935 Mal gelogen – warum nur?

(zoon politicon) Diese Meldung hat sich am Wochenende bei mir festgesetzt: Die US-Regierung hat in den zwei Jahren vor dem Beginn des Irak-Krieg 935 Mal Falsch-Aussagen ins Spiel gebracht, die es ihr erlaubt hat, diesen Krieg zu legitimieren.

Zeitliche Verteilung der Fehlaussagen der amerikanischen Regierung

“Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit”, das kennt man. Doch muss man es noch radikalisieren: “Die Wahrheit wird geopfert, damit es Krieg gibt”. Und das machen nicht nur Propagandisten, nicht nur Spin-Doctoren. Es ist das Geschäft von Regierungen. Das jedenfall ist die Ansicht von Charles Lewis, dem Gründer des Center for Public Integrity, der die Ausserungen von Spitenvertreter der gegenwärtigen amerikanischen Regierung und Administration untersucht hat.

Besonders oft werden Hinweise auf irakischen Massenvernichtungswaffen und Verbindungen der irakischen Regierung zum Terrornetzwerk Al Kaida genannt. US-Präsident George W. Bush und sein damaliger Außenminister Colin Powell waren dabei 260 resp. 254 bewussten Falschaussagen die Spitzenreiter der Riege. Zu den Spitzenpolitikern zählen gemäss Studie auch Vize-Präsident Dick Cheney, die ehemalige nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sowie Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Bush und sieben seiner Spitzenleute hätten “methodisch” Fehlinformationen in Umlauf gebracht, schreiben die Autoren. Im August 2002, kurz vor der Kongressdebatte über eine Kriegsresolution, und Anfang 2003, als Bush seine Rede an die Nation gehalten und Powell seinen umstrittenen Auftritt im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gehabt habe, sei die Zahl der Fehlinformationen noch einmal “dramatisch” angestiegen, hieß es weiter.

Im Bericht der NZZ hierzu steht, dass sich neuerdings vor allem Oekonomen damit beschäftigen würden, unter welche Bedingungen Politikerlügen möglich und wahrscheinlich seien. Kurz zusammengefasst, argumentiert sie auf der Basis von rational choice: Wenn es keine Sanktionen gäbe, würde auch Politik nur ihren Interessen folgen, und wenn diese Interessen Lügen bedingen, würden sie Lügen, solange der damit angerichtete Schaden für die geringer als der Nutzen sei.

Ich halte mal dagegen: Das ist keine Erklärung des Phänomens, sondern eine Beschreibung des Problems. Politik werden nicht gewählt, um ihre eigenen Interessen zu realisieren, sondern um dem Gemeinwohl zu dienen. Das ist letztlich keine ökonomische, sondern eine moralische Kategorie. Sicher muss stets verhandelt werden, was das Gemeinwohl in einer gegenwärtigen Situation ist. Doch das gibt niemanden den Freipass, jenseits moralischer Grundsätze, die unantastbar sind, seine Interessen durchzusetzen.

Solange wir ein Menschenbild von PolitikerInnen haben, dass sie ohne Sanktionen amoralisch handelnde Individuen sein dürfen, liegen wir falsch. Sanktionen sollen nur einen Ausnahmefall korrigieren, nicht den Normalfall legitimieren. Kehren wir das um, dürften wir PolitikerInnen auch nicht mehr vertrauen. Denn genau das erlaubt es ihnen, nicht so handeln zu können, wie sie es nicht dürfen.

Die Studie

Lobbying und Blogs

“Dieser Blog versucht objektiv zum Lobbying zu berichten.”
So einfach fast der Lobby-Blog seine selbstgesteckte Aufgabe zusammen. Berichtet wird aus der Feder von Olaf Herrmann vor allem über Lobby-Organisationen, ihre Aktivitäten und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Hie und da gibt es auch Informationen zum Lobbying in der EU oder anderen Staaten. Die ersten Beiträge stammen aus dem Anfang des Jahres 2005, und sie wurden bis heute regelmässig nachgezeichnet. Die Verlinkung mit Organisationen, juristischen Grundlagen und Fachbegriff ist sehr hoch.

