Morgen, 29. November 2009, entscheidet die Schweiz in drei Volksabstimmungen über die Spezialfinanzierung des Luftverkehrs, das Verbot von Kriegsmaterialausfuhr und resp. des Baus von Minaretten. Die österreichische Internetplattform Wahlfieber sagt, was geschieht. Mehr weiss man morgen zwischen 13 und 14 Uhr, wenn die Hochrechnungen vorliegen.
Trends in den Erwartungshaltungen der Börsianer zur Finanzierung Luftverkehr, Verbot Kriegsmaterialausfuhr und Bauverbot von Minaretten.
“Ja, Nein, Nein”, prognostizieren die Wahlbörsen von Wahlfieber. Gerechnet wir mit einer Zustimmung von 64 Prozent zur Luftverkehrsvorlage der Behörden. Derweil nehmen die Trader an, beide Volksinitiativen scheitern. Bei der Minarett-Initiative gehen sie von 56, bei der Kriegsmaterialausfuhr von 58 Prozent Ablehnung aus.
Aktuelle Umfragen sind nicht verfügbar. Anders als Wahlbörsen unterliegen sie dem Reglement der Schweizer Institute für Markt- und Sozialforschung, das auf Wunsch der Politik vorsieht, die letzten 10 Tage vor einer Volksabstimmung nichts Neues mehr zu veröffentlichen. Damit sind die letzten Umfragen von Abstimmungen in der Schweiz zwischen mindestens zwei Wochen alt, wenn die letzte Abstimmungsurne geschlossen wird.
Die Händler via Internet kümmern solche Selbsteinschränkungen der Umfrageinstitute wenig. Sie setzen ihr Geld auf den erwarteten Ausgang. Sie bekommen ihre Geld vermehrt zurück, wenn sie den richtigen Wert vorhersehen. Anders als bei üblichen wetten, können sie ihre Meinung ändern, falls sie unterwegs einen anderen Ausgang prognostizieren. Wenn sie also die Zustimmung an der Börse unterbewertet finden, können sie Aktien kaufen resp. solche der Ablehnung verkaufen. Damit spiegelt der gemeinsame Aktienwert die aggregierten Erwartungen, die aus den jeweils individuellen Beobachtungen stammen.
Wer gewinnt bei den Ersatzwahlen in den Zürcher Regierungsrat? – Ernst Stocker, entschieden die Börsianer schon sehr früh und sehr eindeutig.
Sicher ist, dass solche Informationssysteme keine Stimmabsichten messen, aber Erwartungshaltungen wiedergeben. Fehlerfrei ist das nicht. Denn die Ergebnisse hängen von der Intensität des Handels ab, was wiederum durch die Aufmerksamkeit und Ereignisse in der Sache bestimmt wird. Das belegt die Wahlfieber-Kurve zur Ersatzwahl in den Zürcher Regierungsrat. Hierzu gab es bei Wahlfieber nur kurz Spannung, dann entschieden sich die Händler schnell und konstant für Ernst Stocker.
Claude Longchamp
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Interessant, mir war diese Beschränkung nicht bekannt – wobei sie die Auftraggeber wohl nicht betrifft, insofern zweitrangig …
Der Punkt ist interessant. In der Tat, die Selbstregulierung wurde von den Umfrageinsituten eingeführt, allerdings nicht freiwillig, sondern auch Wunsch der Politik.
Da sie immer einfacher umgangen werden kann, sollen sich nun die grossen Medienverlage und die SRG ihr anschliessen. Das haben die Beteiligten bereits beschlossen, aber noch nicht unterschrieben.
Der Hauptgrund ist, dass Institute aus dem Ausland das umgehen können, wenn sie nicht der Schweizer Vereinigung beitreten.
Vor den Wahlen 2007 geschah genau das. Alle Schweizerischen Institute machten 10 Tage vorher zu, doch ein taiwanesisches Institut mit Berner Ableger hielt sich nicht daran.
Noch unklar ist, wie weit auch verwandte Prodkute wie Wahlfieber davon betroffen sein werden. Und dieses Problem kann man nur nachfrageseitig definitiv lösen.
Den Beitrag habe ich mitunter auch deshalb geschrieben. Denn es braucht auch hier eine Diskussion über “gleich lange Spiesse”.
Rein statistisch ist der Wahlausgang klar:
Alles, was der Staat vorschlägt, wird meist angenommen.
Initiativen werden meist verworfen.
Finanzierung Luftverkehr ist dazu noch die typische Mogelpackung.
Wir leiten Geld dorthin um, wo wir es nicht wollen. Zweckgebundene Gelder ist gut. Komischerweise zahlen Fluggesellschaften aber keine Abgaben auf treibstoffen in der Höhe, wie es andere Verkehrsteilnehmer tun.
Dass Ernst Stocker gewinnt, ist ebenso klar.
Die Sitzumverteilung ist auch bei Persönlichkeitswahlen nicht sehr häufig. Zudem wollen auch die Linken eine vermehrt härtere Linie fahren. Ob si da bei Stocker richtig sind, bleibt abzuwarten. Nichts spricht dafür.
Die Ergebnisse sind nur teilweise gleich.
