Parteien verschwinden aus der Gemeindepolitik

Trimstein zählt 500 EinwohnerInnen. Der Gemeinderat hat 7 Sitze. Politische Parteien gibt es in der Berner Gemeinde nur 1 – die SVP. Offiziell hat sie 1 Sitz in der Exekutive, denn die 6 andern GemeinderätInnen sind parteilos. Das alles ist gar nicht so unüblich, sagt eine Nationalfonds-Studie.

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Rund die Hälfte der Mitglieder in Gemeindeexekutiven der Schweiz sind parteilos, interessieren sich für Sachpolitik und sind dafür bereit einige Jahre ihres Lebens einzusetzen.

Gemäss Urs Meuli vom Soziologischen Institut der Universität Zürich ist Trimstein für kleine Gemeinden typisch. Denn seit geraumer Zeit kennt er die Ergebnisse der ersten Befragung bei allen 15’500 kommunalen Exekutivmitgliedern der Schweiz. Demnach gehören fast die Hälfte von ihnen keiner Partei an. Und, das Phänomen ist vor allem in kleinen Gemeinden noch ausgegeprägter.

Die Tendenz zur Parteilosigkeit in der Kommunalpolitik ist seit den 1980er Jahren beobachtbar. Früher ging der berufliche Aufstieg geradezu mit der Erfüllung der Bürgerpflichten einher. Angesichts individualierter Lebensläufe erweist sich das heute jedoch immer häufiger als Hindernis. Man zieht umher, will aber nicht ganz auf Politik verzichten. So sucht man neue Wege für politische Karrieren.

Fast alle befragten Parteilose sind überzeugt, dass Gemeindepolitik ohne Parteien ebenso gut funktioniert wie mit Parteien. Sie haben in ihrer Wohngemeinde die für sich richtige Partei nicht gefunden. Oder sie monieren, die Parteien seien zu stark auf Konflikte untereinander anstatt auf die Sachfragen in der Gemeinde ausgerichtet.

Das bestätigt auch die Gemeindeschreiberin von Trimstein: «An den Sitzungen des Gemeinderates dominiert die Sachpolitik», sagt Leila Arn Müller Trimstein über Dorfexekutive.

Claude Longchamp

Fakten zu den thematischen Positionen der BundesratsanwärterInnen

Endlich geht es nicht nur um Taktik der Parteien und Images der KandidatInnen für die Nachfolge von Pascal Couchepin; denn der Tages-Anzeiger veröffentlichte einen Positionensvergleich der FDP- und CVP-BewerberInnen aufgrund ihrer Themenpräferenzen.

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Hauptergebnis der Umfrage von sotomo bei den BundesratskandidatInnen von FDP und CVP, bei der Pascal Broulis nicht mitmachen wollte.

Wer eine restriktivere Ausländerpolitik oder dasselbe bei den öffentlichen Finanzen will, der oder die sollte sich für Christian Luscher als Nachfolger von Pascal Couchepin erwärmen. Falls die Präferenz bei einer aussenpolitischen Oeffnung, verbunden mit mehr Polizei und Armee, liegt, müsste man für Martine Brunschwig Graf optieren. Fulvio Pelli wiederum ist der Bewerber, der am klarsten für Liberalisierung im wirtschaftlichen wie auch im gesellschaftlichen Bereich steht. Dominique de Bumann ist von allem momentanen KandidInnen für einen Bundesratssitz der sozialste, befürwortet er doch einen Ausbau des Sozialstaates, während Urs Schwaller am ehesten für mehr Umweltschutz in der Schweiz steht.

Das sind Ergebnisse aus einer Umfrage der Forschungsgruppe sotomo bei den BewerberInnen für den frei werdenden Bundesratssitz. Didier Burkhalter, von vielen als eigentlicher Favorit für die Nachfolge von Pascal Couchepin gehandelt, erscheint dabei als guter Durchschnitt. Er ist sicher nicht für ökologische Anliegen gewinnbar, dafür auf ökonomische Freiheit ausgerichtet. Doch ist er nirgends top, in fast allem Fragen gut eingemittet. Nicht mitgemacht hat übrigens Pascal Broulis, der waadtländer Regierungsrat, der damit auch seine Unerfahrenheit mit der Bundespolitik kommunizierte.