Klar kritischer eingestellt zum Lobbying ist der Blog “LobbyControl. Initiative für Transparenz und Demokratie“. Nach eigenen Angaben gibt es auf dem Blog aufklärende Information über Lobbying, PR-Kampagnen und Denkfrabriken. Der Schwerpunkt ist wiederum Deutschland, doch erstrecken sich die Beiträge auch auf zahlreiche andere politische Systeme. Die am meisten vergebenen Tags sind denn auch Lobbying, Europa, Medien und Parteien. Wer mehr Systematisches dazu lesen will, kann sich auch das Buch: Ulrich Müller/ Sven Giegold/ Malte Arhelger (Hg.): Gesteuerte Demokratie? Wie neoliberale Eliten Politik und Öffentlichkeit beeinflussen. Hamburg 2004, kaufen und verarbeiten.

Politische Steuerung vs. politische Intervention

“Lobbying” als politikwissenschaftliche Kategorie ist ein Begriff, der aus dem amerikanischen Kontext stammt. Zunächst ist er eng mit dem dortigen Parlament, seinen Hearings, den Interessengruppen und dem Wettbewerb der politischen Ideen verbunden, denn dieser wird durch professionelle Fürsprecher, den Lobbyisten, verbunden.

Peter Köppl hat mit seinem Buch “Power Lobbying” ein Standardwerk in der deutschen Sprache vorgelegt.

Lobbying als Beeinflussung
Lobbying ist sind demnach spezifische Formen der Beeinflussung von Entscheidungen, die Parlamente, Regierungen und Verwaltungen treffen, jedoch nicht durch diese selber, sondern durch Aussenstehende, sei es durch direkten Kontakt mit den Entscheidern oder indirekt, durch die Beeinflussung von Entscheidungsgrundlagen wie etwa der öffentliche Meinung.

Der amerikanische Begriff wird zunehmend auch auf andere politische Systeme übertragen, da sich die Phänomene in vergleichbarer Form zeigen, selbst wenn die strukturellen Voraussetzungen des Lobbyings in der UNO, der EU oder auch der Schweiz sehr unterschiedlich sind. Zudem wird er immer mehr in der Oeffentlichkeit verwendet, meist undifferenziert und negativ besetzt. Gerade auch deshalb ist eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Begriff nötig.

Lobbying als Intervention
Im vorherrschenden Denken wird Lobbying in der Regel mit der Intervention verbunden. Wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle oder umweltorientierte politische Akteure intervenieren in einem laufenden Prozess, um nach Möglichkeit ihre Interessen durchzusetzen. Das entspricht der gängigen Vorstellung der Ausübung von Macht, die Max Weber entwickelt hat. Demnach sind jene Akteure mächtig, die in einer Entscheidung ihre Interessen, auch gegen den Willen anderer Durchsetzen können, egal, worauf das basiert.

In der politikwissenschaftlichen Analyse des Lobbyings hat man dieses vereinfachende Verständnis gleich doppelt hinterfragt: Mit der ersten Erweiterung wurde die Machtdefinition selber modifiziert. Mächtig ist auch oder vor allem, wer laufende Prozesse stoppen oder noch nicht verhandene Abläufe für eine Entscheidung anstossen kann. Die Verhinderung von Entscheidungen, aber auch ihre Initiierung sind demnach wichtige Vorgänge des Lobbyings. Nur schon das wird gerne vergessen. Die zweite Erweiterung des Lobbyingverständnisses, die im Alltag gerne übersehen wird, betrifft nicht eine einzelne Entscheidung, sondern die Beeinflussung politischer Akteure als solche. Der Begriff der Intervention versagt hier fast gänzlich. Besser ist der der Steuerung!

Lobbying als Steuerung
Politische Steuernde sind in der klassischen Betrachtungsweise der Politikwissenschaft, die Fritz Scharpf entwickelt hat, Regierungen. Sie sind die Akteuere, und sie verfügen über spezifische Ressourcen. Sie stehen Gesteuerten gegenüber, die Steuerungsrestriktionen unterliegen. Je nach Verhältnis von Ressourcen und Restriktion ergibt sich ein bestimmtes Verhältnis der Steuerungsfähigkeit resp. der Steuerbarkeit. Politisches Versagen ist so nicht zwingend Akteursversagen aufgrund der Unfähigkeit zu steuern; es kann auch von der Nicht-Steuerbarkeit der Wirtschaft, der Gesellschaft, der Kultur oder auch der Natur herrühren.