Die Minarett-Initiative wurde mit 57,5 Prozent-Ja Stimmen angenommen. Auch die grosse Mehrheit der 23 Standesstimmen ist dafür.
Damit haben wieder die Auguren an der Börse gerechnet. Noch kann man das aus den Umfragen so herauslesen.
Die anderen Prognose sowohl der Börse wie auch Zwischenstandsmeldungen aus den Umfragen stimmen aber recht gut, wenn auch nicht genau überein.
Das trifft letztlich auch auf die Regierungsratswahl im Kanton Zürich zu.
Wenn man davon ausgeht, dass Herr Jositsch nur die SP und die Grünen hinter sich hatte, sind 45% ein beachtlicher Erfolg.
Und was bringt uns dieses Ja zum Anti-Minarett-Verbot? Gibt es ab nun keine Zwangsehen, Beschneidungen, Ehrenmorde mehr?
Die Panikmache mit der man das Volk verunsichern wollte hat zwar nicht gefruchtet und dennoch hört man bereits schon wieder vereinzelt versteckte Drohungen. Dann soll man halt das Bundeshaus als Angriffsfläche benutzen, somit würde der Schweizer Bürger sehen mit welcher Spezies er es zu tun hat und sich dadurch im heutigem Abstimmungsergebnis bestätigt fühlen.
Falls Schlüer mit der verkappten “Anti-Minarett”-Initiative eine Strategie hatte, dann muss ich ihm gratulieren.
Wie man heute abden zur Genüge hören konnte:
Es gin dem Initianten nicht um die Minarette.
Und es ging dem Stimmbürger auch nicht um die Minarette.
Es geht darum, dass wir es satt haben, täglich von Vergewaltigung, Zwangsheirat, Burkas und Kopftücher, Sonderbehandlung von Musels zu hören und zu lesen, auch darum, dass die Arbeitslosigkeit unter den Ausländern hoch ist, und darum, dass die Musels mehr Kinder zeugen, als sie unterhalten können. Natürlich trifft das nur auf einen Bruchteil zu, aber es sind zu viele.
Deshalb muss sich wohl die Regierung überlegen, was zu tun ist.
Die Abstimmung wird mindestens die Regierungen etwas aufrütteln, und das Verbot zeigt immerhin, dass die Schweizer das sagen haben, und die Musels nicht noch als Sieger dastehen.
Meine Damen und Herren, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zu den intelligenten und differenzierten Kommentaren. @cal: Glauben Sie nicht auch, die Fehlprognose zur Anti-Minarett-Initiative sollte Anlass geben dazu, Umfragen und andere Prognoseinstrumente kritisch zu beurteilen? Stattdessen rühmen Sie, dass man in zwei von drei Fällen richtig lag. Das ist einigermassen lächerlich. @rehcolb: Auch vor Ihren analytischen Fähigkeiten ziehe ich den Hut. Sie kennen sich aus in der Politik, ja im Leben, könnte man sagen. Wohl dem, der solche Kommentatoren in seinem Blog weiss!
Geschätzter Herr Longchamp, warum haben Sie den Kommentar von Kritic in der Zwischenzeit eigentlich gelöscht? Er war zwar zynisch, aber die Frage nach der Güte und dem Sinn und Unsinn von Umfragen sei erlaubt. Herr Sigg spricht in der NZZaS gar von “blankem Unsinn”.
Naja, so kann man es auch machen… Tatsächlich ist es Ihr gutes Recht, Kommentare nach Belieben zu löschen – der Qualität Ihres Blogs dürfte das insgesamt aber nicht zuträglich sein. Es zeugt zudem nicht von Grösse, die Diskussion über Vor- und Nachteile und den Sinn und Unsinn von Meinungsumfragen dergestalt abzuwürgen, nur weil man damit sein Geld verdient. Ein bisschen mehr Kritikfähigkeit würde Ihnen gut anstehen, Herr Longchamp.
Ich habe nichts gelöscht, den blog aber seit drei Tagen nicht mehr bedient. Auch ich habe einen Sonntag verdient.
That’s all!
Ich muss alle Kommentatoren indessen bitten, Anstand zu bewahren. Beleidigungen gegenüber Personen und Pauschalisierungen von Personengruppen werde ich nicht tolerieren.
Ich zähle darauf, dass alle an der Qualität des Blogs mitarbeiten.
at kritic:
Die kritische Diskussion kommt sicher noch.
Mit dem “Stimmungsbericht” habe ich bewusst bis am Abend vor der Abstimmung gewartet, dass garantiert nichts mehr zitiert werden kann.
Es ging mir hier auch darum, aufzuzeigen, was weltweit eingesetzte Alternativen zum Umfragen bieten, und was wozu taugt.
Gerade weil die letzten 10 Tage keine Umfragen erscheinen, aber damit zu rechnen ist, dass Internettools aller Art an Bedeutung gewinnen werden.
Der Test zeigt, dass auch Wahlbörsen, obwohl bis zum letzten Moment möglich, nicht viel mehr den allgemeinen Diskurs, wie er aus Politik und Medien entsteht, widerspiegeln. Soviel schon mal für den Moment.