Alles in allem ist Schwaller der konservativste unter den Bewerbern, Pelli der liberalste. Brunschwig Graf erscheint noch etwas mehr rechts als Luscher, während de Bumann von allen am weitesten links steht. Wer CVP-Kandidaturen unterstützt, stärkt die sozialkonservative Schweiz, wer für eine der Bewerbungen aus den Reihen der FDP.Liberalen ist, mobilisiert die rechtsliberale Schweiz.

Denn ganz so deckungsgleich, wie man in der bisher so themenfreien Kampagne meinen konnte, sind die 7 potenziellen NachfolgerInnen von Pascal Couchepin nicht.

Claude Longchamp

Der Kandidat der Medien

Fulvio Pelli profiliert sich mehr und mehr als Bundesratskandidat der Massenmedien. Mit allen Vor- und Nachteilen.

Er wolle, wenn seine Fraktion wolle. Das ist die Botschaft des FDP-Präsidenten Fulvio Pelli, die er gestern im Zusammenhang mit der Nachfolge für Pascal Couchepin im Bundesrat aussandte. Damit sagt er nicht mehr Nein, wenn auch noch nicht ganz Ja. Und brachte er sich in eine mögliche win-win-Situation: Sollte es einer der bisherigen Bewerber schaffen, war er der gute Taktiker; sollte man ihn in der Not berufen, ist der Favorit, der es richten könnte.

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Chapatte, der welsche Karikaturist, bringt es im Le Temps von heute auf den Punkt: Seit Wochen tanzt Fulvio Pelli in verschiedenartigen Piruetten rund ums Bundeshaus, und die Medien folgen ihm, dem FDP-Präsidenten, dem Schwaller-Kritiker und dem Nicht-Kandidaten, auf Schritt und Tritt.

Das alleine überrascht, denn Pelli ist, seit er an der Spitze der FDP steht, nicht eben der Medienliebling gewesen. Seine zielstrebige Arbeit, aus der Verlierer-Partei FDP wieder eine Gewinnerin zu formen, wurde medial immer wieder mit den Stimmen seiner parteiinternen KritikerInnen von der Stahlhelmtruppe torpediert. Nach der Wahlniederlage 2007 klagte man, er habe die Partei nicht im Griff, und als er seinen Vize-Noser nach ungeschickten Aeusserungen zur Pauschalbesteurung in die Wüste schickte, warf man ihm vor, alles selber bestimmen zu wollen.

Wenn er nun im Zentrum des medialen Interesses steht, dann wohl aus einem Grund: Nur zu gerne würden Verlagshäuser, Chefredaktoren und Politjournalisten die Rolle der Nominatoren bei Bundesratswahlen übernehmen. Das Volk sollte durch sie und nicht durch die Parteien in der Regierung repräsentiert werden. Diese kennen ihr Ritual, wie sie BundesrätInnen küren: Die Kantonalparteien schlagen vor, die Fraktion selektioniert, und die Bundesverstammlung bestimmt.

Pelli hält sich nicht daran, und genau das macht ihn spannend, hebt ihn ab von den Parteigängern wie Didier Burkhalter oder Martine Brunschwig-Graf. Denn es bleibt die nicht beantwortbare Frage, ob es am Schluss auch gelinge, welche die Aufmeksamkeit sichert.

Genau das kann auch ins Auge gehen. Zuerst disqualifiziert Pelli mit seinem Verhalten die übrigen Bewerbungen. Das dürfte dem Parteipräsidenten eigentlich nicht gleich sein. Und sollte er den Sprung in den Bundesrat nicht schaffen, wäre aus der formidablen Anlage eine lose-lose-Situation geworden, wohl mit Konseqenzen bis 2011.