Nun kann die Begrifflichkeit der politischen Steuerung auch auf das Lobbying in einem umfassenden Sinne angewendet werden. Lobbying ist demnach nicht mehr nur Intervention, sondern Steuerung. Sie ist nicht mehr nur der Versuch, Entscheidung direkt zu beeinflussen. Vielmehr ist sie Lobbying die Steuerung der relevanten politischen Akteure in einem umfassenden Sinne.

Claude Longchamp

Peter Köppl: Power Lobbying. Das Praxishandbuch der Public Affairs, Wien 2003

Wahlen in der Mediengesellschaft

Aus dem Kurs “Politische Kommunikation für die Verwaltung” nehme ich einen überraschenden, aber umso wichtigeren Eindruck mit: Die Gespräche mit den Teilnehmenden, vor allem zum etablierten sozialwissenschaftlichen Wissen über Wahlen, Wählende und Wahlkampagnen, aber auch meine Verarbeitung zeigten mir, in welchem Masse heute politische Kommunikation in einer von Massenmedien geprägten Gesellschaft stattfindet, ohne dass man das in der Forschung genügend reflektiert.

Die Phänomene
Das Bundesamt für Statistik rechnete jüngst nach, dass sich in der Schweiz noch nie so viele Menschen bei einer Wahl geäussert haben wie 2007 bei den Parlementswahlen.- Selbstverständlich, die Wahlbeteiligung war schon höher als die 48,3 % vom vergangenen Oktober. Berücksichtig man aber gleichzeitig die Zahl der wahlberechtigten Männer und Frauen, kommt man absolut gesehen auf hächste je erreichte Zahl von EntscheiderInnen.
Die Wahlergebnisse sprechen zudem eine deutliche Sprache: Die kantonalen Eigenheiten in den Wahlergebnissen sind zwar nicht ganz verschwunden; sie sind aber, analog zur ganzen Entwicklung seit den 90er Jahren, rückläufig. Mehr und mehr kristallisiert sich ein gesamtschweizerisches Parteiensystem mit SVP, FDP, CVP, SP und Grünen als den hauptsächlichen Trägern der verschiedenen politischen Richtungen heraus.

Die These
Die hohe Mobilisierung einerseits, die Vereinheitlichung der Wahlergebnisse anderseits sind Ausdruck von Wahlen, die in erster Linie massenmedial geführt werden. Wahlkämpfe werden in, zu und gegen Medien geführt, die so vie vermittelte WählerInnen-Ansprache besorgen. Das persönliche Gespräch zwischen KandidatIn und WählerIn ist zwar nicht ganz verschwunden, aber fast bedeutungslos geworden.
Das hat eine Konsequenz: Ohne dieAnalyse des Wahlgeschehens in den Massenmedien, im redaktionellen wie im gekauften Teil, kann man Wahlergebnisse immer weniger verstehen.

Die bisherige Wahlforschung
Dennoch stützt sich gerade die politikwissenschaftliche Analyse von Wahlen immer noch auf die drei, mittlerweile klassischen Ansätze der Wahlforschung:

. auf den soziologischen Ansatz, der zurückliegende Konflikte ins Zentrum rückt, weil sie gesellschaftliche Spaltungen bewirkt haben, die in der Ausgestaltung des Parteiensystems weiterleben;
. auf den psychologischen Ansatz, der das Bedürfnis der Menschen, sich im öffentlichen Raum mit Vorbildern identifizieren zu können, betont, und deshalb die Symbolik von Parteien, ihren Wertehimmel, ihr Personal und ihre aktuellen Themenzüge untersucht,
. auf den ökonomischen Ansatz, der die Wählenden von ihren sozialen Kontexten befreit und ihre Entscheidungen auf reine Kosten/Nutzen-Ueberlegungen reduziert, denn so ist man überzeugt, zwischen der Wahl eines Katzenfutters und einer Partei gibt es keine wesentlichen Unterschiede.

