Was die Tools zu den Abstimmungsausgängen neu aussagen

Nun liegen auch die Ergebnisse der 1. SRG-Umfrage zu den drei Vorlagen vom 7. März 20221 vor. Gemäss der letzten Erhebung besteht gegenwärtig eine Zustimmungsmehrheit bei allen Gegenständen. Allerdings weichen sie bei den beiden Referenden nur innerhalb des Unsicherheitsbereichs der Umfrage von 50 Prozent ab.


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Erwartbare Szenarien
Die erwartbaren Szenarien zur Weiterentwicklungen im Abstimmungskampf sind für Volksinitiativen und Gesetzesreferenden ungleich:
. Bei Volksinitiativen erwartet man in der Mehrheit der Fälle eine Abnahme der frühen Zustimmung und eine Zunahme der Ablehnung. Hauptgrund ist, dass sich die Meinungsbildung meist um die Schwachstelle des Begehrens dreht. Das wäre hier wohl das Kleidungsverbot. Der Ausgang des Verhüllungsverbots ist deshalb offen. Abweichende Fälle sind aber nicht ganz auszuschliessen, wenn der Problemdruck hoch eingestuft wird. Das ist bezogen auf die Präsenz von verschleierten Frauen in der Schweiz gegenwärtig kaum der Fall.
. Bei Gesetzesreferenden erwartet man in der Regel, dass sich die Unentschiedenen auf beide Lager verteilen. Das Ja wie das Nein nehmen also zu. Das würde bei den elektronischen Identifizierungsdiensten wie auch beim Freihandel mit Indonesien für ein finales Ja sprechen. Bei der “eID” ist das allerdings etwas weniger sicher als beim Freihandelsabkommen. Denn hier ist die Nein-Kampagne stärker einzuschätzen als bei der anderen Referendumsvorlage. Entscheidend wird die Frage sein, wer bei der gewählten Kombination für die “eID” zwischen Staat und Privaten glaubwürdiger argumentieren kann. Wichtigste ausschlaggebende Gruppen dürften dabei die SVP-Wählenden und die Parteiungebundenen sein.
Die vorläufigen Stimmabsichten sind nur das eine, was aus der Umfrage hervorgeht. Das andere sind die veränderbaren Anteile nicht. Das sind all jene, die nicht jetzt schon bestimmt wissen, was sie stimmen wollen. Gemäss gfs.bern-Umfrage machen sie zwischen rund 30% (Verhüllungsverbot) und rund 60% (Freihandelsabkommen). Da ist noch viel Luft, ja sehr viel Luft drin. Ueberraschungen im Abstimmungskampf können da auch zu unüblichen Verläufen der Meinungsbildung führen.

Unterschiede zwischen den Umfragen
Zwischen den beiden nun vorliegenden Befragungen von Tamedia und SRG gibt es einige Unterschiede. Sie erklären sich wohl durch die verschiedenen Erhebungsmethoden: Die Tamedia-Umfrage stützt sich alleine auf online-Erhebungen, die SRG-Umfrage basiert auf eine CATI-Befragung, ergänzt durch eine online-Erhebung.
Bekannt ist, dass gerade frühe Umfragen, die alleine auf dem Internet realisiert werden, Vorentschiedene stärker anspricht. Das drückt sich in höheren Anteilen für «Prädisponierte» aus (siehe Tabelle). Zudem wird durch die reine Mitmach-Rekrutierung bei Tamedia namentlich die online-affine Opposition zu stark berücksichtigt. Erhebungen mit verschiedenen Rekrutierungsverfahren gleichen solche Effekte besser aus. Entsprechend zeigt die Tamedia-Umfrage mehr Gegner bei den Behördenvorlagen resp. mehr Befürworter bei der Volksinitiative, als dies bei gfs.bern der Fall ist.

Neue Zwischenbilanz
Unsere vorläufigen Einschätzungen zu den Ausgängen lauten:

• Verhüllungsverbot: Ausgang offen
• eID: Ausgang eher Ja
• FH Indonesien: Ausgang Ja

Ueberprüfen wird man das, wenn die zweiten oder dritten Umfragen in den Serien vorliegen.

Claude Longchamp