Neuenburg: Linke baut Mehrheit im Parlament aus.

Neuenburg war seit Frühling 2005 der einzige Schweizer Kanton mit einer linken Mehrheit in Parlament und Regierung. Mit den heutigen Wahlen bleibt das im Parlament jedenfalls auch in den nächsten vier Jahren so. Die Linksparteien (SP, Grüne und KommunisteInnen) bauten heute ihren knappen Vorsprung von 1 auf 5 Sitze aus. In der Regierung müssen alle KandidatInnen in einen zweiten Wahlgang. Die Mehrheitsverhältnisse hängen hier von den Allianzen ab.

11
Jean Studer, SP, bisheriger Staatsrat und bestgewählter Kandidat im 1. Umgang bei den Neuenburger Kantonsratswahlen.

Die bisher grösste Partei im Kanton Neuenburg, die SP, verliert bei den heutigen Parlamentswahlen. Sie wird 5 ihrer 41 Mandate einbüssen. Neu grösste Partei ist die vereinigte bürgerlichen liberal-radikale Partei, die aus FDP und LP hervorgegangen ist. Sie kann 1 Mandat zulegen und ist jetzt mit 41 Sitzen im Neuenburger Kantonsrat vertreten.

Dennoch gelang die angestrebte bürgerlichen Wende im Kanton Neuenburg nicht. Denn die SVP verliert 3 ihrer 17 Mandate. Neu kommt sie auf 14 Sitze. Je 4 Sitzgewinne gibt es für die Grünen (neu 14 Mandate) und die kommunistischen Popisten (neu 10 Mandate). Die linke Solidarité verliert ihren einzigen Sitz.

Die Linksparteien verfügen damit über 60 Sitze im Neuenburger Parlament. Die Rechte bringt es auf 55. Die knappen Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Linken sind damit seit heute abend etwas deutlicher geworden, als sie es die letzten vier Jahre waren.

Da im ersten Wahlgang zur Zusammensetzung der neuenburger Regierung niemand das absolute Mehr schaffte, muss die Ballotage am 26. April 2009 entscheiden. Gegenwärtig liegen zwei SP-VertreterInnen vor drei Liberal-Radikalen.

Massgeblich beeinflusst werden dürfte der Ausgang durch die Wahlverbindungen: In einer Kampfwahl sind sowohl die SP wie auch die FDP auf Allianzen im eigenen Lager angewiesen, um die Mehrheit zu erreichen.

Die SP braucht die siegreichen Grünen, deren Kandidat, Bau-und Umweltdirektor Fernand Cuche, allerdings ein schlechtes persönliches Ergebnis einfuhr und hinter dem dritten SP-Kandidaten liegt. Die Liberal-Radikalen wiederum sind auf die SVP angewiesen, um eine rechte Mehrheit zu sichern, obwohl alle ihre 5 Bewerbungen vor dem bestgewählten SVP-Kandidaten liegen.

Eine Variante hierzu ist eine stille Wahl, auf die sich SP und FDP einigen könnten, wobei die Mehrheit im Parlament über die Verteilung des 5. Sitzes im Staatsrat entscheiden würde. Dabei dürfte die FDP ihre Hausmacht im Kantonsparlament in die Waagschale werden, die SP die bestätigte linke Mehrheit. Beide müssen aber verhindern können, dass Grüne und SVP wieder antreten.

Claude Longchamp