Wie weit nach Osten dringt das Nein aus der Westschweiz bei der AHV21 noch vor?

Die Meinungsbildung zur AHV-Reform kommt nicht vom Fleck. Das zumindest suggeriert die 2. Tamedia Umfrage zu den eidg. Abstimmungen vom 25. Sept. Meine Einordnung.

Die heute Morgen erschienene Tamedia-Umfrage zeigt:

. unentschieden zur Massentierhaltungsinitiative (48:49(3))
. Ja zur Zusatzfinanzierung AHV (54:43(3))
. knapp Ja zum AHV-Gesetz (52:47(1))
. Nein zum Verrechnungssteuergesetz (34:49(17).

Keine Angaben werden zum Ständemehr gemacht. Bei den ersten beiden Vorlagen zählt es aber ebenso wie das Volksmehr.

Erste Trends

Nur bei der Massentierhaltungsinitiative ist der Ja-Anteil eindeutig rückläufig (-7%p.). Bei den beiden AHV-Vorlagen ist die Zustimmungstendenz um 3%p. resp. um 1%p. kleiner geworden. Bei der Verrechnungssteuer steigt es um immerhin um 4%p.
Auch wenn die Trends bei den AHV -Vorlagen gering sind. Eine Zunahme ie meist bei einer Behördenvorlage gibt es nicht. Bis jetzt scheinen die Ja-Kampagnen weder Unschlüssige, noch die latente Gegnerschaft zu überzeugen.

Unterschiede zur SRG Umfrage bleiben

Größer sind die Unterschiede zur 1. Welle der SRG-Befragung von gfs.bern. Die AHV-Vorlagen schneiden da insgesamt einiges besser ab. Doch gibt es hier vorerst keine zweite Welle, die Trends empirisch bestimmen würde. Mit der Theorie von gfs.bern stimmt nur der Rückgang bei der Massentierhaltungsinitiative überein. Bei den Behördenvorlage sind die Tamedia-Entiwcklungen möglich, aber nur ein Szenario.

Drei sinnvolle Hinweise

Es drängen sich folgende Kommentare auf:

Erstens, bei der Zusatzfinanzierung der AHV ist gemäß Tamedia-Umfrage der Unterschied zwischen den Sprachregionen groß. In der deutschsprachigen Schweiz wollen 57% zustimmen, in der Suisse romande 59% und in der Svizzera italiana 53% ablehnen. Damit könnte die Frage des Ständemehrs auf das Tapet kommen. Denn bei Zustimmungswerten von unter 55% und einem klaren Ost/West-Gefälle ist stets damit zu rechnen. Matchentscheidend könnten Kantone wie Luzern, Zug, Solothurn und Basel-Landschaft werden. Und: Ein Stände-Nein würde die ganze Reform über den Haufen werfen.
Zweitens, beim AHV-Gesetz ist gemäß Tamedia-Umfrage weiterhin der Geschlechter-Unterschied von Belang. Die Differenz beträgt immer noch rekordverdächtige 35%p. Der bisher höchste Unterschied bei Abstimmungen lag bei 19%p. Parteipolitisch gibt es zwar nur bei den Wählenden der SP und Grünen Nein-Mehrheiten. Doch doch sind die bürgerlichen Parteiwählerschaften wegen des gender-gap‘s bei Weitem nicht geschlossen im Ja. Namentlich auf die bürgerlichen Frauen wartet also viel Überzeugungsarbeit.
Drittens, in der Verrechnungsteuer gibt es in der Tamedia-Umfrage nur bei der FDP-Wählerschaft eine gesicherte Zustimmungsmehrheit. Zwar haben SVP, Mitte und GLP die gleiche Vorgabe gemacht. Doch bleiben ihre Wählerschaften in einem erheblichen Maße unschlüssig. Entscheidend wird hier sein, wohin Spätentschiedene kippen werden.
Nicht mehr ganz auszuschließen ist selbst das Szenario, dass das Nein zur Verrechnungssteuer für den nötigen Schwung sorgt, der alle drei Behördenvorlagen kippt.

Zwei nötige Relativierungen

Es sind auch zwei Relativierungen nötig:
Zunächst: Die zweite Tamedia-Umfrage ist wie immer nicht das Ende der Fahnenstange. Die wird erst am Abstimmungstag erreicht. Dann wird diese Umfrage fast wir Wochen alt sein. Zudem sagt sie leider gar nichts über die Mobilisierung der Parteiwählerschaften aus. Das lässt einiges offen.
Sodann: Schon mehr als einmal hat gerade die zweiten Tamedia-Umfrage eine Richtung der Meinungsbildung suggeriert,die sich in der dritten Welle oder dem Abstimmungsresultat nicht bestätigte. Das zeigte jüngst eine Zusammenstellung zu den Tamedia-Trends bei Behördenvorlagen, die Matthias Bürcher vorgelegt hat.

Vorsicht also bei Schlussfolgerungen und bei Kampagnenplanungen!