#Konzernverantwortungsinitiative: Junge Frauen nahmen fast doppelt so häufig teil wie junge Männer

Es gehört zu den gut bekannten Eigenheiten der Beteiligungsstatistik in der Schweiz und im Ausland: Männer partizipieren politisch etwas häufiger als Frauen. Doch halt! Nun kommt etwas Neues auf uns zu.

Am 29. November 2020, als schwergewichtig über die Konzernverantwortungsinitiative abgestimmt wurde, war das anderes. Jedenfalls teilweise.
Bei den U40 beteiligten sich 56% der jüngeren Frauen, aber nur 32% der jüngeren Männer.
Spontan gesagt: So etwas habe ich noch nie gesehen!

Frühere Hinweise
Erste Hinweise gab es bei den Parlamentswahlen im Kanton Zürich 2019. Auch da galt: Die Beteiligung junger Frauen war kräftig im Plus, die alter Männer im Minus
Ansätze in diese Richtung gab es auch bei den eidg. Parlamentswahlen 2019 regional, wenn sie auch nicht verallgemeinerbar waren.
Das spricht dafür, dass sich in der Schweizer Politik etwas ändert, aber nicht nur strukturell, sondern auch von der lokalen Mobilisierung her.
Generell könnte man von einer politisch erwachten neuen Generation Frauen sprechen. Klimafragen standen wohl weltweit am Anfang der Entwicklung. Auch auch die Bewegung gegen sexuelle Belästigungen, weltweit aufgewacht, gehen in diese Richtung.
In der Schweiz kam die geschlechtsspezifische Diskriminierung in zahlreichen Lebensbereich hinzu, die mehrheitlich Frauen triff.
Dies alles war häufig in den Medien. Der Frauenstreik mit vielen jungen Müttern war ein Highlight. Aber auch die letzten eidg. Wahlen brachten bisher unbekannt Veränderungen.
Das alles hat ein verbreitetes Bewusstsein geschaffen, endlich etwas zu ändern. Es sind beispielsweise neue Netzwerke wie “Helvetia ruft!” entstanden, die sich genau dem annehmen. Aber auch aus Lokalparteien vor allem links Mitte berichtet man zahlreichen Eintritten, überwiegend von Frauen. So gesehen kommen die neuesten Daten aus der VOX-Analyse nicht aus heiterem Himmel. Sie sind nicht überraschend, aber sensationell.

Aufbrechende Konfliktlinie
Ich sehe sie bewusst als Teil einer Konfliktlinie an, die in der Schweiz schon lange schwelt, aber erst mit den Brüchen angesichts des Klimawandels wirklich aufgekeimen. Junge Frauen, meist aus Städten, nehmen das Heft in die eigenen Hände. Die Wahlen ins Stadtberner Parlament, die gleichentags stattfanden, verweisen darauf. Auch sie ergaben Schweizer Rekorde für den Frauenanteil und ein tiefes Durchschnittsalter.
Typisch für Konfliktlinien sind Brüche in der politischen Tektonik, denn es entstehen zwei Lager. Auch bei den Männern finden Veränderungen statt, wenn auch nicht so konzentriert bei einer soziologischen Gruppe. Dafür spricht, dass die Konzerverantwortungsinitiative von 57% der stimmenden Frauen angenommen, aber von ebenso 57% der stimmenden Männer aber abgelehnt wurde.
Sie gaben den Entscheid, wenn auch nicht beim Volksmehr, so doch via Ständemehr.

PS: Von VOTO wieder zu VOX: Die heute erschienene VOX-Analyse von gfs.bern löst die VOTO-Analyse von FORS ab. Nach vier Jahren Unterbruch vom sie wieder von gfs.bern, neu in Zusammenarbeit mit dem anneepolitique des Instituts für Politikwissenschaft an der Uni Bern – das nach einer Neuausschreibung des Projekts durch die Bundeskanzlei.