VordergrĂŒndig wirkt das Pro-Komitee zu den Biometrischen PĂ€ssen vertraut. Bekannte Personen aus Parteien und VerbĂ€nden sind gemeinsam im Co-PrĂ€sidium vertreten. Hintergrund ist aber einiges neu, denn das Komitee stĂŒtzt sich auf eine professionell aufgezogenes Netzwerk aus Wirtschaft und Politik. Tendenziell löst das technokratische Politikmodell jener der Parteipolitik ab.
Die neuartige Kampagnenzentrale: PR-Agentur Furrer.Hugi&Partner
Bruno Frick, Ruedi Noser, Maximilian Reimann, Edith Graf-Litscher und Hans Grunder vertreten die 5 Regierungsparteien im PrĂ€sidium des Pro-Komitees „Ja zur Reisefreiheit„. Lukas Briner, Gerold BĂŒrer, Hans-Jörg Leuzinger und Franz Steinegger reprĂ€sentieren die Schweizer Unternehmen, die Handelskammer, die Tourismusbranche und die ReisebĂŒros.
Neu ist, dass Komitee nicht mehr vom Generalsekretariat einer Regierungspartei gefĂŒhrt wird. Diese Aufgabe liegt in den HĂ€nden der PR-Agentur „Furrer.Hugi%Partner“ in Bern, die bereits in einigen nationalen Abstimmungskampagnen mitgewirkt hatte, jetzt aber ganz vorne steht. Economiesuisse, fĂŒr die kein KerngeschĂ€ft angesagt ist, bietet ihre Informationsdienstleistungen an, ohne selber Kampagne zu fĂŒhren.
Zu den politischen Ressourcen des Ja-Komitees zĂ€hlt insbesondere die e-Power-Initiative fĂŒr die Schweiz, ein Netzwerk prominenter Personen aus Wirtschaft und Politik. Ins Leben gerufen wurde die Plattform vom damaligen Wirtschaftsminister Joseph Deiss; seit 2005 wirbt sie fĂŒr ICT-Anliegen insbesondere beim Informationsstrategieorgan des Bundes.
Politisch wird dieser Wandel vom Nein-Komitee bereits ausgeschlachtet. Dabei diente die letzte Sessionswoche als Basis, von der aus die Geschichte nachbearbeitet wird.
Politikwissenschaftlich wird man eine divergente Diagnose stellen: Die Parteien im Abstimmungskampagnen werden immer mehr marginalisiert; ihre LeistungsfĂ€higkeit ist zwischenzeitlich nur noch beschrĂ€nkt, resp. konzentriert sich im aktuellen Fall auf die Empörungs-Opposition. In die LĂŒcke springen polit-ökonomisch ausgerichtete Netzwerke, die professionelle Interessenvertretung leisten. Von denen ist bekannt, dass sie als Erstes im Lobbying einsteigen, darĂŒber hinaus aber auch Public Affairs und Public Relations ĂŒbernehmen. Dazu zĂ€hlt auch die Kampagnearbeit. Dieses Novum in Schweizer AbstimmungskĂ€mpfen verspricht, die Parteipolitik abzulösen, muss sich aber bei Gelegenheiten wie dem zu den Biometrie-PĂ€ssen erst noch beweisen.
Claude Longchamp
Ja, superneue Erkenntnis: PR-Agenturen fĂŒhren im Auftrag von VerbĂ€nden Abstimmungskampagnen durch: WOW! Wie lange gibt es das in der Schweiz schon: seit 80 oder 90 Jahren?? Gratulation zu dieser Erkenntnis (und kleiner Tadel an JM BĂŒtner vom Tagi, der hier ein wenig abgeschrieben hat fĂŒr seinen Beitrag von heute…..).
Bei AbstimmungskĂ€mpfen fĂŒr Behördenvorlagen ist es seit Jahrzehnten absolut normal, dass befĂŒrwortende BranchenverbĂ€nde (zb Reise/Tourismus) PR-Agenturen fĂŒr die Leitung eines Pro-Komitees beauftragen. Parallel dazu gibt es in der Regel auch ein politisches Pro-Komitee, das von einem der Generalsekretariate der Bundes-ratsparteien gefĂŒhrt wird.
Als sich die Reise- und Tourismusorganisationen sowie economiesuisse im Verlauf des Februars 2009 im Komitee âJa zur Reisefreiheitâ organisierten, wurde offensichtlich, dass sich die Parteien nicht auf die âFederfĂŒhrungâ eines polit. Komitees einigen konnten. Deshalb hat das Komitee âJa zur Reisefreiheitâ auf Anregung von Nationalrat Ruedi Noser auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier aller Parteien ins CoprĂ€sidium resp. Komitee eingeladen und prĂ€sentiert sich nun als Komitee aus Wirtschafts-, Branchen- und Parteienvertretern.
Vielleicht etwas banal, diese ErklĂ€rung – aber dafĂŒr wahr!