Zufällig begegne ich auf Berns Strassen dem FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher in aufgeräumter Stimmung. “Es läuft gut!”, sage ich ihm. “Ja, durchaus, erhalte ich zur Antwort”. “Wird es Pelli?”, frage ich nach und habe eine perplexen Parteisoldaten vor mir: “Gerade sie sollten es doch wissen, dass es einen Unterschied gibt zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung!”

Claude Longchamp

Drei Szenarien bis zur Bundesratswahl vom 16. September 2009

Die Nachwahl für den zurückgetretenen Bundesrat Pascal Couchepin geht diese Woche in die entscheidende Runde. Es gibt drei generelle Szenarien, für das was kommt: je eines mit einem Wahlsieg von FDP resp. CVP und eines, bei dem es zu Grundsatzdebatten über eine Regierungsreform kommt.

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Die Ausgangslage
Am Montag läuft bei der FDP die Anmeldefrist für weitere Kandidaturen aus; am Dienstag erwartet man die Entscheidung des Favoriten bei der CVP. Demnach zeichnet sich ab, dass bei der FDP Didier Burkhalter, Pascal Broulis und Christian Lüscher kandidieren wollen, und Martine Brunschwig-Graf, die ehemalige liberale Genfer Staatsrätin, ebenfalls nominiert werden möchte. Bei der CVP erwartet man allgemein eine Kandidatur von Urs Schwaller, die zwischenzeitlich von Dominique de Bumann herausgefordert wird.

Nicht auszuschliessen ist, dass auch die Parteipräsidenten Fulvio Pelli und Christoph Darbelley auf den Schild ihrer Parteien gehoben werden, selbst wenn beide nicht direkt dafür werben. Insbesondere bei Pelli weiss man, das er nicht Ja, aber auch nicht Nein gesagt hat.

Offen ist, ob weitere Parteien Nominationen vornehmen. In Frage kommen die Grünen und die SVP, ohne dass es hier eigentliche Favoriten auf der Personenebene gibt.

Die bisherigen Trends

Die Aussichten der FDP, den zweiten Bundesratssitz halten zu können, standen unmittelbar nach dem Rücktritt von Couchepin schlecht. RotGrün und das Zentrum verfügen in der gegenwärtigen Bundesversammlung über eine numerische Mehrheit; zusammen können sie bestimmen, wie der Bundesrat zusammengesetzt sein soll.

Eine einheitliche Strategie zeichnet sich aber nicht ab: Die Grünen favorisieren einen eigenen Sitz spätestens nach einem Wahlsieg 2011. Die SP wiederum denkt schon an die nächste Bundesratswahl, bei der sie selber gefordert sein wird, wenn sie rechts zu stark provoziert. Und schliesslich gibt es selbst bei der CVP Stimmen, die sich kritisch zum Zeitpunkt des Griffs nach dem zweiten Bundesratssitz äusseren.

Der Eindruck einer gelähmten FDP entstand vor allem, weil sich der vielfach als Favorit gehandelte Neuenburger Ständerat Burkhalter genauso wie seine Heerausforderer anfänglich zurückhielten. Diese Taktik verhinderte jedoch einen direkten Angriff auf ihre Person während des medialen Sommerlochs. Vielmehr wurde Urs Schwaller von einem solchen getroffen, weil dem Deutschfreiburger die Legitimation abgesprochen wurde, einen welschen Bundesratssitz zu beanspruchen.

Mit der Nomination von KandidatInnen aus den FDP-Reihen änderte sich das passive Verhalten der Partei; ja, man bekam den Eindruck, FDP-Präsident Fulvio Pelli finde in der nationalen Politik eine medale Rolle, die er schon lange gesucht habe.

Geklärtes und Ungeklärtes
Die FDP insistiert seit Beginn der Nachfolge-Debatte auf zwei Argumenten, die für einen freisinnig-liberalen Ersatz von Pascal Couchepin sprechen: Die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrates solle nicht ohne vorgängige Parlamentswahl erfolgen, und massgeblich für die Verteilung von Sitzen im Bundesrat sei der eigenen WählerInnen-Anteil bei den Nationalratswahlen.

