Mittelwert statt Einzelbeobachtung: Parteistärken über verschiedene Tools hinaus kombiniert

Weltweit hat sich eingebürgert, Zufälligkeiten in Wahlumfragen auszugleichen, indem man sie mittelt (“PollsofPolls”). Im Idealfall kommen weitere Tools hinzu, die vergleichbare Angaben zu Parteistärken zwischen zwei Wahlen machen. So entsteht ein konsolidiertes Bild.

Heute erschien die Wahlumfrage der «Tamedia»-Gruppe in ihrer zweiten Auflage. Im Herbst 2018 publizierte die SRG ihr Wahlbarometer auf Befragungsbasis. Ende April 2918 veröffentlichte der Tagesanzeiger eine Bilanz der Parteistärken aufgrund kantonaler Wahlen.

Was lässt sich aus diesen drei Instrumenten für die heutigen Parteistärken, verglichen mit den Nationalratswahlen 2015, ableiten?

Einer Entwicklung in der Wahlforschung folgend, habe ich die Tools aggregiert und die Mittelwerte gebildet. Demnach gilt konsolidiert:

• Voraussichtlich am meisten zulegen kann die FDP (+0.7%pkte).
• Im Plus sind auch GPS und GLP (je +0.6%pkte).
• Leicht im Minus befinden sich SP, BDP und SVP (-0.3%pkte. resp. -0.4%pkte.).
• Am meisten verliert die CVP (-1.1%pkte).

Namentlich im Vergleich zu zahlreichen Entwicklungen im europäischen Vergleich spricht das für eine erstaunliche Stabilität des Parteiensystems der Schweiz. WählerInnen-Märkte können in der Mitte vermutet werden, wobei nicht mehr die klassischen Polparteien SVP und SP profitieren. Gegenwärtig liegen die FDP und die Grünen im Plus.

Tabelle
Uebersicht über den Stand der Parteistärken resp. Veränderungen seit den Nationalratswahlen 2015 (Stand: Ende Juni 2018)

tabelletools

Die Kombinationsmethode hat den Vorteil, die zwischenzeitlich sehr uneinheitlich geführte Debatte über Erhebnungsmethoden, Irrtumswahrscheinlichkeiten und Interpretationsgrenzen etwas zu umschiffen. Denn es geht um Mittelwerte, nicht Einzelbeobachtungen.
In die Kombination nicht mit eingeflossen sind Trends entlang der Zeit. Dafür ist die Zahl der Messwerte zu gering. Zu einem späteren Zeitpunkt wird das nachgeholt werden.
Nicht berücksichtigt wurden verschiedene Auswertungen der kantonalen Sitzstärken. Denn sie geben keine nationalen Trends wieder, da die Kantone unterschiedlich gross sind und die Parlamentsgrösse nicht standardisiert wird.

Die Kombination zeigt auch, dass jedes der Messinstrumente Eigenheiten hat. Nahe beim kombinierten Wert liegt das «Wahlbarometer» der «SRG». Am meisten davon weicht die «Tamedia»-Umfrage ab.
Trotzdem stimmen die Trends bei fast allem Parteien überein. Das sichert die Aussagen. Nicht der Fall ist das bei der SP und BDP. Die Umfragen von «sotomo» und «LeeWas» weisen bei der SP je eine negative Entwicklung aus, derweil die kantonale Sitzbilanz für einen positiven Trend spricht. Genau das Umgekehrte findet sich bei der GLP: Bei der BDP schliesslich steht dem Plus in der «Tamedia»-Umfrage ein Minus in den beiden anderen Tools gegenüber.

Claude Longchamp

Individuelle Faktoren, welche die individuelle Abstimmungsneigung (nicht) bestimmen.

