Immer mehr gute, aber auch schlechte Umfragen bei den Präsidientschaftswahlen

Nimmt man die provisorischen Resultate der Wählendenanteile beider Spitzenkandidaten bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl von gestern, kommt Barack Obama auf gerundete 53 Prozent, während John McCain ebenfalls gerundete 47 Prozent erreicht. Die vorläufig finale Differenz zwischen den beiden beträgt rund 6 Prozentpunkte. Mit diesen Kennziffern kann man die Präzision der verschiedenen Vorhersagen evaluieren.

In einem Punkt waren sich die fünfzehn Umfrageserien, die vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2008 realisiert wurden, einig: Barack Obama werde gewinnen. Ueber das Ausmasses an Unterstützung für ihn resp. für seinen Gegenspieler gab es aber einige Differenzen:

Fünf Schlussbefragungen kommen dem Endergebnis sehr nahe; es sind dies:

. Opinion Research (CNN) 53:46 (Differenz=7): 714 voraussichtlich Wählende / 30.10. – 1.11.
. Ipsos (McClatchy) 53:46 (7): 760 / 30.10. – 2.11.
. Battleground-Lake 52:47 (5): 800 / 2.-3. 11.
. PEW Research 52:46 (6): 2587 / 29.10. – 1.11.
. Rasmussen Reports 52:46 (6): 3000 / 1. – 3. 11.

Keine eindeutige Aussage kann man zur Stichprobengrösse machen: 3 verwendeten relativ kleine Stichproben, 2 arbeiteten mit grossen.

Alle anderen 10 Institute, die sich an der Messung von Wählendenpräferenzen zu den Präsidentschaftswahlen beteiligten, schnitten allesamt schlechter ab. Am meisten wichen Zogby und Gallup vom effektiven Endergebnis ab.

Immer deutlicher gute und schlechte Prognosen nebeneinander
Im Vergleich zu früheren amerikanischen Präsidentschaftwahlen beteiligten sich damit deutlich mehr Institute an diesem Wettbewerb.

Doch müssen zunehmend zwei Gruppen gemacht werden: solche, die gut, und solche, die schlecht abschnitten.

Nimmt man die fünf guten Institute in diesem Jahr, waren sie präziser als die sechs besten Institute bei den Vorwahlen. NImmt man indessen alle Institute, war der mittlere Fehler diesmal grösser.

Nicht unproblematisch ist, dass es schwierig ist, im Voraus die guten von den schlechten zu unterscheiden. So gehörten Zogby und TIPP bisher er zu den Befragungsagenturen mit präzisen Wahlvorhersagen, erfüllt diesmal das Kriterium aber nicht. Anderseits war Battleground-Lake vor vier Jahren nicht präzise, und Rasmussen beteiligte sich bei den öffentlichen Wahlumfragen gar nicht. Regelmässig in der Spitzengruppeist PEW Research.

Kein sog. Bradley-Effekt in den Wahlumfragen

Nicht bewahrheitet hat sich der in den Medien breit diskutierte Bradley-Effekt, wonach Obama wegen seiner Hautfarbe effektiv weniger Stimmen machen werde als in Umfragen angegeben. Zutreffend war vielmehr die Einschätzung von Dan Hopkins, der alle amerikanischen Umfragen diesbezüglich untersucht hatte und für den Zeitraum nach 1996 ein Verschwinden des Bradley-Effektes nachwies.

Claude Longchamp