Die bisher beste Uebersicht zu den Berner Ständeratswahlen

Das sage einer noch, die Tagespresse habe die Recherche verlernt. Die Berner Zeitung präsentiert heute mit einer doppelseitigen Uebersicht zu den Berner Ständeratswahlen eine tolle Eigenleistung: ein Lob an das Medium, die Parteien und KandidatInnen, verbunden mit einem Gedankengang, der bisher kaum in die Berichterstattung eingeflossen ist.

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Allgemein rechnet man mit einem offen Rennen zwischen Christa Markwalder (FDP), Ursula Wyss (SP) und Adrian Amstutz (SVp), während Marc Jost (nicht auf der Bildmontage) nur Aussenseiterchancen eingeräumt werden.

Das könnte zum Benchmark für journalistische Berichte zu Ständeratswahlen werden: Die BZ zeigt heute, wo die 4 Berner StänderatskandiatInnen in 10 aktuellen Polit-Fragen stehen. Siei spekuliert zurückhaltend-korrekt, was mögliche Wahlausgänge sein könnten. Sie zeigt, wer im Nationalrat nachrücken würde, je nach dem, wer in den Ständerat wechselt. Sie will auch wissen, was die Gewählten im Herbst machen, wenn sie zur Widerwahl antreten müssen, bevor sie sich profilieren konnten. Und Hauptautor Urs Egli behandelt ausführlich, was sich die Parteien den Wahlkampf kosten lassen.

180’000 Franken hat die SP für beide möglichen Wahlgäng budgetiert. 120’00 Franken sind es bei der SVP, 100’000 bei der FDP. Die EVP beziffert ihre Ausgaben bei 10’000 Franken. Natürlich sind das alles Selbstdeklarationen; doch sie erscheinen nicht abwägig.

Die neue Transparenz ist bemerkenswert. Sogar über die Struktur des Mitteleinsatzes wird zwischenzeitlich geredet. Ein Prospekt für die 700’000 offiziellen Couverts mit den Unterlagen macht einen erheblichen Teil der Ausgabe aus; die EVP kann sich diese Werbung nicht leisten. Darüber hinaus kosten die Wahlplakate viel, und je nachdem reicht es auch für Inserate in Zeitung und Aktivitäten im Internet.

Bei der SP und der EVP bezahlt die Partei den Wahlkampf, bei der SVP und der FDP steuern die KandidatInnen etwas bei. Beide Parteien zählen auch darauf, in der zweiten Runde vom Handels- und Industrieverein ein nicht näher beziffertes Zusatzbudget gesprochen zu bekommen.

Wenn das Schule macht, verschwindet eine der oft beklagten Quellen der Intransparenz in schweizerischen Wahlkämpfen. Denn bisher weiss man offiziell wenig darüber, obwohl der Verdacht immer lauter ausgesprochen wird, dass es einen Zusammenhang zwischen Budgethöhe und Wahlerfolg haben könnte.

Besonders herausgestrichen sei, dass die bernischen SVP mitmacht, denn die schweizerische SVP, deren Vizepräsident Adrian Amstutz ist, weigert sich ja standhaft bekannt zu geben, was sie 2011 für die Wahlen auszugeben gedenkt.

Doch damit genug des Lobes an die Medien, Parteien und KandidatInnen. Einen Gedankengang, der noch kaum je erörtert worden ist, möchte ich hier als anregung beisteuren. Gleichzeitig mit den Berner Ersatzwahlen in den Ständerat findet die Konsultativ-Abstimmung über den Ersatz des Kernkraftwerkes in Mühleberg statt. Der Ausgang dieser Entscheidung erscheint ebenso offen wie der bei den Ständeratswahlen. Doch dürfte er diesen beeinflussen, wenn es in die zweite Runde geht: Sagt Bern Ja zum einem einem neuen KKW, kann der oder die bürgerliche FavoritIn deklarieren, er oder sie vertrete in einer der wichtigsten Streitfragen der kommenden Legislatur die Mehrheit der Bevölkerung. Stimmt Bern indessen gegen eines neues AKW, kan sich wohl nur Ursula Ursula Wyss strahlend in der gleichen Rolle präsentieren.

Spannung gibt es nicht nur am Sonntag, auch der Montag könnte interessant werden, wenn ….

Claude Longchamp