“ElectoralVote”: Präsident Obama führte die Wahl bei den Elektorenstimmen stets an

Zu den in der Schweiz vernachlässigten Tools zu den US-Wahlen zählt ElectoralVote. Zu Unrecht, meine ich. Denn die relevante Information, die Verteilung der Stimmen im Electoral College, findet sich hier vorteilhaft zusammengestellt.

Anders als die meisten Uebersichten, verfolgt man bei www.electoral-vote.com nicht die bundesweiten Umfragen, sondern die in den Gliedstaaten. Der Grund ist einfach: Aller Aufmerksamkeit für das Ergebnis der Erhebungen in den Vereinigten Staaten zum Trotz entscheiden die US-Bundesstaaten einzeln, vom wem sie gesamthaft regiert werden. Die Volksmehrheit nützt da nichts, wenn man keine Mehrheit der Elektoren hinter sich weiss.


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Seit 2004 leistet ElectoralVote einen bemerkenswerten Beitrag zur Uebersicht amerikanischer Wahlen, und ist dafür mehrfach ausgezeichnet worden: Die Umfragen in jedem Staat werden laufend dokumentiert; darauf aufbauend wird das Verhältnis an Stimmen im Electoral College täglich neu hochgerechnet. Geleistet wird dies auf zwei Arten: Zuerst aufgrund der Staaten, in denen die Entscheidung sicher ist. Ergebnis: Barack Obama führt mit 237 Stimmen, gegenüber 191 Stimmen für Mitt Romney. Um Präsident zu werden, braucht es jedoch 270 Elektorenstimmen. Damit ist man bei der zweiten Addition von ElecotralVote, die jeden Bundesstaat dem einen oder anderen Kandidaten zuordnet, auch wenn die Umfragen knapp ausfallen. Ergebnis jetzt: 281 zu 206 für den bisherigen Präsidenten, der damit wiedergewählt würde.


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Das Resultat am Wahltag wird mit Sicherheit noch etwas anders ausfallen: Denn Virgina, Florida und Colorado weisen ein “tie” auf; beide Kandidaten sind in den Umfragen gleichauf. Doch selbst wenn der Republikaner Romney all diese drei Staaten für sich entscheiden und die 51 Stimmen machen sollte, verfehlt er den Wahlsieg.

Der Zeitstrahl von ElectoralVote belegt zudem, dass Obama nicht erst seit dem Wirbelsturm “Sandy” führt. Diesen Eindruck vermitteln nur die bundesweiten Umfragen. Die hier vorgestellte Methode gab zu jedem Zeitpunkt einen Vorsprung für Obama. Ausser ein paar Tage im Juni reichte es auch stets für die 270 nötigen Stimmen.




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Folgt man ElectoralVote, sind nur Florida, Colorado und Virgina noch ganz offen. Knapp ist der Vorsprung von Romney namentlich in North Carolina, der von Obama in New Hampshire, Nevada und Ohio, allenfalls auch in Iowa und Wisconsin.

Selbstverständlich hängt auch diese Uebersicht von den Umfragen und deren Bewertung ab. ElectoralVote neigt keinem Kandidaten zu, ist aber vorsichtig. Doch drückt sie sich nicht um eine Aussage, wie das andere machen, die so viele Bundesstaaten als offen taxieren, bis niemand mehr eine Mehrheit hat.

Zwei weitere Uebersichten gehen einen vergleichbaren Weg mit ElectoralVote: Die eher Obama-skeptische Plattform “RealClearPolitics” gibt ihm mit wahrscheinlichen 290:248 gute Wahlchancen (64% Wahrscheinlichkeit), und die New York Times, zu Obama neigend, schreibt ihm gar 307 der 538 Elektoren zu – und nennt eine Wahrscheinlichkeit von über 85%, dass der neue mit dem alten Präsidenten identisch ist.

Claude Longchamp