Rezension der Dissertation von Anja Heidelberger: «Die Abstimmungsbeteiligung in der Schweiz»

9783848741663xl

Die Uebersicht
20 bis 25 Prozent der Stimmberechtigten nehmen auf schweizerischer Ebene nie an Abstimmungen teil. Gründe sind die soziale Isolation, das Desinteressen an Politik, das Interesse ohne Teilnahme und die Verdrossenheit gegenüber Eliten.
Verglichen mit der Nicht-Beteiligung an Wahlen kommt Nicht-Beteiligung an Abstimmungen namentlich bei sozial Isolierten häufiger vor.
Anja Heidelberger berichtet diesen Befund und seine Einordnung in ihrer eben publizierten Dissertation unter dem Titel «Die Abstimmungsbeteiligung in der Schweiz». Der Untertitel des Buches «Psychologische und soziale Einflüsse auf die Abstimmungsneigung» fasst das Programm des Forschungsvorhabens am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern gut zusammen.
Soviel vorab: Abstimmungsneigung ist mehr als die einmalige (Nicht-)Teilnahme, denn es bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass man sich bei Volksabstimmungen beteiligt auf einer Skala von 0 bis 10.
Wer die 500 Seiten Text, Tabellen, Grafiken, Fussnoten und Literaturangaben durcharbeitet, erlebt die Höhen und Tiefen förmlich mit, welche die Autorin erfreut und beschäftigt haben. Denn neben eindeutigen Ergebnissen zur Forschungsfrage («Welche individuellen Faktoren beeinflussen die individuelle Abstimmungsneigung?») stehen auch fragmentarische Resultate, die eher neue Fragen aufwerfen als aufgeworfene beantworten.

Die zentrale Bedeutung der psychologischen Einbindung in die Politik

Am meisten freuen können sich die Anhänger sozialpsychologischer Erklärungen des politischen Verhaltens. Sie bekommen weitgehende Unterstützung. Sie bewähren sich nicht nur, um Wahl- und Abstimmungsergebnisse auf den Grund zu gehen. Sie sind offensichtlich auch die geeignetsten, um die politische Teilnahme zu erklären – zumindest wenn man sich auf die allgemeine Teilnahmehäufigkeit einer Person, nicht die spezifische Teilnahme an einer bestimmten Abstimmung konzentriert.
Denn die Nicht-Beteiligung an Volksabstimmungen ist nach ganz einfachen wie auch nach äusserst aufwändigen statistischen Tests durchgängig insbesondere eine Folge der psychologische Einbindung einer Person in die Politik. Am Anfang steht die politische Kontaktwahrscheinlichkeit. Ist diese bei einer Person gering ausgeprägt, entwickeln sich politisches Interesse, Vertrauen in Politik und Parteinähe nicht oder nur schwach. Entsprechend fällt die Abstimmungsneigung signifikant geringer aus.
Auf Platz zwei findet sich die soziale Einbindung eines Individuums. Politische Sozialisation, Beziehungsnetze und sozialer Druck sind bei der Bestimmung der Abstimmungsneigung nicht unerheblich bei der Bestimmung der Abstimmungsneigung. Doch fällt ihr Erklärungsbeitrag geringer aus als bei der psychologischen Einbindung. Am wenigsten erklären Ansätze aus der Mikro-Oekonomie die allgemeine Teilnahmehäufigkeit an Abstimmungen. Das hat allerdings auch mit der Operationalisierung der Abstimmungsneigung zu tun.


Arg relativierte Bedeutung von Persönlichkeitsmerkmalen

Zu gerne wäre Heidelberger weiter gegangen als dieses bekannte Vorgehen. Denn psychologische resp. soziale Einbindung in die Politik waren in ihrem ursprünglichen Konzept nur als Mediatoren in Strukturgleichungsmodellen vorgesehen gewesen. Eigentliche Ansicht war es, die neue Forschung zu Persönlichkeitsmerkmalen fruchtbringend in die schweizerische Partizipationsforschung einzubringen, entweder als direkte Erklärung des Abstimmungsverhaltens oder als Verdeutlichungen eben der Mediatoren.
Doch scheiterte diese innovative Absicht weitgehend an den hypothetischen Erwartungen oder an der empirischen Datenlage. Denn die Typisierung der Persönlichkeit, wie sie der verwendete «BigFive»-Ansatz vorschlägt, zeitigt nur ausnahmsweise signifikante Erklärungen auf die Abstimmungsneigung.
Ganz bleibt die verallgemeinerungsfähige empirische Evidenz aus, wenn man eine direkte Beziehung zur Abstimmungsneigung prüft. Mindestens in vier der fünf Dimensionen hatte die Autorin das aus der bestehenden psychologischen und biologischen Literatur abgeleitet. Massgeblich waren dabei gefundene Zusammenhänge bei der Wahlbeteiligung gewesen.
Nachweisen kann Heidelberger zwei Einflüsse der Persönlichkeitsmerkmale auf die Mediatoren. Sensibilität (oder Neurotizismus im Fachjargon) befördert psychologische Einbindung zur Politik und Extraversion macht das gleich mit der sozialen Einbindung. Alles andere, das theoretisch postuliert worden war, bewährte sich nicht.
Empirisch harte Befunde finden sich bei Interaktionseffekten der Mediatoren mit der Abstimmungsneigung. So moderiert beispielsweise die Verträglichkeit die Einflüsse der Mediatoren auf die Abstimmungsneigung. Konkret heisst das beispielsweise, Altruisten mit einer Parteibindung haben eine höhere Abstimmungsneigung als Nicht-Altruisten. Konfliktscheue Personen wiederum haben eine höhere Abstimmungsneigung aufgrund des äusseren sozialen Drucks als konfliktfreudige Personen. Oder, wer offen für neues ist, hat eine Affinität zur Politik, die sich auch ohne eine spezifische Bindung an Politik (wie zum Beispiel Parteinähe) auswirkt.

