Arbeitsmarkt-Rating für universitäre Studiengänge.

In seiner heutigen BZ-Kolumne kritisiert Rudolf Strahm, Ex-Preisüberwacher der Schweiz, SP-Nationalrat aus den Kanton Bern und seit Jahren erfolgreicher Sachbuchautor die Hochschulautonomie. Als Korrektiv der vorherrschenden Selbstreferenz schlägt er unter anderem ein Arbeitsmarkt-Rating für universitäre Studiengänge vor.

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Rudolf Strahm will nicht die einzelnen Besetzungen von Professuren beeinflussen, die Kriterien der Professorenwahlen Richtung Praxistauglichkeit erweitern.

Anlass der Kritik ist der Berner Universitätsgesetz, das 2010 beraten und in Kraft gesetzt werden soll, um den Autonomiegrad der Universität zu erhöhen.

Rudolf Strahm, Chemiker und Volkswirtschafter, Dozent an verschiedensten Hochschulen, weiss, dass gerade seine Generation, die 68er, die Hochschulautonomie hochgehalten hatte. Denn die obersten Bildungsanstalten sollten Orte der Ideenentwicklungen sein, um gesellschaftliche Innovationen auszulösen. Heute werde Autonomie jedoch anders verstanden, schreibt Strahm: als Selbstreferenz des Bildungswesens, um Universitätskarrieren zu erleichtern.

Das müsse mit dem Universitätsgesetz korrigiert werden, fordert Strahm mit Hinweis auf die 280 Mio. Franken Steuergelder, welche der Kanton jährlich an die hiesige Uni leiste. Konkret verlangt er, Praxiserfahrung, Lehrbefähigung und Organisationskompetenz zusätzlich zum wissenschaftlichen Ausweis als Kritierien für die Wahl auf eine Professur aufzunehmen.

Zudem schlägt er ein Rating vor, dass die Arbeitsmarktfähigkeit von Fakultäten und Studiengängen aufzeigt. Dieses soll der Oeffentlichkeit klar machen, wie viele StudienabgängerInnen eine Anstellung gefunden haben, die ihrem Studienabschluss entspricht.

Eine Diskussion hierzu ist sicher zu begrüssen: einmal, weil das Bildungssystem den Doppelcharakter der Wissenproduktion an sich, aber auch der Ausbildung von SpezialistInnen ausserhalb des Hochschulsystems hat; sodann auch, weil die lokalen Entwicklungen nachhaltig von der globalen und regionalen Ausstrahlung einer Uni abhängen.

Ein Gespräch, das ich diese Woche mit einem Kollegen einer süddeutschen Uni bestätigt mich darin. Denn die Schaffung des neuesten Lehrstuhls für Politologie sei direkt an den Nachweis geknüpft worden, das man die Brauchbarkeit des Wissens für den Arbeitsmarkt beweise.

Claude Longchamp