Zwei Nein-Parolen verschlechtern Annahmechancen, ohne alles zu entscheiden

Sind zwei Regierungsparteien gegen eine Vorlage, die Bundesrat, National- und Ständerat verabschiedet haben, sinken die Chancen eine Annahme in der Volksabstimmung: In 7 von 10 Fällen resultierte ein Nein. Sicher ist die Ablehnung indessen nicht. Und verallgemeinernde Regeln gibt es ebenfalls nicht.

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Toni Brunner (SVP) und Christian Levrat (SP): Beide Präsidenten rufen ihre ParteianhängerInnen auf, die biometrischen Pässe abzulehnen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen (Quelle: Blick)

An diesem Wochenende haben zwei Regierungsparteien ihr (unterschiedlich begründetes) Nein zu den biometrischen Pässen entschieden. Sowohl die SP wie auch die SVP haben sich gegen die vorgelegte Form der Einführung eines e-Passes in der Scwheiz ausgesprochen.

Unter Konkordanzbedingungen (4 resp. 5 Parteienregierung, seit 1959) ist eine abweichende Partei fast schon der Normalfall. Der Ausgangs ist davon nur beschränkt betroffen.

Stellen sich dagegen 2 grössere Parteien gegen die Behördenentscheidung, handelt es sich um etwas Spezielles: 6 Mal formierte sich die Opposition aus den Reihen von SVP und FDP, 2 Mal empfahlen SP und CVP gemeinsam ein Nein, und je ein Mal war die SP mit der FDP resp. mit der SVP auf der ablehnenden Seite.

Die aktuelle Konstellation gab es in Referendumssituationen erst einmal: 2003, als der Souverän über ein neues Volksrecht, die allgemeinen Volksinitiative, entschied, waren SVP und SP gemeinsam dagegen.

Ja in % Jahr Vorlage
70.4 2003 Aenderung Volksrechte (Opposition SVP/SP)
68.0 2006 Familienzulagen (SVP/FDP)
63.3 1987 Abstimmungsverfahren Volksinitiativen (SVP/FDP)
45.5 1988 Koordinierte Verkehrspolitik (SVP/FDP)
45.3 2000 Förderung erneuerbarer Energien (SVP/FDP)
44.5 2000 Energielenkungsabgabe (SVP/FDP)
43.1 1985 Innovationsrisikogarantie (SVP/FDP)
37.2 2004 Gegenvorschlag Avanti-Initiative (SP/CVP)
33.0 1996 Arbeitsgesetz (SP/CVP)
28.5. 1978 Schwangerschaftsabbruch (SP/FDP)

Eine einfache Verallgemeinerung aus der Ausgangslage einerseits auf das Abstimmungsergebnis anderseits ist nicht möglich. In den 10 Fällen setzten sich 7 Mal die opponierenden Parteien durch, drei Mal die anderen. Eine gesicherte Regel, wie sich die doppelte Themenopposition auf den Abstimmungsausgang auswirkt, gibt es nicht.

Das hat mit weiteren erklärenden Faktoren zu tun, wie der Bedeutung der Abstimmung, die Intensität der Kampagnen und der Alltäglichkeit der Vorlage.

Uebrigens: Gemeinsam erfolgreich waren die politischen Kontrahenten SVP und SP mit ihrem Zangenangriff auf eine Behördenvorlage noch nie!

Claude Longchamp