@kritic
Prognosen aufgrund einer Umfrage sind halt ebenso gut (schlecht) wie die Umfrage oder deren Antworten. So einfach ist das halt.
Und: Wer keine Fehlprognosen mag, muss sie ja nicht anhören oder lesen.
Und: Wer beim Stimmen auf Umfragen abstützt, um zu den Siegern zu gehören, ist dann halt selber schuld.
Beim lesen dieser vielen Kommentare in den Medien konnte man schon eine leichte Tendenz Richtung Ja sehen, aber nicht gerade in diesem Ausmass.
Glaube kaum, dass eine Umfrage kurz vor der Abstimmung Deine Umfrage noch gross verändert hätte. Die Leute getrauten sich vermutlich gar nicht zuzugeben wie sie denn wirklich abstimmen würden. Und das ist auch nicht verwunderlich, wenn man die jetzigen Reaktionen der Nein-stimmenden Leserbriefschreiber liest. Die Beleidigungen die den Ja-stimmenden an den Kopf geworfen werden sind jenseits von Gut und Böse. Im TV sagte z.B. ein junger Mann, er hätte ja gestimmt. Daraufhin fragte ihn die Reporterin ob er ein Rassist oder der SVP nahe sei.
Und die vielen Aufschreie: “Ich schäme mich ein Schweizer zu sein.”
Darauf kann ich nur antworten, dass es in jedem Ort einen Bahnhof oder zumindest einen Bus Richtung Bahnhof gibt.
Wenn man die Meinungsfreiheit der Bürger mit Füssen tritt, ihnen nun impliziert, welch Schande die Ja-Stimmer für die Schweiz wären, dann sollte der BR schnellstens hinter die Bücher, denn je früher desto schneller sind wir dann in der EU.
Übrigens wäre es noch interessant zu erfahren, wie eigentlich die in der Schweiz lebenden Muslime über dieses Minarett-Verbot denken. Nicht die, die sich am TV mit ihrer Anstandslosigkeit (ins Wort fallend und kopfschüttelnd den Gegenüber als Lügner hinstellen)laut machen, sondern wirklich mal die Männer und Frauen von nebenan.
@Ate
Danke, dass Du an die öffentlichen Verkehrsmittel denkst … 🙂 (Bahnhof)
Die Beleidigungen sollte man nicht allzu ernst nehmen. Wo am lautesten gerufen wird, ist meist die Ursache des Übels zu Hause.
Das gilt auch, wenn der vatikan zu mehr Moral mahnt, oder die SVP Steuererleichterungen will. Damit ist meist mehr Strassen und Militär gemeint.
Da ja das Thema Minarett auch ein Vorwand für alles war, das in Islam, Kriminalität, Gewalt, Sozialmissbrauch, Lohndumping und Überfremdung ist, müsste man es eben den Typen wie Erdogan auch klarmachen. Er weiss persönlich am besten, dass Minarette Speerspitzen gleichen ….. Er bangt lediglich um sein Waffenstationierungsgelände in der Schweiz.
<Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unserer Helme und die Gläubigen unsere Soldaten<
Und all den Medien und Regierungen, die aufgeheult haben, sollen einen Vergleich machen zur Toleranz der Schweiz zu ihrer eigenen, und sollen im eigenen Land eine Abstimmung machen. Die Schweiz würde immer noch als gemässigt dastehen.
@ cal
was sagen sie zu folgender These:
Die Initiative wurde vor allem auch angenommen weil unter anderem Ihre Prognosen so katastrophal falsch war.
Ich behaupte dass sehr viele Befürworter ja sagten weil sie ein Zeichen setzten wollten und nicht die minarette meinte.
Da die Prognossen von 53% Nein Stimmen ausgingen wurde ein knapp negativer Ausgang als gesichert erwartet. Entsprechend wurde die Einladung zum Zeichen setzen angenommen, nur ging das Zeichen für einmal brutal in die Hosen.
Sie schreiben ja selber, sie behaupten das.
Was sind ihre Beweise?
ich denke auch, dass es ein Denkzettel für die Regierung war, und viele genug haben von den Negativschlagzeilen über Ausländer.
Leider wird es den anständigen Ausländern natürlich nicht gerecht, diese setzen sich aber auch nicht dafür ein, dass ihre Landsleute Anstand bewahren.
Gegen Minarette als Bauwerke kann man ja soviel auch nicht haben, denn die 4 Stück, die schon stehen, sind ja eher peinliche Gebilde und taugen nicht als Machtsymbole.
@Markus
Prognosen aufgrund einer Umfrage können ja nur so gut sein, wie die Antworten der Umfrage selber.
Der “Frager” kann das Resultat also höchstens durch gute oder schelchte Fragen besser absichern, und allenfalls noch eine Tendenz oder andere weiche Faktoren berücksichtigen.
Warum wollen wir eigentlich immer im Voaraus wissen, wie das resultat aussieht? Bei Wahlen ist es besonders schlimm, z.B. kaum wird ein Rücktritt verkündet, werden Namen gehandelt. Welche Probelme ein Kandidat zu lösen bereit oder fähig ist, ist immer Nebensache.