Volksabstimmungen vom 7. März 2021: Normalentscheidungen erwartet

Fassung vom 5. Januar 2021

Regierung und Parlament empfehlen den Stimmberechtigten die Annahme der elektronischen Identifizierungsdienste resp. des Freihandelsabkommens mit Indonesien. Sie lehnen die SVP-Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot ab, haben aber einen indirekten Gegenvorschlag beschlossen. Die StimmbürgerInnen (bei der Verhüllungsinitiative auch die Kantone) stimmen am 7. März 2021 über alle drei Vorlagen ab. Mit welchen Ausgängen ist zu rechnen?


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Noch liegen keine spezifischen Umfragen vor, die eine gesichertere Einschätzung der Stimmabsichten erlauben würden. Immerhin kann man mit drei Ersatzgrössen erste Einschätzungen vornehmen.

Rechtsform
Da ist zunächst die Rechtsform, die meist die Allianzbildung im Parlament entscheidet. Denn Volksinitiativen werde da in aller Regel mehrheitlich abgelehnt; Behördenvorlagen müssen mehrheitlich angenommen werden. Das wirkt sich auch auf die Entscheidungen der Stimmenden aus. Denn Volksinitiativen scheitern meist, wenn auch nicht immer. Doch stammt der letzte volle Erfolg aus dem Jahre 2014. Umgekehrt haben Vorlagen, gegen die das Gesetzesreferendum ergriffen worden ist, eine intakte, Chancen angenommen zu werden, wenn die behördliche Zustimmung gross genug war.

Schlussabstimmungen
Damit sind wir bei den Schlussabstimmungen im Parlament, dem zweiten Proxy für Volksentscheidungen. Namentlich die im Nationalrat zeigen Mehr- und Minderheiten resp. Konfliktmuster recht zuverlässig an. Das ist beim Ständerat weniger der Fall, da eine Tendenz besteht, sich in der Schlussabstimmung der Mehrheit anzuschliessen.
Einen minimalen Widerspruch von rechts gab es – nebst der weitgehend geschlossenen Opposition von links – bei Referendum gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien. Namentlich Bauernkreise versagten der Behördenvorlage bisweilen ihre Zustimmung. Das drückte in der Schlussabstimmung die Zustimmung. Doch blieb sie mit 62% einiges über der erforderlichen Mehrheit.
Die SVP-Initiative scheiterte mit einem Anteil an Zustimmung von 40%. Der rekrutierte sich aus den geschlossenen Reihen der SVP, einer Mehrheit der Mitte-Volksvertreter und einer Minderheit aus der FDP-Fraktion. Von links her gab es in der Schlussabstimmung keine einzige Zustimmung.
Beim Referendum gegen die elektronischen Identifizierungsdienste blieb die linke Opposition ganz unter sich. 74% Prozent der Abgeordneten in der grossen Kammer waren dafür.

Wettbörsen
Seit kurzem liegen, als drittes Tool, auch die ersten Ergebnisse der Wettbörse von 50plus1 vor. Sie gehen Wahrscheinlichkeiten an, mit denen einen Vorlagen angenommen oder angelehnt wird. Sie bestätigen, wenigstens aktuell, die bisherigen Einschätzungen, auch wenn sie sich eher auf die veröffentliche Meinung als auf Parlamentsentscheidungen stützen.
Am sichersten erscheint hier mit einem Wert von 94% das Nein zur SVP-Initiative, selbst wenn viele Börsianer mit einem Ja-Anteil von 40% plus rechnen. Am unsichersten ist hier die Vorhersage beim den elektronischen Identifikationsdiensten. Doch auch hier gehen 82 Prozent von einer Annahme der Behördenvorlage aus.

Zwischenbilanz
Bilanziert man die vorläufigen Annäherungen an das Endergebnis, erscheinen – selbst bei vorsichtiger Interpretation – drei Normalausgänge am wahrscheinlichsten. Angenommen würden demnach das Freihandelsabkommen mit Indonesien und die elektronischen Identifizierungsdienste, während die Verhüllungsinitiative scheitern würde.
Der Abstimmungskampf, der eben erst begonnen hat, muss aber zeigen, ob sich noch unerwartete Elite/Basis-Konflikt ergeben, sei es zwischen Stimmenden und Behörden oder zwischen Parteigängerschaften und Fraktionsmitgliedern. Denn sie heizen in aller Regel die mediale Berichterstattung an. Denkbar ist dies vor allem bei der sog. «Burkaverbotsinitiative».
Ohne dies dürfte das Interesse der Massenmedien ab den Volksabstimmungen vom 7. März im Mittel bleiben. Zu rechnen ist ebenfalls mit einer nur durchschnittlichen Beteiligung.