Die Stunde der Wahrheit für die BDP.

Eine der zentralen Fragen bei den anstehenden Berner Wahlen betrifft die BDP: Zu was ist die Partei bei ihrem ersten grossen Einsatz bei kantonalen Wahlen fähig, und was kann man daraus für die nationalen Wahlen vom Oktober 2011 ableiten?

n171904410336_4034
Hoffnungsträgerin der Berner BDP: Beatrice Simon, die Seedorfer Gemeindepräsidentin, die in den Regierungsrat möchte.

Nach dem Ersatz von Christoph Blocher im Bundesrat durch Eveline Widmer-Schlumpf 2007 kam es in der SVP zur Parteispaltung. Die grosse Mehrheit blieb bei der Mutterpartei, eine Minderheit verliess sie und gründete 2008 die BDP. Stark ist sie in Graubünden, Bern und Glarus, wo ganze Teile der SVP übertraten, während sie in den anderen Kantonen fast von Null auf aufgebaut werden muss.

Am kommenden Sonntag kommt es mit den Regierungs- und Grossratswahlen im Kanton Bern zur ersten eigentlichen Nagelprobe für die BDP. In der Regierung hat sie den zurücktretenden Urs Gasche zu ersetzen; sie versucht dies mit der Kantonalpräsidentin Beatrice Simon. Und im Parlament geht es darum, die 16 GrossrätInnen zu bestätigen, was einem Anteil von rund 10 Prozent der Stimmen entsprechen dürfte.

Die kommunalen Wahlen, zu denen die Berner BDP bisher angetreten ist, stimmen die Partei optimistisch. In Rubigen machte die Partei auf Anhieb drei der sieben Sitze in der Exekutive und 45 Prozent der Stimmen. An den meisten Orten, wo sie für den Gemeinderat antrat, hatte sie Erfolg, blieb aber hinter der SVP zurück; einzig in Lyss und Köniz scheiterte sie ganz. In den Parlamentswahlen der Städte schnitt die BDP tendenziell noch besser ab. In Langnau realisierte sie 19 Prozent der Stimmen, in Burgdorf 17, Lyss 16, in Köniz 12 und in der Stadt Bern 8 Prozent.

Was alles kann das am Sonntagabend heissen? Erstens, schafft es die BDP bei ihrer ersten Beteiligung an kantonalen Wahlen den Regierungsratssitz zu halten und 10 Prozent der Stimmen zu machen, wird das die Partei mit Blick auf die eidg. Wahlen wohl positiv lancieren. Verliert sie in dessen den Regierungsratssitz beispielsweise an die SVP, wird die Wirkung umgekehrt sein. Und sollte sie darüberhinaus in einem ihrer Kernkantone unter 10 Prozent der Wählenden repräsentieren, wird man ihr gesamtschweizerisch kaum mehr Kredit gewähren.

Zweitens, kommt es auch auf die Herkunft der Stimmen an. Nimmt die BDP vor allem der SVP Stimmen weg, dürfte sich die Konkurrenzsituation zur grössten Partei der Schweiz verschärfen, und das Klima, das zwischen Parteien ausgesprochen angespannt ist, auch national prägen. Denn dann entsteht die Option, dass die BDP die gemässigte SVP werden könnte, die inhaltlich (ausser in dern Aussenpolitik) ähnlich politisiert, aber einen anderen Stil einbringt. Die Berner SVP hat das bereits erkannt, und spricht von der grössten Herausforderung in der Parteigeschichte.

Legt die BDP dagegen vor allem bei Neuwählenden, ehemaligen FDP- und CVP-WählerInnen zu, könnte national das politische Zentrum verstärken, aber auch die Bemühungen der bürgerlichen Parteien, sich da auszubreiten, vereiteln. Vor den kommenden nationalen Wahlen dürfte das die parteipolitische Konkurrenz in der Mitte erhöhen, was nicht unerheblich wäre für die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf.

Wie auch immer, nachdem die BDP in Glarus den geerbten Regierungsratssitz sichern konnte, sind die Erwartungen an die Partei gestiegen. Das wird auch die Aufmerksamkeit für das Berner – und bald auch das Bündner – Ergebnis verstärken, um eine Vorstellung zu bekommen, was 2011 national geschehen könnte, und zwar im Parlament, wie auch in der Regierung.