Wichtige methodische Lehren aus dem Forschungsprojekte

Heidelberger betont, dass sich die Forschungsarbeit vor allem wegen den Erfahrungen mit methodologischen Neuerungen gelohnt habe. Am höchsten schätzt sie selber die mit der Poststratifizierung von Umfrageergebnissen mittels Registerdaten ein. Diese setzte sie ein, um die bekannte Uebervertretung von Teilnehmenden in Datensätzen, die auf Umfragen basieren, auszugleichen.
Zu den Verbesserungen der Forschung zählt die Autorin auch ihr Konzept der Abstimmungsneigung selber. Dieses unterscheidet sich von der konkreten Abstimmungsteilnahme, das auf der selbstreferierten Wahrscheinlichkeit an Abstimmungen teilzunehmen basiert und der Beteiligung in einem konkreten Fall abstrahiert. Das machte Heidelberger zwar nicht als Erste so, doch kommt ihr das Verdienst zu, die Skala nicht willkürlich gruppiert zu haben, sondern clusteranalytisch aufgrund von Motivationsanalysen.

Mein Kommentar: zu wenig zum Kontext, zu viel zum Individuum
Vielleicht liegt die Krux der Forschungsergebnisse auch in der Abstimmungsneigung selber begründet. Denn diese ist als zentrale abhängige Variable abstrakter als es die Abstimmungsteilnahme im Einzelfall gewesen wäre. Immerhin lässt sich vermuten, dass genau deshalb zahlreiche Erklärungen, die aus der konkreten Teilnahme an Wahlen im Ausland abgeleitet wurden, hier nicht greifen. Jedenfalls kann man plausibel postulieren, dass die Persönlichkeitsmerkmale eher in einem konkreten Zusammenhang eine Rolle bei der Teilnahme spielen als auf einem generalisierten Niveau.
Das jedenfalls schrieb ich vor ziemlich genau 30 Jahren nachdem ich als einer der ersten versucht hatte, individuelle Abstimmungsbeteiligung in der Schweiz mittels Umfragen zu erklären. Wie die Autorin hielt ich schon damals fest, dass der Sockel der konstant Abwesender maximal einen Viertel der Stimmberechtigten ausmacht. Auch damals erwies sich die (selbstredend viel rudimentäre) sozialpsychologische Herangehensweise als die beste, um das Beteiligungsverhalten in der Schweiz zu erklären. Doch anders als es Heidelberger neu vermutet hat, postulierte ich 1987, dass die Analyse der konkreten Beteiligung an Abstimmungen die Forschung weiter bringen würde. Denn die hohe Beanspruchung der Bürgerschaft durch Volksabstimmungen in der Schweiz werde nicht durch personenzentrierte Merkmals weiter bestimmt, vielmehr ergäbe sich die Variabilität der Teilnahme aus den Themen der Vorlagen und deren Thematisierung im Abstimmungskampf.
Persönlichkeitsmerkmale als Forschungskonzept kannte ich damals noch nicht. Heute würde ich meinen, dass die Eigenschaften von Personen wohl nicht generell wirksam werden, jedoch in einem konkreten Zusammenhang ihr Einfluss auf die politische Beteiligung plausibel erwartet werden kann.
Oder anders gesagt. Basierend auf den Erfahrungen von Heidelberger müssten die individuellen Einflussfaktoren auf die individuelle Abstimmungsteilnahme anhand eines Falles mit speziell hoher resp. speziell tiefer Beteiligung geprüft und verglichen werden.

