Nun haben die drei Marktleader in Sachen Wahlumfragen, Isopublic, Demoscope und gfs.bern, ihre Wahlbefragungen auf den Tisch. Sie arbeiten für die Tamedia (Sonntagszeitung), Ringier (Sonntagsblick/Blick) und die SRG SSR (alle Unternehmenseinheiten).
Befragt haben alle mit der CATI-Methode (computerunterstützte Telefoninterviews). gfs.bern macht die Interviews in der ganzen Schweiz, Demoscope und Isopublic verzichten darauf, die italienischsprachigen Wahlberechtigten zu befragen. Gebildet wurden alle Stichproben nach dem at-random-Verfahren.
Interviewt wurde eine unterschiedliche Zahl von BürgerInnen: Bei gfs.bern sind es 2005, bei Demoscope genau die Hälfte davon (1002); Isopublic stützte sich auf eine mittlere Zahl von 1255.
Unterschiedlich sind die Zeitpunkte der Befragung. Die Befragung von Demoscope ist die jüngste, die von gfs.bern die zweitjüngste, während die von Isopublic am ältesten ist. Es ist denkbar, dass die Unterschiede in den Parteistärken daraus resultieren; genau beurteilen kann man das indessen nicht, denn die Basen der Befragung sind dafür vor allem hinsichtlich des Befragungsgebietes zu unterschiedlich. Ich warne deshalb vor Zeitvergleichen über Erhebungen verschiedener Institute hinweg.
Vergleicht man die Ergebnisse strukturell, ergeben sich zuerst Gemeinsamkeiten.
. Die drei beigezogenen Messungen sprechen für Wahlgewinne der GLP, der BDP, möglicherweise auch der GPS.
. Sie gehen für die CVP, FDP und SVP von Verlusten oder von einem Halten aus.
. Und die SVP hat in allen drei Befragungen ein Minus. Das gilt auch für die übrigen Parteien.
Indes: Nur bei der GPS, der BDP und der SP sind die Befragungswerte annähernd identisch. Grösser sind die Differenzen bereits bei der CVP, die bei gfs.bern leicht zulegt, in den beiden anderen Befragungen einiges verliert. Das gilt namentlich auch für die FDP. Sie hat bei Demoscope ein kleines Plus, während sie in den Erhebungen der anderen Institute ein Minus hat.
Selbst bei der SVP variieren die Minuswerte: Mit 4.1 Prozent sind sie bei Demoscope krass, während sie bei Isopublic mit 0.2 Prozent kaum nennenswert sind.
Eine Eigenheit hat die Demoscope-Umfrage: Sie macht als einzige zur Beteiligung keine Angabe, derweil gfs.bern und Isopublic mit Werten von 45 resp. 47 Prozent von einem leichten Minus gegenüber 2007 ausgehen.
Der Vergleich 2007 zwischen den Vorwahlbefragungen und dem Wahlergebnis legte nahe, von drei Qualitätskriterien auszugehen: der Stichprobenbildung (ganze Schweiz besser als nur in Teilen), der Befragtenzahl (je mehr desto besser( und des Befragungszeitpunkts (je näher bei Zeitpunkt, aber nicht nur an 1-3 Tagen durchgeführt).
Claude Longchamp
Schade ist, dass bei all diesen Vergleiche die Fehlerbereiche, welche statistisch zu erwarten sind, nicht genannt, oder nur im Kleingedruckten gefunden werden.
Weil das würde alle Aussagen ein wenig relativieren und man würde bei einem plus im Bereich hinter dem Komma nicht schon von einem möglichen Wahlsieg sprechen.
Ich will da mal ein wenig Gegensteuer geben.
Die Fehlerquoten sind keine absolutes Mass für Sicherheiten, wie man häufig unterstellt. Konkret: Werte ausserhalb der Fehlermarge sind nicht sicher, und Abweichung innerhalb nicht reiner Zufall.
Das hat damit zu tun, dass die Fehlermargen abhängig sind
. von der Stichprobengrösse
. vom Basiswert für eine Partei und
. von der Sicherheit der Aussage, die machen will.
Bekannt ist die Stichprobengrösse: Je höher die Befragtenzahl, desto kleiner der Fehlerbereich. Das würde dafür sprechen, dass die Umfrage vom Blick von heute die unsicherste ist, die der SRG SSR die sicherste.
Zweitens hängt der Wert, zb. 2.2 Prozent von Parteiestärke ab. Bei einer 1% Partei viel kleiner als bei einer 50 % Partei.
Diskutiert werden hier unterschiedliche Parteien mit unterschiedlicher Stärke. Konkret müsste man für jede Umfrage für jede Partei einen anderen Fehlerbereich angeben.
Es kommt der dritte Einwand dazu: Fehlerquotenberechnung basieren auf der Stochastik, der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Im Normalfall unterstellt man, dass die Irrtumswahrscheinlichkeit 5 % sein darf, das heisst Aussagen zu 95 Prozent sicher sein sollen.
Wenn sie solche machen wollen, die 99 Prozent sicher sind, vergrössert sich der Unsicherheitsbereich, und er wird kleiner, wenn sie eine machen wollen, die etwas unsicherer ist.
Mehr dazu finden sie hier:
http://www.gfsbern.ch/Blog/tabid/93/entryid/302/Wie-wahrscheinlich-sind-die-Gewinne-und-Verluste-der-Parteien.aspx
Da wird auch aufgezeigt, wie sicher jeder Wert der gfs-Umfrage (für den Moment der Befragung) ist.
Nun hier ging es gar nicht um das. Nur darum, wie die Messewerte sind.
Oder noch ein bisschen zugespitzt: Wenn bei einer Partei eine grosse Abweichung konstant entsteht, ist die Sicherheit recht hoch. Das ist bei der GLP der Fall, nicht jedoch bei den GPS.