Neue Rechtspartei: Angriff auf die hegemoniale Stellung der SVP im rechten Lager

Die Stellung der SVP im rechten Politspektrum der Schweiz ist europäisch einmalig. Sie verlangt aber auch eine Gratwanderung, die immer schwieriger zu werden scheint. Eine neue Rechtspartei dürfte nach der BDP den Handlungsspielraum der wählerstärksten Partei in der Schweiz weiter einschränken.


Eric Stauffer, Präsident des Mouvement citoyens genevois, kündigte die Gründung einer neuen Rechtspartei in der Schweiz an


Das Lavieren der SVP bei der Personenfreizügigkeit

Man erinnert sich: Die SVP schwankte, als es darum ging, ihre Position zur Personfreizügigkeit festzulegen. Im Parlament stimmte sie gespalten. Angeführt von alt-Bundesrat Christoph Blocher empfahl die nationale Parteileitung, das Referendum nicht zu ergreifen. Erst die Aktivitäten der Jungen SVP und der AUNS, die Wesentliches dazubeitrugen, dass die Sammelaktionen der Schweizer Demokraten und der Lega die nötigen Unterschriftenzahlen beibringen konnte, liessen die Mutterpartei kippen. Mit dem Zustande gekommenen Referendum setzte sich die SVP gegen die Personenfreizügigkeit ein, selbst wenn sie damit eine erhebliche Minderheit der eigenen Fraktion desavouierte.

Die Rechnung der SVP war einfach zu machen, aber schwierig einzuhalten: Ohne Referendum bleibt ihr nach der abgelehnten Einbürgerungsdebatte ein weiterer Spagat in einer Volksabstimmung erspart. Mit einem Referendum risikierte sie in der Opposition zur Personenfreizügigkeit einen Teil des Kredits, den man für die Wiederwahl in den Bundesrat brauchte. Doch ohne Opposition bei einem Referendum verlöre sie die Themenführung im Europa-Dossier an die rechten Organisationen in der Schweiz.

Neue Rechtspartei im günstigsten Moment lanciert

Nun scheint es noch schwieriger zu kommen. Denn trotz der SVP-Themenopposition bei der Personenfreizügigkeit, kündigte gestern Abend der Genfer Eric Stauffer im Westschweizer Radio an, die Gründung einer nationalen Partei stehe bevor. Möglicherweise werde sie “Nationale Allianz” heissen und die Lega dei Ticinesi in der italienischsprachigen Schweiz, die Schweizer Demokraten aus der deutschsprachigen Schweiz und die Bürgerbewegung MCG aus Genf zu einer gesamtscheizerischen Rechtspartei zusammenschliessen. Ziel des Allianz könnte es sein, bei den eidgenössischen Wahlen 2011 in Fraktionsstärke ins Parlament einzuziehen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die neue Partei erfahrungsgemäss bei den Nationalratswahlen 2011 3 Prozent der Stimmen machen, kenzentriert auf 5-7 Kantone mit aussichtsreichen Bewerbungen. Die Wählenden dürften, wenn sie zusammenkommen sollten, im Wesentlichen aus drei Quellen stammen: aus den bisherigen Rechtsparteien, die mit Ausnahme der Lega, kein Nationalratsmandat haben, aus den NichtwählerInnen von 2007, die durch eine neue, klar rechte Partei motiviert werden könnten, und aus den Reihen der bisherigen SVP-WählerInnen, die das Lavieren bei der Personenfreizügigkeit enttäuscht hat.

Hegemoniale Stellung der SVP könnte bröckeln
Die hegemoniale Stellung der SVP im Rechtslager würde damit eine weitere Konkurrenz erhalten. Nach der BDP, die ebenfalls Fraktionssstärke anpeilt und die SVP in der politischen Mitte konkurrenzieren dürfte, gäbe es mit der “Nationalen Allianz” auch für ausgesprochen xenophobe WählerInnen-Schichten eine Alternative.

Das stellt zwar die SVP als wählerstärkste Partei der Schweiz nicht in Frage. Es zeigt aber, dass es immer schwieriger wird, das historisch einmalige Ergebnis von 2007 mit 28,9 Prozent der Stimmen zu wiederholen. Denn zuerst spaltete sich die BDP ab, als die Partei nach der Nicht-Wiederwahl von Christoph Blocher in den Bundesrat in die Opposition ging. Und nun, wo die SVP wieder in die Bundesregierung zurückgekehrt ist, könnte eine weitere Parteineugründung ihren Handlungsraum einschränken.

Der Trend zur Konzentration des rechten Parteispektrum in einer hegemonionalen Partei, den man 2007 beobachten konnte, hätte damit seinen Höhepunkt erreicht.

Claude Longchamp