Claude Longchamp

Anja Heidelberger: Die Abstimmungsbeteiligung in der Schweiz. Diss., Bern 2018

Agenda für eine digitale Demokratie. Mein Rede an der Buchvernissage

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Meine Damen und Herren

Es ist wieder «in», vom Ende zu sprechen.

Das Ende von allem.
Man sieht das Ende der Demokratie kommen, wenn man heute in die Türkei blickt.
Man wähnt sich am Ende der Freiheit, wenn man heute ins Internet geht.
Nichts mehr vorhanden ist vorhanden vom Ende der Geschichte, dem Sieg des Kapitalismus über den Kommunismus, wie ihn der amerikanische Politologe Francis Fukuyama in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts nach dem Fall der Sowjetunion gefeiert hatte.
Yuval Noah Harari, der israelische Historiker der digitalen Zukunft sieht das heute genau umgekehrt. Zentral organisierte Systeme wie China seien leichter zu organisieren als dezentrale wie die europäischen Staaten, wenn der Computer alles durchdinge. Liberalismus sei obsolet, wenn die Programmierer uns besser kennen werden als wir selber.

Zuversicht, Mut und Realismus der Autoren.
Es braucht Zuversicht, angesichts solch intellektueller Dominanz ein Buch über Demokratie zu schreiben. Man kann es sogar Mut nennen, wenn man eines über digitale Demokratie verfassen will.
Ich kann sagen: Daniel Graf und Maximilian Stern sind zuversichtlich, ja mutig gewesen, als sie sich entschieden ein Buch zur digitalen Demokratie zu schreiben. Das gilt übrigen auch für den Verlag, die NZZ Buchabteilung.
Sie alle glauben, dass ein Neuanfang möglich ist. Mit erneuerter Demokratie. Mit digitaler Demokratie. Für die es höchste Zeit sei, eine Agenda zu verfassen.

Wo stehen wir im Gartner Zyklus?
Der bekannte Gartner Zyklus ist gemacht worden, um Erwartungen und Enttäuschungen gegenüber neuen Technologien im Zeitverlauf einzuschätzen. Die Kurve geht zunächst steil hoch, dann ebenso steil herunter und flacht schliesslich zwischen den Extremen ab. Die erste Phase entspricht übertriebenen Erwartungen, die zweite übertriebenen Enttäuschungen, erst mit der dritten entstehen eine realistische Einschätzung.
In Sachen digitaler Demokratie haben wir die erste Phase sicher hinter uns. Es waren die Hoffnungen, eine neue Agora entstehe, ein herrschaftsfreier Raum für die Meinungsäusserung der aller Bürger. Das ist passé.
Das Internet gehört nicht jedem, sondern dem Silicon Valley und dem chinesischen Staat. Es dominierenden Amazon, Google und Facebook, aber auch Weibo und WeChat. Zudem sind die SocialMedia alles andere als sozial. Sie lassen enthemmte Aggressionen zu, verbreiten fake news schneller als fact news und polarisieren damit die Politik.
Wenn ich in die «Republik» oder «Das Magazin» schaue, denke ich manchmal, wir seien immer noch im Abschwung. Umso gespannter habe ich das Buch von Graf und Stern zu lesen begonnen. Heute nehme ich erfreut zur Kenntnis, dass sich uns eine realistischere Einschätzung der Zukunft eröffnet.

Ein Buch für den Kopf und eines für das Herz.
Eine Buchbesprechung mache ich hier nicht. Ich will aber sagen, dass mir insbesondere die schlichte Systematik des Buches gut gefallen hat:

• Es geht um BürgerInnen im Netz.
• Es geht um kollaborative Demokratie.
• Es geht um das hybride Mediensysteme.
• Es geht um das Potenzial von crowd-Kampagnen
• Und es geht um die Machtfrage in der Willensnation: Wer bestimmt die Zukunft, die etablierten Parteien und ihre Herausforderer, die digitale Jungpartei?

