13 Gründe, warum Obama Präsident wird

Als Alternative zu Umfragen vor Wahlen haben sich gerade in den USA Prognosemodelle entwickelt, die aufgrund der Wahlumstände qualitative oder quantitative Aussagen über Sieger und Verlierer zulassen. Das ist zwar kein Ersatz für Wahlbefragungen, aber eine Erweiterung für die Analyse der Gründe von WählerInnen-Entscheidungen.

Alan Lichtman, Professor für Geschichte an der Amerikanischen Universität von Washington DC, hat rechtzeitig vor den diesjährigen Wahlen in der Zeitschrift “New Scientist” ein interessantes Prognosemodell vorgeschlagen. Anders als Politökonomen, die in der Regel nur oder vor allem auf die Wirtschaftslage abstellen, hat Lichtman 13 politiknahe Kennzeichungen von Wahlen entwickelt, die es in den vergangenen 6 Wahlen erlaubt haben, korrekte Aussagen zu amerikanischen Präsidentschaftswahlen zu machen. Sie lauten:

1. Does the incumbent party hold more seats in the House of Representatives after the midterm election than after the preceding midterm election?
2. Is there a serious contest for the incumbent-party nomination?
3. Is the incumbent-party candidate the current president?
4. Is there a significant third-party or independent candidate?
5. Is the economy not in recession during the campaign?
6. Does per capita economic growth during the term equal or exceed mean growth for the preceding two terms?
7. Has the administration effected major policy changes?
8. Has there been major social unrest during the term?
9. Is the incumbent administration untainted by major scandal?
10. Has there been a major military or foreign policy failure during the term?
11. Has there been a major military or foreign policy success during the term?
12. Is the incumbent-party candidate charismatic or a national hero?
13. Is the challenger not charismatic or not a national hero?

Nicht alle Fragen lassen sich eindeutig beantworten resp. quantifizieren. Aber sie führen zu einer Einschätzung der Wahlchancen der zwei wichtigsten Bewerber, die im Vergleich zu den Wahlchancen, die frühere Bewerber hatten, beurteilt werden können. Daraus ergibt sich dann die Prognose für 2008.

Lichtman folgert, dass am kommenden Dienstag Obama gegen McCain gewinnt. Er werde mit 55 Prozent der Stimmen gewählt werden.

Mein Kommentar
Veröffentlicht wurde die Studie am 22. Oktober 2008, also nur zwei Wochen vor den kommenden Wahlen. Entwickelt wurde das Vorgehen indessen früher, und es hat sich in der Rückschau mehrfach bewährt. Und das zeigt den Unterschied solcher Ableitungen des Wahlssieger von den üblichen Herleitungen. Repräsentativ-Befragung definieren die Erwartungshaltung, die dann, zahlreiche andere Prognosen als wahrscheinlich oder weniger wahrscheinlich erscheinen lassen.

Ersetzt werden Wahlumfragen dadurch nicht. Denn sie bilden unverändert den Mikrokosmos der Entscheidungen ab, und sie ergeben, aufaddiert in repräsentativen Stichproben verlässliche Grössenordnungen, für das was momentan Sache ist. Erweitert wird aber durch Modelle wie das von Lichtman die makro- und mesopolitische Analyse der Entscheidungen. Bei Lichtman gefällt, dass er nicht nur ökonomische, sondern auch genuin politische Grössen verwendet.

Am kommenden Dienstag wissen wir mehr, ob aus solchen Retrognose auch Prognosen gemacht werden können.

Claude Longchamp