Auch wenn die Kombination der Ansätze Verbesserungen in der Wahlanalyse liefert, bleibt das Grundproblem das Gleiche: Die Wählerperspektive alleine erklärt das Wahlergebnis nicht, denn es braucht auch die Medienperspektive.

Die neue Wahlforschung
Stefan Dahlem hat sich in seiner im Jahre 2001 erschienen Dissertation genau mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Die Wahlentscheidung für Parteie oder Kandidierende fürht er auf innere und äussere Faktoren der Wählenden zurück. Zu den äusseren gehören die wirtschaftliche Konjunktur, die soziale Lage und das politische Klima. Sie bilden die Realitäten mit denen sich die Massenmedien generell beschäftigen, und die die öffentliche Meinung prägen. Ihre Vermittlung erfolgt jedoch immer weniger durch personale Kommunikation, sondern durch mediale, die allenfalls im eigenen Umfeld verarbeitet wird. Die Wählenden entwickeln deshalb eine den Wahlen vorgelagerte Grundhaltung, mit der sie dem Geschehen begegnen: Dazu zählen ihre Gefühlslage, ihre Erfahrungen, ihr Wissen, aber auch ihre vorläufigen Verhaltensabsichten.
Auf dieser Basis verarbeiten sie nun das mediale Geschehen im Wahlkampf: Parteien leben von Persönlichkeiten, die sie medial repräsentieren. Sie inszenieren symbolisch Realitäten für die sie stehen wollen. Dabei müssen sie Werte kommunizieren, die zu ihrer Ideologie passen, denn dieser Mix lässt Parteiidentifikation entstehen. Aktualisiert wir diese Parteiidentifikation mit den wenigen Themen, die medial dominieren. Botschaften und Botschafter müssen sie besetzen, um eine generelles Meinungsklima entstehen zu lassen. Wem das am besten gelingt, der beeinflusst am stärksten die Wahlentscheidungen.

Meine Bilanz
Mit einer indivualistischen-rationalen Wahl, wie die Oekonomen glauben, hat das wenig zu tun. Mit einer gesellschaftlich vorbestimmten Entscheidung, wie die Soziologien unterstellen, wird man den aktuellen Trends auch nicht mehr gerecht. Vielleicht hilft noch der Ansatz der Psychologen, um zu verstehen, wie Wählende Wahlen als Mediengeschehen begegnen. Ohne eine vertiefte Beschäftigung mit den Erscheidungen des medialisierten Wahlkampfes selber kommt man jedoch nicht mehr weiter.
Eine Neuformulierung des Wahlforschung, die der Wahlentscheidung in den Mediengesellschaft gerecht wird, tut not!

Claude Longchamp

Stefan Dahlem: Wahlentscheidung in der Mediengesellschaft. Theoretische und empirische Grundlagen einer interdisziplinären Wahlforschung. Freiburg/München 2001

Weitere Bücher zum Thema sind:

Otfried Jarren, Patrick Donges (Hg.): Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Eine Einführung, 2. Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, 2006

Hans Mathias Kepplinger, Marcus Maurer: Abschied vom rationalen Wähler. Warum Wahlen im Fernsehen entschieden werden. Alber-Reihe Kommunikation, Band 30, 2005

Lobbying – eine neue politische Tätigkeit wird bekannter

Lobbying galt lange als verpönt. Es fand unter Ausschluss der Oeffentlichkeit statt. Es war das politische Tätigkeitsfeld, der grauen Mäuse.
Das ändert sich rasant. Die Tätigkeit wird öffentlich. Sie wird reglementiert. Und es beschäftigt sich die Wissenschaft mit ihr.
Sie sieht im Lobbismus eine Form der zielgerichtete Interessenvertretung in der Politik, in der Interessengruppen die Exekutive und Legislative direkt oder indirekt vie Oeffentlichkeit und Medien beeinflussen. Hierzu unterscheidet man zwischen Strukturen (den Lobbies wie Verbände, aber auch Firmen, Berater), Prozessen (Aufbau einer Stand-by-Struktur und operativer Aktionsformen) und Adressaten (Entscheidträger, Vermittler, Massenmedien).
Doch damit nicht genug: Das Lobbying wird bei Non-Profit- und Profit-Organisationen immer mehr eine institutionalisierte Tätigkeit, die neben die Unternehmenskommunikation oder das Marketing tritt. Sie soll, wie die beiden anderen Bereiche auch, den Auftritt einer Firma oder eines Verbandes verbessern, aber auch gegenüber Oeffentlichkeit, Politik und Markt schlagkräftiger machen. Dafür braucht sie zusehends eine Koordination, die mit dem Campaigning geleistet werden kann.