Wem das zu kopflastig ist, kann sich auch den Szenarien im Buch orientieren – eine Art Trendverlängerung. Da geht es mit vielen Anspielung um

• den Fondue-Score
• die «HelveticaAnalytica»
• das «Quartierbook»
• das «CiaoParlament» Bewegung resp. um
• den toten «political middleman»

Und, wer jetzt an den SocialScore in China dachte, an CambridgeAnalytica in Grossbritannieren, an Facebook aus dem Silicon Valley, an die neue Regierung in Italien oder an die gute alte Republikanische Partei in den USA, der oder die liegt nicht ganz falsch. Aber auch nicht ganz richtig.! Denn im heute erscheinenden Buch geht es primär um die Schweiz und die Folgen für die halbdirekte Demokratie unseres Landes.

Stärken und Schwäche der Schweizer Demokratie.
Die Schweizer Demokratie hat Stärken. Geschaffen wurde es von meist reformierten Bürgerlichen, die freisinnig dachten. Dank ausgebauten Partizipationsmöglichkeiten kamen schrittweise die Katholisch-Konservativen, die Bauern und die Arbeiter hinzu. Alle sie wurden, vertreten durch Parteien und Verbände, in den Staat integriert. Halbwegs gelungen ist auch die Integration der Frauen, wenigstens der aktiven.
Die Schwäche des politischen Systems ist, dass niemand wirklich Verantwortung trägt. Wenn es gut geht, stehen die meisten Gevatter, wenn es schlecht geht, ist lange niemand Schuld.
Die Populisten haben das gründlich geändert! Jetzt wissen wir, wer schuldig trägt, bevor wir erfahren, worum es geht. Denn es sind immer die anderen.
Dahinter verbergen sich aber auch reale Probleme. Mit der Globalisierung lassen sich untere Schichten immer weniger für die Politik gewinnen. Das Fassungsvermögen für Zugewanderte stosse an Grenzen. Bedroht sei nicht unser Reichtum, aber unsere Kultur.
Andere beklagen die Nonchalance der Generation X, denn sie wolle nur noch dafür bezahlen, was sie nutze. Verloren gehe so der Gemeinsinn. Neuerdings dreht sich alles um Netzsperren, die man leicht umgehen können, aber das Internet zerstörten. Ja: «Swissnet ist ganz pfui!»

Chancen und Risiken der Lekütre.
Welche Chancen bietet die Agenda für eine digitale Demokratie angesichts solcher Herausforderungen?
Wenn es um die Verlierer der Globalisierung geht, gibt es auch bei Graf und Stern kaum ein Programm. Klar ist dagegen, dass die kommenden Generationen in und mit dem Buch voll zum Zug kommen. Ich denke, für sie ist es auch geschrieben.
Natürlich machen es die gewieften Autoren auch spannend!
So lassen sie einen Blick auf den Wahlkampf 2019 zu. Dass die Lokalmedien aus dem letzten Loch pfeifen würde, habe Christoph Blocher gemerkt, als er die lokalen Gratisanzeiger zusammenkaufte. Sie wiederum wüssten, wie crowd-Kampagnen funktionierten. 2019 gehe es nicht mehr um das mühsame Geschäft des Ueberzeugens von ein paar WechselwählerInnen. Dafür werde sich alles um die Mobilisierung drehen. Statt kopflastig zu werben, empfehlen sie die Herzen zu erobern – wenigstens digital, sodass die Menschen in Kampagnen involviert statt berieselt würden. Von der Kälte des Regens hätten viele Szenen genug. Als Wähler Werber zu werden und sich auf Twitter zu outen, sei aber cool .
Am meisten Spannung bauen die Autoren auf, wenn es um die angekündigte digitale Jungpartei bei geht. Wer das sei, sagen sie nicht.
Ich denke, sie glauben an einen Mix aus Frechheit der Piraten, sozialliberale Grundhaltung von Andri Funiciello und dem Verantwortungssinn von Operation Libero.
Nun bin ich gespannt, was Sie zur kommenden digitalen Demokratie meinen – und zur Agenda hierzu, die Ihnen gleich vorgestellt wird!

Claude Longchamp
11. Juni 2018