SVP löst CVP in den Unterschichten ab

Seit 1995 führt unser Institut Wahlanalysen vor und nach Wahlen durch. Grund genug, nach 20 Jahren eine Bilanz zu ziehen, was sich verändert hat.

1995 kam die SVP auf einen Wählendenanteil von 14.9 Prozent. 2007 lag sie mit 28.9 Prozent auf dem bisher höchsten Wert. Im aktuellen Wahlbarometer liegt sie bei 27.9 Prozent. Das ist ein satter Gewinn von 13 Prozentpunkten.
Das macht der SVP keine andere Partei nach, die GPS hat im besagten Zeitraum ein Plus von 2 Prozentpunkten, die CVP ein Minus von 5, die FDP von 4 und die SP von 3 Prozentpunkten.

Untersucht man die Veränderungen nach Merkmalsgruppen, bei denen die Parteistärken mehr variieren, stösst man unweigerlich auf die Schicht und da insbesondere auf die Schulbildung. Ganz generell gilt: Je höher die Schicht ist, desto stabiler blieben die Wählendenanteile respektive je tiefer sie ist, umso eher veränderten sie sich. Nutzniesserin war überwiegend die SVP, verloren hat aber vor allem die CVP.

Betrachtet man die SchulabgängerInnen, die als letztes die obligatorische Schule besucht haben, legte die SVP in diesem Wählerumfeld um satte 28 Prozentpunkte zu. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Durchschnitt. Grosse Verliererin ist aber nicht die SP, wie man häufig annimmt, sondern die CVP. Ihr Anteil in dieser Gruppe reduzierte sich von 30 auf 9 Prozent, was einer Differenz von 21 Prozentpunkten entspricht.

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Die zweitgrössten Unterschiede finden sich übrigens bei der Konfession. Auch bei den Katholiken gewinnt die SVP vor allem zulasten der CVP. 2015 könnten die ersten Wahlen sein, bei denen die SVP selbst unter den römisch-katholischen Wahlberechtigten die stärkste Partei ist.

Die Wahlforschung interpretiert solche Phänomene als typische Umbrüche angesichts neuer Konfliktlinien. Grob gesagt handelt es sich um den Globalisierungskonflikt. Bei dem geht es hauptsächlich darum, wer sich im Verhältnis zwischen einheimischer und zugewanderten Bevölkerungsteilen wie positioniert. Die SVP setzt da am klarsten auf die Privilegierung der SchweizerInnen. Damit hat sie gerade bei tieferen Bildungsschichten den grössten Erfolg.
Getroffen hat es in der Schweiz die CVP, weil sie am ehesten noch ein traditionell-konservatives Potenzial hatte. Dieses hat sie zusehends verloren. Abgebaute konfessionelle Grenzen zwischen Katholiken und Reformierten waren hier die Voraussetzung.
Die Öffnung der Schweiz nach aussen beschleunigte die Entfremdung seit dem europäischen Binnenmarktprogramm. Die andauernden Kontroversen rund um Migrationsfragen taten das ihre. Aus der christlich-konservativen Wählerschaft wurde in den vergangenen 20 Jahren eine nationalkonservative.