Mit meinem Kurs “Lobbying – eine Tätigkeit wird öffentlich” will ich ins Phänomen einführen, die Tätigkeit der Lobbyisten beschreiben, aber auch analysieren, wie sich der Lobbismus vor allem in der Schweiz, aber auch in den USA und der EU entwickelt.

Angeboten wird dieser intensive Tageskurs nächstmals am 25. Januar auf der Weiterbildungsstufie des “MAZ – Die Schweizer Journalistenschule”. Die Teilnehmenden an diesem Kurs sind weniger JournalistInnen selber, sondern OeffentlichkeitsarbeiterInnen, die selber Lobbying betreiben, oder im Umfeld dieser zeitgenössischen politische Tätigkeit arbeiten.

Claude Longchamp

Die Bemühungen, Lobbying als politische Tätigkeit bekannt zu machen, hat in der Schweiz vor allem der Freiburger Kommunikationsberaters Othmar Baeriswyl gefördert, der an der Universität Fribourg aus seiner reichhaltigen Praxis lehrt und einen Sammelband, verfasst von seinen Studierenden resp. von KollegInnen, herausgegeben hat.

Politische Kampagnen und ihre Wirkungen für die Verwaltung

IPMZ transfer, die Praxisabteilung des Instituts für Publizistik- und Medienwissenschaft der Universität Zürich, führt seit Längerem den Lehrgang “Politische Kommunikation der Verwaltung” als berufsbegleitendes Nachdiplomstudium durch.

Der Kurs, der 6 volle Arbeitstage dauert und das nächste Mal vom 17. Januar bis 29. Februar 2008 stattfindet, behandelt zunächst Themen wie Journalismus und Mediensystem als Rahmenbedingung der politischen Kommunikation sowie Grundverständnisse, Begriffe und Reflexionen der Verwaltungskommunikation. Vorgestellt werden auch Inhalte und Nutzung staatlicher Informationskampagnen, nachweisbare Wirkungen von Wahl- und Abstimmungskämpfen, die Instrumente der PR sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen der Verwaltungskommunikation.

Die Kursleitung hat der Medienwissenschafter Joseph Trappel, gleichzeitig Leiter des IPMZ transfer, inne. Dozenten für die einzelnen Module sind unter anderem Otfried Jarren, Heinz Bonfadelli, Roger Blum, Ulrike Röttger, Frank Marcinkowski, Vinzenz Wyss, Werner A. Meier, Urs Saxer, Patrick Dinges, Alessia Neuroni, Rolf Wespe und ich.

Selber bin ich für den Teil “Politische Kampagnen und ihre Erfolgsaussichten” zuständig, der in einem Halbtag als Vorlesung mit Uebung bewältigt wird. Ich werde dabei drei Thesen vertreten und diskutieren:

1. Wahlkampagnen sind weltweit gut untersucht. Man kennt ihre Elemente, ihre Dynamiken und ihre Wirkungen. Sie lassen sich deshalb auch am besten planen. In Kenntnis dieser Grundlagen, werden Wahlkämpfe auch für die Verwaltung nachvollziehbar, selbst wenn diese Kampagnenform nicht durch Verwaltungen geführt werden.

2. Abstimmungskampagnen sind vor allem in der Schweiz recht gut untersucht. Es gibt anerkannte Konzepte der Analyse, empirische Regularitäten, aber noch keine eigentliche Theorie. Das hat vor allem mit der Variablität von Themen, Ausgangslagen und Kampagneformen zu tun. Dennoch kann man das Setting daraus, das Behörden direkt und indirekt betrifft, schon recht gut benennen, sodass eine rationale Kampagneführung durch politische Behörden möglich werden.

