Einen Tag vor der deutschen Bundestagswahl

PollyVote, in den USA erfolgreich eingesetzt, um den Ausgang der Präsidentschaftswahlen vorauszusagen, wurde 2013 erstmals auch bei den deutschen Bundestagswahlen verwendet. Ich fiebere mit, denn mich interessiert, ob es ein Exportschlager wird.

Aggregatoren nennt man Tools wie PollyVote in der Fachsprache. Sie funktionieren nach dem Motto: Jedes noch so gute Instrument hat Schwächen, ohne dass man sie im Voraus kennt. Also nutzt man sie parallel, möglichst ohne vorherige Gewichtung. In Detuschland stellt PollyVote auf vier Instrumente ab: Repräsentativ-Umfragen, Prognosemärkten, Modellrechnung und ExpertInnen- Urteilem. Wenn ein Instrument in mehrfacher Ausführung vorkommt, wird mit dem Mittelwert der entsprechenden Ergebnissen gearbeitet.

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Gemäss PollyVote kommt die CDU/CSU bei den morgigen Bundestagswahlen auf 39 Prozent; sie würde sich damit um rund 6 Prozentpunkte gegenüber der Vorwahl verbessern. Zulegen dürfte auch die SPD, die auf 26 Prozent kommt. 11 Prozent gehen an die Grünen/Bündnis’90, 8 an Die Linke und 6 an die FDP. Darüber hinaus schafft keine Partei die 5 Prozenthürde. Es scheitern die AfD mit 4 und die Piraten mit 3 Prozentpunkten. Unter den Parlamentsparteien läuft es auf ein Patt heraus: Schwarz-Gelb und Rot-Rot-Grün haben je 45 Prozent. Das lässt alles offen: die Fortsetzung der bisherigen Koalition, eine schwarz-rote Allianz und eine linkes Bündnis. Letzteres gilt als das unwahrscheinlichste Szenario, weil es nur eine rechnerische, keine politische Mehrheit wäre.

Natürlich wartet man gespannt darauf, ob die Vorhersage stimmt resp. wie genau sie ist. Das alles wissen wir abschliessend erst morgen Abend. Heute schon können wir die Instrumente im Vergleich beurteilen. Die hierzu relevanten Befunde sind:

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Die vier Linien entsprechen von oben nach unten: Modellen, Umfragen, Experten, Polly-Vote-Schnitt, Börsen. Grafik anclicken um sie zu vergrössern.

. Drei der vier Instrumente sehen die Alternative für Deutschland nicht im neuen Bundestag vertreten. Die Abweichung findet sich bei den Prognosemärkten. Diese Instrument, der Börse nachempfunden, gibt als einziges der AfD einen WählerInnen-Anteil von 6 Prozent, was für den Einzug reichen würde.
. Identisch sind die 4 Werte für die Grünen/Bündnis’90, fast der Fall ist dies bei der Linken und bei der FDP. Bei dieser Partei variirien die Angaben um maximal 9 Promille, wobei die Umfragen am tiefsten sind, bei jener um 8 Promille, denn die ExpertInnen haben die Links-Partei tiefer als alle anderen.
. Uneinheitlicher sind die Werte für die beiden Grossparteien. Die SPD schwankt zwischen 25.2 Prozent in den Prognosemärkten und 26.9 Prozent bei den ExpertInnen. Die CDU wiederum kommt an der Börse auf 36.8 Prozent, in den Modellrechnungen gar auf 40,7 Prozent. Die Eigenheiten der Instrumente nach Parteien sind dabei über die Zeit fast konstant geblieben, sprich haben whl etwas mit der Auswahl der Indikatoren oder der TeilnehmerInnen zu tun.

Mit anderen Worten: ExpertInnen haben eine Affinität zur SPD; die Börsen eine zur AfD; vor allem letzteres bekommt der CDU/CSU nicht gut.

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Die Linien entsprechend von oben nach unten: ExpertInnen, Polly-Vote-Schnitt, Umfragen, Modellen, Börsen. Grafik anclicken um sie zu vergrössern.

Natürlich fiebere ich ein wenig mit Kollege Andreas Graefe von der Uni München mit; denn sollte sich der US-Export in Deutschland bewähren, sehe ich vor, 2015 ein ähnliches Tableau auch bei den Nationalratswahlen 2015 anzuwenden!

Claude Longchamp

hier noch die vier Umfragen von heute im Vergleich