Die OECD stellt sich ein – die Schweiz ist nicht bereit

Schneller als in der Schweiz erwartet, bereitet sich die OECD auf den G-20-Gipfel in London vor. Die Schweiz scheint nicht bereit zu sein. Es droht den Bevölkerungsteilen, die nicht vom Bankgeheimnis profitieren, Geiselhaft.

P17398-36.JPG

Am vergangenen Sonntag trafen sich die Finanzminister der Schweiz, Österreichs und Luxemburgs, um über eine gemeinsame Strategien mit Blick auf die drohende Nennung auf einer Schwarzen Liste zu beraten. Die drei Länder, die alle ein Bankgeheimnis kennen, beschwerten sich über das Vorgehen, signalisierten aber zugleich Dialogbereitschaft über den Ausbau der Zusammenarbeit bei Steuerdelikten.

Nun ist heute Mittwoch in Paris eine Faktensammlung der OECD überreicht worden, welche die Entscheidung des G-20-Gipfels vom 2. April 2009 vorbereitet. Neben der Schweiz, Österreich und Luxemburg würden auch Hongkong, Singapur und Liechtenstein als Staaten genannt, die nur bei Steuerbetrug, nicht aber bei Steuerhinterziehung Amtshilfe leisten würden.

Hongkong und Singapur haben unterdessen ihre Bereitschaft zur Übernahme des OECD-Standards bei der internationalen Zusammenarbeit signalisiert. Das Fürstentum Liechtenstein könnte am Donnerstag einen ähnlichen Schritt bekannt geben.

Frankreich und Deutschland verlangen verstärkte Aufsicht für Banken, die in den genannten Ländern Geschäfte machen. Italien wiederum plädiert für einen mehrstufigen Prozess – von “Naming and Shaming” bis hin zu Sanktionen. Deutschland erhöhte heute den Druck. Im eigenen Land will man kommende Woche ein neues Gesetz gegen das Bankgeheimnis beschliessen, das für Staaten auf der Schwarzen Listen Konsequenzen haben werde.

Im Schweizer Fernsehen machte der deutsche Finanzminister gestern klar, wie die Schweiz die Schwarze Liste vermeiden könne. Dazu müsse sie die OECD Richtlinien bei der Amthilfe akzeptieren.

Mit der Indiskretion, welche die französische Wirtschaftszeitung “LaTribune” heute abend als erstes verbreitete, kommt der Zeitplan der eilends einberufenen Expertengruppe, die den Bundesrat beim Bankgeheimnis beraten soll, durcheinander. Diese hatte damit gerechnet, bis Ende Monat Vorcshläge unterbreiten zu können. Diese Frist dürfte nun deutlich verkürzt worden sein.

Immer mehr schimmert durch, dass der Teil der Bevölkerung, der nicht vom Bankgeheimnis profitiert, von der OECD in Geiselhaft genommen werden soll.

Claude Longchamp