Personen, die in Migrationsfragen ankommen resp. polarisieren

Letzten Sonntag verkündete der Sonntagsblick: “Schweizer schieben Blocher ab!” Zum neuen Shooting-Star der hiesigen Ausländerpolitik wurde Karin Keller-Sutter stilisiert. Ein Kommentar.

komp

Ich habe mir die Daten der dahinterliegenden Befragung von Demoscope genauer angesehen und komme zu folgendem Schluss: Gemessen wurde mit der Datenerhebung zweierlei – zuerst die Bekanntheit der Personen, dann der Polarisierungsgrad der ExponentInnen in Migrationsfragen.

Von den 16 geprüften Personen haben 12 kein wirklich sachpolitisches Profil, wenn es um Ausländerfragen geht. Was die Umfrage als Themenprofil ergibt, wird grösstenteils durch die Bekanntheit bestimmt. Personen wie Philipp Müller, Bastien Girod, Daniel Vischer, Hans-Ueli Grunder und Daniel Jositsch sind in der Bevölkerung der ganzen Schweiz schlicht zu wenig bekannt, um in der breiten Masse ein Themenprofil zu haben. Das gilt für PolitikerInnen wie Ueli Leuenberger, Adrian Amstutz, Ursula Wyss, Urs Schwaller, Fulvio Pelli und Chriphe Darbelley nicht im gleichen Masse. Denn sie sind durch ihre Rollen und Auftritte in der Schweizer Politik eindeutige bekannter. Ein wirkliches Sachprofil haben aber auch sie nicht, jedenfalls nicht in Migrationsfragen.

Anders beurteile ich die letzten vier der überprüften PolitikerInnen: Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter, als Bundesrat Chrsitoph Blocher und SVP-Präsident Toni Brunner. Bei ihnen gilt: Sie sind sehr bekannt. Man weiss, wofür sie stehen. Breite Teile der Bevölkerung akzeptieren ihre Positionen oder reagieren stark gespalten darauf. Letzteres gilt vor allem für die beiden Top-Exponenten der SVP, nicht aber für die beiden PolitikerInnen, die in der Migrationspolitik etwas zu sagen haben.

Die obenstehende Grafik belegt das. Sie gibt die Positionierung des politischen Personals auf zwei Dimensionen wieder: hinischtlich der Bekanntheit und der Glaubwürdigkeit in Ausländerfragen. Alle PolitikerInnen, die nahe bei eingezeichneten Strich positioniert sind, haben für die Wahlberechtigten kein wirklich migrationspolitisches Profil. Denn ihre diesbezüglichen Werte werden weitgehend durch ihre Werte für die (Un)Bekanntheit bestimmt.

Blocher und Brunner sind klar unter dem Strich, was nicht anderes heisst, als dass ihre Akzeptanz in diesem Themenbereich geringer ist als ihre Bekanntheit es vermuten liessen. Das ist bei Keller-Sutter einerseits, Sommaruga andersseits genau umgekehrt. Sie sind akzeptierter als man das aufgrund ihrer Bekanntheit erwarten könnte. Die Top-Relation zwischen beiden Indikatoren hat die St. Galler Regierungsrätin.

Haben damit auch die SP und die FDP die Themenführung in der Migrationsfrage übernommen? Ich zweifle stark. Denn unseer Bild von Parteien in Sachfragen wird vor allem durch ihre Politik bestimmt, weniger durch die Position von ExponnentInnen. Oder anders gesagt. Was Bundesrätin Sommargua sagt oder Regierungsrätin Keller meint, spricht zuerst für (oder gegen) sie. Der Imagetransfer auf die Parteien bleibt beschränkt.

Und so gilt: Wenn es um Migrationsfragen geht, mobilisiert die SVP die Meinungen der klagenden ThemenwählerInnen immer noch am besten. Nur fehlt es ihnen gegenwärtig als unbestritten Kommunikatoren. Das sollte sich auch die Blick-Redaktion merken, die Personenimages befragen liess, auf der Frontseite Parteienbashing betrieb.

Claude Longchamp