Warum der Rat der Religionen die Anti-Minaratt-Initiative ablehnt

Die religiöse Landschaft der Schweiz ist in Bewegung. Kirchenaustritte auf der einen Seite, neue Verständnisse der Oekumene auf der andern haben die Verhältnisse von Kirche und Staat, von Kirchen und Gesellschaft, aber auch der Kirchen untereinander verändert. Die Probleme sind dadurch nicht geringer geworden.

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Vor diesem Hintergrund wurde am 15. Mai 2006 der Schweizerische Rat der Religionen (SCR) als Plattform des Dialogs gegründet. Dieser setzt sich aus den leitenden Persönlichkeiten der drei Landeskirchen, der jüdischen Gemeinschaft und islamischer Organisationen zusammen, die von ihren jeweiligen Leitungsgremien mandatiert wurden.

Diesen Herbst hat der SCR erstmals zu einer Abstimmungsvorlage Stellung genommen. Er lehnt die Initiative für eine Bauverbot von Minarett ab.

Entscheidend war für den SCR die Religionsfreiheit als universales Menschenrecht. Jeder Mensch hat das Recht, seine Religion frei, sichtbar und in Gemeinschaft zu leben. Grenzen der Religionsfreiheit werden nur dort gesehen, wo andere Menschenrechte tangiert sind, wo Gesetz und Verfassung gebrochen und wo die öffentliche Ordnung durcheinander gebracht wird.

Der Rat der Religionen ist der Auffassung, dass gerade die Minarett-Initiative den Fundamentalismus fördere. Sobald man religiöse Fragen politisch instrumentalisiere, reisse man aber Gräben zwischen den Bevölkerungsgruppen auf. Das sei genau das Gegenteil der Integration, welche der Rat anstrebe. Deshalb müsse man die Initiative ablehnen. Denn: Zum Wesen des Fundamentalismus gehört, dass er sich selber absolut setzt und so auch Menschenrechte missachtet.

Aehnlich argumentiert man im Rat der Religion auch, wenn es um das fehlende Gegenrecht für christliche Kirchenbauten in islamischen Ländern geht. Unrecht könne nicht durch Unrecht beantwortet werden, sondern nur durch Recht, schiebt man bei den Gottesleuten nach.

Claude Longchamp