Bundesratsthermometer ohne nachvollziehbare Grundlage

“31 Prozent Stimmen für Urs Schwaller”, das ist das Hauptergebnis des “Wahlbarometers” auf dem “Newsnetz”. Der Freiburger Ständerat führt damit das Feld der möglichen Nachfolger von Pascal Couchepin recht klar an. Doch kann er sich darauf irgend etwas einbilden? Nein, füge ich bei und begründe es auch gerne.

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Seit einem Monat läuft auf der Internetplattform der grossen Zeitungsverlage in der Schweiz ein Online-Befragung, wen man am liebsten als Nachfolger von Pascal Couchepin im Bundesrat hätte. Der CVP-Kandidat Urs Schwaller startete gut, wurde in der Folge aber von Fulvio Pelli überholt. So rasant dessen Aufstieg war, so klar wurde er in der Folge auch wieder auf die Plätze verwiesen. Die Gewinner der vierten Woche sind denn Schwaller von der CVP und Broulis von der FDP.

Ganz falsch erscheinen mir die groben Trends dieser Temperaturmessung nicht. Sie spiegeln die dominante Polarität zwischen FDP und CVP in der Nachfolgediskussion, und sie zeigen, dass die verschiedenen Kandidaten aufgrund unterschiedlicher Ausgangslage verschiedene Taktiken verfolgen.

Darüber hinaus kann der Barometer aber kaum Anspurch auf Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse beanspruchen. Sie stehen in erster Linie für die Teilnehmenden an der Online-Umfrage, ohne Anspruch auf Repräsentativität.

Dafür bräuchte es eine Definition der Teilnahmeberechtigten. Diese ist bei offenen Online-Umfragen nie gegeben. Dann wäre auch eine Stichprobenbildung von nöten, die allen Berechtigten die gleiche Chance einräumen würde. Auch bei diesem Kriterium versagen Umfrage auf e-Plattformen kläglich. Schliesslich müsste gewährleistet sein, dass jede Personen je ausgewiesenem Zeitintervall nur ein Mal gewählt würde. Selbst diese einfache Vorgabe ist beim Wahlbarometer auf Newsnetz nicht gewährleistet.

Andere Umfragen dieser Art stellen wenigstens das klar: Sie erheben keinen Anspruch auf Repräsentativität. Die Verwendung des Titels “Wahlbarometer” suggeriert zudem, wie das “Wahlbarometer” der SRG SSR idée suisse vor Nationalratswahlen verallgemeinerungsfähige Aussagen über den (jeweiligen) Stand der Meinungsbildung zu liefern.

Vor Fehlschlüssen wird gewarnt!

Claude Longchamp