“animal spirits” statt “rational choice”.

“Um zu verstehen, wie die moderne Weltwirtschaft in die Sackgasse geraten ist, müssen wir unser Wissen erneuern”, fordert der Nobelpreisträger von 2001 George Akerlof mit seinem Kollegen Bestsellerautor Robert Shiller. Wie andere Grössen ihres Faches, haben sie mit kritischer Distanz zum Geschehen herauszufinden versucht, was angesicht der Weltwirtschaftskrise schief gelaufen ist und ihre Folgerungen in einem nun auch auf Deutsch erschienenen Buch präsentiert.

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Unter den Lösungen Akerlofs und Shillers fällt eine besonders auf: Der kühl-rational handelnden “homo oeconomicus” soll durch ein realistischeres Modell ersetzt werden. Denn die prominenten Autoren sind überzeugt, dass Volkswirtschaften zu Hysterien neigen, die in Exzesse, Manien und Paniken auarten, wenn sie sich selbst überlassen werden. Begründet sehen sie das in der ökonomischen Theorie, die in iher dogmatischen Form die Nutzenfunktionen gesellschaftlicher Normen ganz vernachlässige.

Ursachen der jüngsten Instabilitäten seien die “animal spiritis”, die Urinstinkte, die je nach dem in eine euphorische oder abgelöschte Grundstimmung verfallen können, schreiben die Oekonomen. Der Herdentrieb, der von der Börse ausgehe, verstärke danach den wirtschaftlichen Auf- oder Abschwung, – im Guten wie im Schlechten.

Die Banken hätten aus kurzsichtigem Eigenintresse heraus gehandelt, als sie Kredite für Hauskäufe an zahlungsunfähig mittel- und Unterschichten vergaben. “Es mag zwar sein, dass ein solches Vorgehen nicht illegal ist, doch in unseren Augen kann man die besonders marktschreierischen Geldhäuser durchaus als korrupt bezeichnen”, halten Akerlof und Shiller unmissverständlich fest.

Aus ihrer Sicht ist das Vorgehen dann ökonomisch sinnvoll, wenn klar definierte Eigentumsrechte und transparenten Informationen gegeben sind. Doch genau das sei mit der Entwicklung neuer Finanzinstrumente nicht gegeben gewesen und systematisch negiert worden. Und: “Wenn diese Bedingungen nicht garantiert werden können, entwickeln sich Märkte dysfunktional.”

Das haben in der Schweiz auch die Grossbanken erlebt, bei denen die Abschreibungen 2007 und 2008 drei Viertel des Eigenkapitals vernichteten, schreibt die “NZZ am Sonntag” heute. Der Analyse der beiden hier genannten Oekonomie-Professoren stimmt sie zu. Die Massnahmen, die auf ein weises, vom Staat geprägtes Laissez-faire hinaus laufe, hält sie jedoch für zu vage.

Claude Longchamp

George A. Akerlof, Robert J. Shiller: Animal Spirits. Wie Wirtschaft wirklich funktioniert, Campus Verlag 2009.