3. Eine geschlossene Sichtweise zur Wirkung der Themenkampagnen durch Verwaltungen, die es zu fast jedem Gegenstand und in fast jeder Form gibt, existiert noch kaum. Immerhin kann man aufgrund des vorläufigen Wissens und der Erfahrungen aus den ersten beiden Punkten plausible Hypothesen und Messinstrumente für ihre Verfi- oder Falsifizierung entwicklen. Das hilft der Verwaltung schon mal, Sinnvolleres von weniger Sinnvollem in der Planung, Durchführung und Evaluierung zu trennen.

Mein Modul ist zwar kommunikationstheoretisch angeleitet, aber aus der Praxis der Kampagnenanalyse auf nationaler, kantonaler und städtischer Ebene, die ich mir in den letzten 20 Jahren angeeignet habe, entstanden. Deshalb ist es keine Vorlesung zu Meinungsbildung und politischer Kommunikation für die Verwaltung auf der abstrakten und trockenen Ebene. Vielmehr ist es mir ein Anliegen, aus meiner grossen Erfahrung das herauszugreifen, von dem ich überzeugt bin, dass es sich bewährt hat und dass das Gesicherte auch verallgemeinert werden kann.

Entsprechend gehe ich eher induktiv vor, vermittle ich, gesichertes Wissen, wo es das gibt, und zeige anhand von Beispielen auf, was man heute in der Forschung zu politischen Kampagnen heute diskutiert.

Weitere Unterlagen zum Kurs und zu meinem Modul kann man unter www.weiterbildung.uzh.ch oder direkt beim Kursleiter trappel@ipmz.unizh.ch beziehen.

Claude Longchamp

Ich stelle mich vor …

Gerne stelle ich mich noch vor: Mein Name ist Claude Longchamp.

Ich bin am 14. März 1957 in Freiburg im Üchtland als Sohn von Pierre und Claire Longchamp-Stehli geboren. Ich bin in Fribourg französischsprachig, in Oberwil bei Basel und Buchs bei Aarau deutschsprachig aufgewachsen. Ich habe die Schule im Aargau gemacht und in Zürich und Bern studiert. Von meiner Ausbildung her bin ich Historiker, von meiner Tätigkeitkeit her eher Politik- oder Sozialwissenschafter.

Claude Longchamp, Politikwissenschafter/Historiker, Institutsleiter gfs.bern

Seit 2004 bin ich Institutsleiter, Mitglied des Verwaltungsrats und Vorsitzender der Geschäftsleitung des Forschungsinstituts gfs.bern. Seither bin ich auch Verwaltungsratsmitglied des gfs-Befragungsdienstes. am GfS bin ich seit 1986 in verschiedensten Funktionen tätig gewesen.

Meine Forschungsgebiete sind vor allem die Schweizer Politik (Wahlen, Abstimmungen, Parteien), aber auch die öffentliche Meinung (generell, namentlich zum Staat, aber auch zu neuen Technologien, zur Gesundheitspolitik und zur Europapolitik). Ich mache zudem Verhaltens- und Imagestudien zu politischen Akteuren im Entscheidungsprozess.

Bis 1992 unterrichtete ich als Lehrbeauftragter an der Universität Bern im Fach Politikwissenschaft. Seither bin ich als freier, aber regelmässiger Dozent an verschiedenen Universitäten (Universität Freiburg, Universität Zürich, Universität Bern, Universität Lausanne) und an verschiedenen Fach(hoch)schulen (Winterthur, Zürich, Luzern) tätig. Ab 2008 werde ich an der Universität St. Gallen im Rahmen des Lehrganges International Affairs das Fach „Politik in der Praxis“ unterrichten. Meine sonstigen Themen in der Lehre sind vor allem Tools wie die Demoskopie zur Analyse der BürgerInnen-Meinungen, aber auch das Lobbying als konkrete Form des politischen Handelns.

