
was ist der Unterschied eines ausgeschlossenen SVP-ler zu einem neu eingetretenen BDP-ler?
Vorerst soviel: Im Kanton Graubünden wurde eine ganze Kantonalpartei aus der SVP ausgeschlossen, weil sie zu “ihrer” Bundesrätin hilft. Da ist es wohl nicht falsch, von einer gewissen Konstanz auszugehen. Die gleichen Leute, die gleichen Strukturen, die gleichen Hintergründe, und in Vielem wohl auch die gleiche Wählerschaft. Vielleicht, kann man beifügen, war die SVP Graubünden nie ganz auf der neuen Linie der SVP. Die urspränglichen Demokraten wurden erst bei der Umwandlung der BGB in die SVP aufgenommen, und sie haben den Wandel der Mutterpartei in den 90er Jahren nur beschränkt nachvollzogen. Das liess sie, bis 2007, immer wieder andere Parolen fassen und Positionen einnehmen, welche man in “Zürich” nicht so gerne sah. Deshalb überrascht es auch nicht wirklich, dass gerade hier eine Trennlinie entstand.
Bei der BDP in Bern und Glarus, würde ich Ihnen aber schon mehr widersprechen wollen. Zwar sie auch hier die meisten Parteikader ehemalige SVP-ExponentInnen. Zum Teil machten sie gar den Kern der Fraktion im Kantonsparlament aus. Auch da ist von einer gewissen Konstanz auszugehen. Jedoch, diese könnte sich rasch verringern. Denn in beiden Kantonen sprechen die Wahlanalysen dafür, dass die BDP überwiegend von einer neuen Wählerschaft unterstützt wurde, die vor allem aus dem bürgerlichen Zentrum kommt, das bis anhin nicht SVP wählte, und es auch aktuell nicht machte. Die BDP wird sich hier, will sie ihre recht zahlreiche Wählerschaft behalten wollen, verstärkt an den Ansichten der neuen WählerInnen ausrichten müssen, teilweise thematisch, teilweise auch vom Stil und Verhalten her.
Schliesslich die BDP in den übrigen Kantonen. In denen kann sie sich gar nicht oder nur marginal auf bisherige Exponenten der SVP stützen. Sie muss auch neue Parteistrukturen aufbauen, und sie muss für alles neue WählerInnen finden. Dass gerade hier Neues entsteht halte ich für sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht so zahlreich und nicht so schnell.
Insgesamt würde ich also eine klar differenziertere Betrachtungsweise der BDP empfehlen.
Mir scheint, die Basis der BDP ist näher an der SVP von früher als die jetzige SVP-Elite.