Minarett-Initianten errangen die Medienhoheit.

Die erste Analyse der Medienberichterstattung zur Minarett-Initiative liegt vor. Die Forschungsbereich für Oeffentlichkeit und Gesellschaft/Universität Zürich hat sie aufgrund eines Querschnitts von Medien im Print und elektronischen Bereich erstellt. Ihre generelle These ist: Vor dem Abstimmungssieg errangen die Minarett-Initianten die Medienhoheit.

bernmuslime
Die Islamisierung der Schweiz war das zentrale Thema der Medienberichterstattung, hält die heute publizierte Analyse zur Minarett-Initiative fest.

Erstens, der mediale Abstimmungskampf dauerte aufgrund der Aufmerksamkeit für das Thema rund 10 Wochen. Lanciert wurde er durch die Plakatkampagne einerseits, das Minarettspiel auf Internet anderseits. Die damit ausgelöste Provokationen sicherten den Befürwortern einen auch im Vergleich mit anderen Abstimmungem hohen Startvorteil. Ueberhaupt, kommt die Studie zum Schluss, kamen die Befürworter in den Medien mehr zum Zug als die Gegner. Drei Viertel aller zitierten Akteue stammen von ihrer Seite. Ihnen gelang es damit, das Verhältnis in der Medienpräsenz im Vergleich zum Abstimmungsverhältnis im Parlament genau umzukehren.

Zweitens, der Vorlageninhalt und die juristisch-ethischen Argumente der Gegner, die in den Behörden ausschlaggebend gewesen waren, dominierten die Mediendebatte nicht. Resonanzvorteile holten sich die Befürworter mit generellen Themen wie der schleichenden Islamisierung, dem islamistischen Terror und der Etablierung einer Parallelgesellschaft mit eigenem Schariarecht. So leiteten sich die überwiegend negativen Stereotypisierung des Islams ab. Die Pauschalisierung habe die Vielfalt muslimischer Strömungen befördert und den Konnex Angehöriger dieser Glaubensgemeinschaft mit radikalen Bewegung im Islam unterstützt. Muslime wurden so als fremd und mangelhaft integriert charakterisiert, was bedrohlich wirkte.

Drittens, die Kurzfassung der Studie stellt die Medienberichterstattung zur Initiative auch in einen zeitgeschichtlichen Rahmen. Ausgangspunkt ist der 11. September 2001. Erst damit ist die Präsenz von Muslimen in der Schweiz thematisiert worden. Die Initiativankündigung erfolgte während des Karikaturenstreits in Dänemark. In diesem Umfeld etablierte sich der Eindruck, Meinungsfreiheit werde sowohl durch den Islam wie auch durch die politischen Eliten bedroht. Während des Abstimmungskampfes verfestigte sich das Bild, einerseits durch die Präsenz der Talibans in Afghanistan und Pakistan, durch die Krise in den Beziehungen zwischen der Schweiz und Libyen.

Eine erste Bilanz
Stark quantitativ angelegt, erhellt der Bericht, dass im Abstimmungskampf eine fragmentierte Oeffentlichkeit entstand: Die Gegner und Befürworter kommunizierten jeweils aneinander vorbei. Dass dabei die Befürworter viel wirkungsvoller waren, war kein Vorteil für die Behörden, kann man daraus schliessen.