5 Jahre Medienpapst – eine kritische Zwischenbilanz

5 Jahre ist Benedikt XVI. nun Papst. Und seit fünf Jahren nutzt er Medienauftritte ganz bewusst. Was den Medienpapst ausmacht, analysiert ein neues Buch, das noch vor der laufenden Pädophilen-Debatte geschrieben wurde, ihre Charakteristik letztlich aber genau vorwegnimmt.

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Andreas Hepp und Veronika Krönert sind als MedienwissenschafterInnen an der Uni Bremen tätig. Im Rahmen eines grösseren Forschungsvorhabens haben sie die Kommunikation von Papst Benedikt XVI. (von Papst “Gutgesagt” also) aus kritischer Distanz untersucht.

Ausgangspunkt ihrer umfangreichen Abhandlung ist der Weltjugendtag von 2005, gleichsam der Beginn des neuen Pontifikates, das sie religionssoziologisch und medientheoretisch hinterfragen. Ihre These ist: Die katholische Kirche tritt neu systematisch auf dem medial vermittelten Sinnmarkt auf, um das Potenzial zu nutzen, begibt sich dabei aber in Abhängigkeiten. Die sehen die AutorInnen vor allem darin, dass sich der Papst als wichtigster Kommunikator der einmal gewollten Medieninszenierung kaum mehr entziehen kann – auch dann nicht, wenn er und seine Kirche es wünschten.

Dabei muss man nicht einmal an unrühliche Problemlagen der Aktualität denken. Denn hinter ihnen liegen Mechanismen verborgen, die sich auch bei anderen Protagonisten mit anderen Eigenschaften zeigen würden. Hepp und Krönert sehen das in drei Konsequenzen der Mediatierung von Religion begründet:

. in der sozialen Dimension der Individualisierung,
. in der räumlichen Dimension der Deterritorialisierung und
. in der zeitlichen Dimension zunehmender Unmittelbarkeit.

Was das heisst, erfährt man in den Verallgemeinerungen zur Beschreibung des Weltjugendtages: Denn wo Medien zum Ort des persönlichen Aushandelns von Sinnangeboten werden, wächst der Zwang, sich stets mediengerecht zu präsentieren: heterogen, um Teilöffentlichkeiten und Zielgruppen zu gefallen; translokal, um Netzwerker für sich zu gewinnen und markenorientiert, um sich von anderen Religionen abzugrenzen.

Unweigerlich kommen einem da die Probleme des gegenwärtigen Pontifikates in den Sinn: die umstrittene Polarität von Papst Benedikt zum Islam und Judentum, die durch Annäherung und Provokation gekennzeichnet ist, die heiss diskutierte Integration der Pius-Bruderschaft, die aufgrund falscher Informationen erfolgte, und die Nähe der Kirche zu historischen und politischen Gruppen, denen der Papst einmal nahe stand.

Die AutorInnen sind überzeugt: Das alles muss zwangsläufig in einer Entzauberung des religiösen Zaubers enden. Denn der “Schwarzmarkt der Religion”, wie sie die Medienöffentlichkeit nennen, wird grösstenteils von nicht kirchlichen Akteuren konstituiert, durch ihre Prinzipien bestimmt und durch Zuschauerzahlen legitimiert, die man mit medialen Tricks wie der Eventualisierung erreicht. Religionen werden so zwar populär, aber auch entsakralisiert.

Oder einfacher gesagt: Die Euphorie der Kirchen zu den Chancen eines Medienpapstes ist rasch einer Desillusionierung der Gläubigen gewichen, ohne dass Religion dadurch nachhaltig etwas gewonnen hätte.