Seit 1992 bin ich in ausseruniversitären Vermittlung von Forschung aktiv. Ich habe seit 1992 an alle eidg. Abstimmungssonntagen Analysen und Kommentare für die SRG SSR idée suisse gemacht. Ich habe auch die Wahlen 1995 bis 2007 für das gleiche Medienunternehmen untersucht und vermittelt. Meine Aktivitäten bei anderen Massenmedien waren früher ausgiebig. Sie sind heute, wegen eine gewissen Distanz zum vorherrschenden Thesenjournalismus geringer geworden. Ich ziehe es dafür vor, mich via Blog wie den Kommunikationsblog direkt an die Oeffentlichkeit zu wenden.

Seit 2004 führe ich zudem regelmässig historisch-politisch-kulturelle Stadtführungen durch, vornehmlich für internationale Delegationen, PolitikerInnen, Verwaltungsmitglieder und Medienschaffende. Ich führe hierzu auch den Stadtwanderer-Blog.

Claude Longchamp

Longchamp 2008: damit habe ich fast gar nichts zu tun

Politische Kommunikation der Verwaltung

Am 24. Januar 2008 ist es soweit: Ich starte mit dem ersten Kurs in mein “Lehr-Jahr 2008”. Er findet im Rahmen der Weiterbildung der Universität Zürich statt. Veranstaltet wird er vom IPMZ transfer, der Link zwischen Theorie und Praxis des Zürcher Instituts für Publizistik- und Medienforschung.

Der ganze Kurs richtet sich an Externe der Universität, die als Führungskräfte oder Kommunikationsverantwortliche in der Oeffentlichen Verwaltung arbeiten. Er dauert 6 Studientage, und er findet zwischen dem 17. Januar und 29. Februar 2008 in Zürich statt.

Die Ausschreibung zum Kurs hält unter anderem fest: “Das Spannungsverhältnis im Dreieck “Verwaltung – Medien – Politik” steht im Mittelpunkt des Weiterbildungskurses. Die Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft sollen in dem Kurs für die Anliegen der Verwaltung erschlossen und nutzbar gemacht werden.”

Meinerseits werde ich über die Erfahrungen berichten, die öffentliche Informationsarbeit bei Volksabstimmungen bzw. in Themenkampagnen hat. Dabei geht es mir weniger um rechtliche oder auch politische Fragen, was man darf und was nicht. Vielmehr will ich vermitteln, was öffentliche Verwaltungen für Wirkungen erzielen, wenn sie kommunizieren. Ich stütze mich dabei auf rund 50 Fallstudien, die das Forschungsinstitut gfs.bern hierzu auf allen Stufen des politischen Systems der Schweiz gesammelt hat.

Die Ergebnisse der Forschung, die ich präsentieren werde, sind im Dispositionsansatz zusammengefasst worden. Diese resümiert meine Erfahrungen mit Meinungsbildungsprozesses unter Bedingungen kampagnemässiger Massenkommunikation, die ich im Wesentlichen zwischen 1992 und heute gesammelt habe. Seit 1998 biete ich diese Erkenntnisse für politische Akteure verschiedenster Provenienz in Kursform an.

Den Kurs am IPMZ findet so zum ersten Mal statt. Anmeldungen sind bis Anfang Januar 2008 möglich.

Claude Longchamp

Begrüssung

Wer, wenn er oder sie den Titel dieses Blogs liest, denkt nicht unweigerlich an den griechisches Philosophen Aristoteles und seinen Versuch, das Wesen des Menschen zu bestimmen?

Der griechische Philosoph Aristoteles erzieht den makedonischen Prinzip Alexander (später der Grosse) indem er ihn in das Wesen des Menschen und der Politik einführt

Doch wer, wenn er oder sie sich der Philiosophie von Aristoteles erinnert, bringt es fertig, sie in der Vergangenheit oder für die Zukunft nuteznbringend einzusetzen?

Genau das ist es, was ich mit meinen Kursen an Hochschulen und Universitäten 2008 anstreben möchte:

. Zielen, die Menschen haben, bekommen und sich selber geben, nachgehen,
. die Verwirklichung individueller Ziele im Kollektiv aufzeigen,
. die Verwendung der Vernunft in der Gemeinschaft, die Politik entstehen lässt, bestimmen,
. die Herrschaftsformen, Werte und Gesetze, die das alles regeln, untersuchen, und
. die Kommunikation, die zur Steuerung von Prozessen der Willen- und Meinungsbildung entsteht, analysieren.

