Die Momentaufnahme zum Stand der Meinungsbildung bei den Bundesratswahlen

Bernhard Kislig von der BernerZeitung bewertet die Chancen der BundesratskandidatInnen. Er sieht mit Simonetta Sommaruga, SP, und Johann Schneider-Ammann, FDP, zwei BernerInnen vorne.

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Man ist auch in Redaktionsstuben vorsichtiger geworden, alles prognostizieren zu wollen. “Gemäss einer Momentaufnahme der im Bundeshaus kursierenden Spekulationen liegen die beiden Berner Kandidaten aber vorne”, hält die heutige Berner Zeitung ein Woche vor den Vorentscheidungen fest.

SVP und Grünen werden kaum Chancen eingeräumt, diesmal einen Sitz im Bundesrat (zusätzlich) zu erobern. Denn es fehlt ihnen an interessierten Partnern. SP und FDP werden sich gegenseitig unterstützen, und die CVP wird ohne eigene Kandidatur die offiziellen Bewerbungen favorisieren.

Bei der SP räumt Bernhard Kislig Simonetta Sommaruga die besten Chancen, Nachfolgerin von Moritz Leuenberger zu werden. Ihre breite Akzeptanz ist ihr Trumpf. Auf dem Zweier-Ticket der SP sieht eher Jacqueline Fehr als Hildegard Fässler, während er Eva Herzog nur AussenseiterInnen-Chancen einräumt.

Die Rangierung bei der FDP sieht den gut vernetzten Unternehmer Johann Schneider-Ammann an der Spitze, gefolgt von Karin Keller Sutter. Ruedi Noser, Peter Malama und Ignazio Cassis räumt die Berner Zeitung in absteigender Reihenfolge berschränkte Chancen ein, überhaupt nominiert zu werden.

Wer es schafft, hängt bei einer solchen Konstellation nicht nur von der Teamfähigkeit im Bundesrat ab, sondern auch von regionalpolitische Ueberlegungen ab.

Die BZ ortet im bürgerlichen Lager ein Kippen der Stimmung von Keller-Sutter hin zu Schneider-Ammann. Das könnte beide Wahlen beeinflussen. Denn der vakante SP-Sitz wird zuerst besetzt. Das könnte zur Belastung für Sommaruga werden – und zur Chance von Fässler ob sie offizielle Kandidatin ist oder nicht. Denn mit ihrer Wahl könnte der Ostschweizer Anspruch frühzeitig eingelöst werden. Die vormalige Fraktionschefin der SP ist aber nicht allen genehm. Sie gilt in der rechten Parlamentshälfte genauso wie Fehr zwar als umgänglich, aber klarer links profiliert als die Bernerin. Das wiederum ist für Sommaruga höchstens bei der fraktionsinternen Nomination ein Nachteil, in der Bundesversammlung ein Vorteil.

So erscheint es gut möglich, dass das Denken in Kantonsklauseln bei diesen Wahlen ganz gekippt wird und mit Sommaruga und Schneider-Ammann zwei BernerInnen Politschwergewichte mit unterschiedlicher Ausrichtung in den Bundesrat einziehen. Seinen grossen Kommentar zu den Berner Bundesräten, die jüngst allesamt aus der SVP stammten, übertitelt BZ-Redaktor Stephan von Bergen in der gleichen (Print)Ausgabe mit “Das Ende der Behäbigkeit”.

Doch wie gesagt: Das alles ist nur eine Momentaufnahme der Aussichten, und das ist auch richtig so!

Claude Longchamp