Immer diese Metaphern!

“Denken Sie jetzt ja nicht an einen Elephanten!”, ist einer der Lieblingssätze des Linguisten George Lakoff. Damit will er die Tragik des intellektuellen Diskurses in den USA aufzeigen. Denn wer das sagt, ruft unweigerlich tief sitzende Bilder einer Elephantenherde in den Hörern hervor, die in Afrika umherwandert, um Nahrung zu suchen. Und wer das vor Augen hat, wir unweigerlich über Elephanten nachdenken. Selbst wenn man als Sprecher das Gegenteil wollte.

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Als Geschäftsmann ist Lakoff gescheitert. Denn seinem Projekt, führende Institute der Demokraten nach “9/11” zu einer einflussreichen Denkfabrik zusammen zu fügen, um die kulturelle Hegemonie der Republikaner unter Georges W. Bush zu bekämpfen, ging nach weniger als 5 Jahren das Geld aus. Das heisst nicht, dass der Professor für Linguistik an der Berkley University auch die Ideen ausgegangen wären. Denn unentwegt forscht er über politische Methaphern, die “Auf Leisen Sohlen in unser Gehirn” dringen, und das politischen Denken so beherrschen.

Sprache entwickelt sich, aber langsam. Und so haben wir verschiedene Sprachen in uns behalten. Emotionen sind die älteste Kommunikationsform, die uns vor unheilvoller Bewegung beschützen. Bilder gehören ebenfalls zu den ursprünglicheren Formen der Kommunikation. In Metaphern leben sie auch in der abstrakten, auf Vernunft basierende neuesten Sprache weiter.

Etwa so begründet der Linguist Geroge Lakoff sein Interesse für Bildsprachen in unserer Kommunikation. Denn wer über sie herrscht, herrscht über unser Denken. Und das macht Metaphern in der Politik zu den heimlichen Machthabern.

Lakoff schätzt, dass die Republikaner die emotional eingängigeren Bilder für die US-Amerikaner entwickelt haben. Er nennt das wichtigste davon das “strenge Vater” Bild, das im konservativen Familienmodell fusst, auf Adam Smith’s “unsichtbare Hand” in der Wirtschaft und Charles Darwin’s “Ueberleben des Stärkeren” fusst. Damit kann man moralische Politik betreiben, Gesellschaftspolitik, Wirtschaftspolitik und internationale Politik. Dem möchte Lakoff demokratische Metaphern gegenüber stellen: das der fürsorglichen Eltern der Nationen, das auf einem progressiven Familienmodell basiert, und mit moralischen Steuern das Commonwealth-Prinzip hochhält.

Politische Framework-Arbeit nennt der beredete politische Linguist das. Denn er ist überzeugt, dass Fakten der abstrakten Sprache nicht für sich sprechen, sondern erst, wenn sie in einem bestimmten Rahmen erscheinen. Frames bestimmen, was wir sehen. Und sie bestimmen, welche Themen wir verhandeln. Framework-Arbeit ist Aufklärung und Absolutismus in einem. Denn sie macht bewusst, was die Politik bestimmt, und gleichzeitig ist ihre Anwendung stärker als die kritische Auseinandersetzung mit ihr.

George Lakoff, ursprünglich ein Anhänger von Noam Chomski, ist ohne Zweifel ist er einer der einflussreichsten Wortführer der amerikanischen Linksliberalen. So richtig politisiert wurde er mit 9/11, denn diese Epochenwende brachte den Siegeszug der konservativen Metaphern: die “Achse des Bösen” gehört genauso dazu wie die Aufforderung zum “Krieg gegen den Terror”. Ganz zu schweigen vom “Kampf der Kulturen”.

Ganz falsch sind die Analysen, die dahinter stecken ja nicht. Das weiss auch Demokrat Lakoff. Doch werden sie bildhaft zugespitzt, um eine ganz emotionale, bildhafte Deutung hervorzurufen, welche nicht stimmen müssen, indessen die politischen Diskurse bestimmen und die darauf basierenden Entscheidungen unbewusst beeinflussen sollen.

Das zu erkennen, die daraus entstehenden Fehler zu vermeiden, und in der Oeffentlichkeit einen von politischen Ideologien unabhängigen Diskurs zu führen, ist die grosse Absicht, die Lakoff unverändert von seinem Misserfolg mit dem Rockridge Institute verfolgt. Denn, so könnte man folgern, Barack Obama hat schneller begriffen, was der Linguist aus Kalifornien wollte, als es dieser pratisch umsetzen konnte.