“Wie im Samen der ganze Baum veranlagt ist, so ist im Menschen der Staat veranlagt”, sagte Aristoteles, weil er unterstellt, der Staat existiere, wo es Menschen habe. Er bilde sich als Folge der Zielverwirklichungen eben dieser Menschen aus, die als zoon politicon sich selber oder auch andere regieren wollen.

Doch Aristoteles bestimmte nicht nur den Menschen, die Politik und den Staat. Er gab nicht nur Uebersichten über das Wissen seiner Zeit, der er geprüft hatte. Er vermittelte dieses auch. Ohne Aristoteles hätte Alexander der Grosse, der ein Reich von Griechenland bis Pakistan aufbaute, keine so gründliche Ausbildung erhalten. Aristoteles war nicht nur Gelehrter, er war auch Lernender. Er wirkte nicht nur vor seinen Schüler im Gymansium, er war bildete auch die Herrscher seiner Zeit.

Das hat mich immer fasziniert!

Doch ich will mit meinen Lehrveranstaltungen 2008 nicht von der weit zurückliegenden Vergangenheit berichten. Sie werden sich auch nicht mit der unbestimmbaren Zukunft beschäftigen. Sie werden aber alle der Gegenwart gewidmet sein und sich auch mit ihrer unmittelbaren Vergangenheit und unmittelbaren Zukunft beschäftigen.

Sie sollen es dem zoon politicon, dem politisch denkenden und handelnden Menschen der Gegenwart ermöglichen, eine Perspektive zu entwickeln.

Ich werde die Lehrveranstaltungen auch nicht als Theoretiker realisieren. Ds können andere besser. Und ich will mich auch nicht auf die Empirie einschränken lassen. Das könnte ich zwar auch. Jedoch will ihc mehr: Ich will fragen, wie aus wissenschaftlichen Erkenntnissen eine politische und gesellschaftliche Praxis wird.

Ich will dem zoon politicon als Sozialwissenschafter vermitteln, wie und wann es gelingt, auf wissenschaftlichem Wege vorhandene Probleme zu erkennen, einer Lösung zuzuführen oder gar zu beheben.

Meine verschiedenen Kurse 2008 an den Universitäten St. Gallen, Fribourg, Zürich und Lausanne, an den Hochschulen Winterthur und Zürich sollen schliesslich nicht rein akademische Veranstaltungen sein. Sie sollen selber ein Teil der gesellschaftlichen und politischen Praxis werden.

Ich werde sie alle auf diesem Blog dokumentieren, und ich werde die nötigen Foren schaffen, dass die Kurse selber und ihre Produkte in der Oeffentlichkeit diskutiert und kommentiert werden können.

Ich hoffe, dieses Experiment in meinem Lehr-Jahr gelingt!

Claude Longchamp

Hochrechnungen zu den Volksabstimmungen vom 28. November 2010

trend_steuergerechtigkeit

Die Vorbefragungen unseres Instituts für die SRG ergaben bei der Steuergerechtigkeits-Initiative ein 46:39 bei 11 Prozent Unschlüssigen. Der Trend von der ersten zur zweiten Befragung war klar negativ. Das Nein nahm zu, das Ja ab. Setzt sich das fort, ist die Ablehnung wahrscheinlicher als die Zustimmung. Die grösste Unsicherheit ergibt such aus dem wichtigsten Ereignis in der Schlussphase, der Wegzugdrohung einiger Reicher, die umstritten war. Sie war nach der Befragung, ist also hier nicht abgebildet.

Bei der Ausschaffungsinitiative wren 54 Prozent bestimmt und eher dafür, 43 bestimmt und eher dagegen. Der Trend war auch hier negativ, aber nur leicht. Die Zustimmung war 18 Tage vor dem Abstimmunssonntag immer noch knapp im Ja. Die grösste Unsicherheit ergab sich hier aus der Mobilisierung. Aufgrund der Umfrage war keine Aussage über der Ständemehr möglich.

Beim Gegenvorschlag lauteten die letzten Befragungswerte 43 Prozent bestimmt und eher dafür, während 49 Prozent bestimmt und eher dagegen waren. Ein wirklicher Trend war hier nicht ersichtlich.