Medientenor und Meinungsbildung: Was man daraus für den 24. November 2013 ableiten kann

Wie berichten die Schweizer Massenmedien über die anstehenden Volksentscheidungen vom 24. November 2013? Der Abstimmungsmonitor der Forschungsstelle für Oeffentlichkeit und Gesellschaft der Uni Zürich gibt Auskunft darüber.

Die Gewichtung der Vorlagen durch die Massenmedien ist gemäss Abstimmungsmonitor klar. Die 1:12 Initiative ist der klare Favorit. Die Resonanz zur Vignette resp. der Familieninitiative liegt bei rund einem Drittel. Mit anderen Worten: 58 Prozent der Beiträge zu den Abstimmungen widmen sich der JUSO Initiative, 23 Prozent der Gebühr für die Benutzung der Nationalstrassen und 19 Prozent der SVP-Initiative zur finanziellen Entlastung von Eltern, die ihre Kinder selber betreuen.

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Der Tenor ist einzig bei der Vignette mehrheitlich positiv. Der Index erreicht den Wert +26, was so viel heisst wie, es gibt 26 Prozent mehr positive als negative Artikel. Bei den beiden Volksinitiativen überwiegt der gegnersiche Standpunkt. Bei der 1:12 Initiative liegt der Indexwert bei -29, bei der Familieninitiative erreicht er einen solchen von -45.

Damit bestätigt sich, was man insgesamt gut kennt: In ihrer Berichterstattung zu Volksabstimmung zeigen Massenmedien eine Affinität zum Behördenstandpunkt. Das hat damit zu tun, dass diese Positionen einen parlamentarische Legitimation haben. Es kann aber auch sein, dass die Kampagnen, welche diese Standpunkte vertreten, intensiver und eingängiger geführt werden. Das muss im weiteren Vorfeld einer Abstimmung so nicht sei; denn gerade während der Zeit der Unterschriftensammlung haben die Akteure auf der Strasse in der Regel die bessere Presse.

Genaue Zusammenhänge zwischen Medientenor und Meinungsbildung kennt man nicht. In der Regel nimmt man aber an, dass sich eine ausgeprägte Richtung auf die Meinungsbildung namentlich Unentschiedener auswirkt, allenfalls auch jener, die latent eine gerichtete Meinung haben. Das würde dafür sprechen, dass sich die Unschlüssigen bei der Vignette mehr ins Ja als ins Nein entwickeln würde, was für die BefürworterInnen eine gute Botschaft wäre. Bei den beiden Volksinitiativen würde es dafür sprechen, dass die Opposition wächst.

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Das stimmt mit den Grundhypothesen überein, die wir im Dispositionsansatz für Volksinitiativen und Behördenvorlagen formuliert haben. Allerdings, lasse wir es nicht bei diesen einfachen Annahmen bestehen. Denn auch der Bestand parlamentarischer Allianzen im Abstimmungskampf ist eine Determinante der Meinungsbildung. Zerfällt diese bei einer Behördenvorlage, gibt es auch Beispiele die zeigen, dass selbst anfängliche BefürworterInnen ins Nein-Lager wechseln können. Bei der Vignette gibt es dafür nur wenig Hinweise. Bei den Initiativen wissen wir zudem, dass eine klare Ausrichtung des Abstimmungskampf in Medien und Propaganda ebenfalls zu einem Meinungsumschwung unter initialen Ja-SagerInnen führen kann. Der Effekt ist diesmal wahrscheinlich, denn der Medientenor wendet sich in beiden Fällen gegen die Volksbegehren. Bei der Familien-Initiative ist er noch ausgeprägter als bei der 1:12-Initiative, was grössere Effekte in der Meinungsbildung zum SVP-Begehren vermuten lässt.

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Claude Longchamp