Die CVP, welche so den Ständerat ausgeschaltet sieht, versucht die Fraktionsstärke zum entscheidenden Kriterium zu erheben, weil nur diese die politische Stärke unter der ganzen Bundeskuppel repräsentiere. Diese sei nach verschiedenen Aenderungen in den Fraktionsstärken nicht mehr wie 2007.

Vor der heissen Phase halten sich SVP und Grüne bedeckt. Klar ist eigentlich nur, dass beide Parteien auf einen Wahlsieg 2011 setzen, um sich dann (verstärkt) in den Bundesrat einzubringen. Unklar ist dabei, ob Partei- oder Fraktionsstärke massgeblich sein soll. Schliesslich bleibt offen, ob Schwaller als Deutschprachiger bei dieser Wahl ausscheiden muss, oder als Vertreter eines mehrheitlich französischsprachigen Kantons im Bundeshaus durchgeht.

3 Szenarien
In einem ersten Szenario setzt sich am Wahltag die FDP durch. Es gelingt ihr, einen Kandidaten mit gemischter Unterstützung zu nomieren. Die Sprachenfrage wird eindeutig zugunsten der Minderheiten entschieden, und die Parteienstärke als Argument für die Bundesratsbesetzung dient den linken Parteien, ihre Ansprüche warm zu halten. Der SVP ist das egal, denn sie setzt darauf, nach den nächsten Parlamentswahlen die BDP aus dem Bundesrat zu drängen und als stärkste Partei zu allererst zwei Sitze in des Bundesregierung beanspruchen zu können. Die CVP wiederum macht auf Schadensbegrenzung und bietet Evelyne Widmer-Schlumpf an, die zweite Bundesrätin einer erweiterten Zentrumsfraktion zu werden.

In einem zweiten Szenario kommt es am 16. September zur Wahl eines CVP-Bewerbers. Die mitte-links Allianz spielt im entscheidenden Moment, nämlich im letzten Wahlgang. Die Zusammensetzung des Parlaments als Wahlbehörde wird zur allgemeinen Richtschnur erhoben, wie inskünftig Bundesräte bestimmt werden. FDP und SVP sehen sich als die Verliererinnen und akzeptieren das nicht. Die SVP verlangt die Volkwahl des Bundesrates per Volksinitiative und setzt auf die kommenden Parlamentswahlen in Kanton und Bund als Richtungsentscheide. Sie will ihre Macht soweit mehren, dass sie die neue Regierungszusammensetzung nach ihren Vorstellungen gestalten kann. Die FDP stürzt auf dem Tiefststand ihre Regierungsvertretung in eine lähmende Richtungsdebatte, und in der Romandie beklagt man die Dominanz der deutschschweizerischen Mehrheit.

Das dritte Szenario geht davon aus, dass die ursprünglichen Favoriten von FDP und CVP nicht unbeschadet durch Ankündigung und Nomination gehen und der Streit um die Zusammensetzung des Bundesrates eskaliert. Grüne und SVP wittern die Gunst der Stunde und treten mit eigenen Kandidaturen an. Die Präsidenten von FDP und CVP greifen persönlich ins Wahlgeschehen ein und schliessen eigene Kandidaturen nicht aus.

Wer gewählt wird, ist in diesem Fall gar nicht so entscheidend. Denn es ist eine Wahl auf Zeit. Die Beschleunigung der Ereignisse macht klar, dass es mindestens 10 parteipolitisch motivierte Ansprüche auf einen der 7 Bundesratssitze gibt und dass keine verbindlichen Verteilkriterien für die Bestellung des Bundesrates mehr existieren. Das Ganze ist wird zur Lotterie. Entsprechend setzen Grundsatzdebatten zur Regierungsreform ein, die zwischen Ausrichtung an der Volkswahl resp. an der parlamentarischen Koalitionsbildung schwanken.

Claude Longchamp

Rotgrüne Zufriedenheit

Die vier Bisherigen RotGrünen in der Berner Regierung treten wieder an. Sie setzten auf Zufriedenheit, individuelle Themenprofil und story-telling, um die einzige linke Regierungsmehrheit in einem Flächenkanton zu verteidigen.

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Sie können gut lachen: Die vier Rotgrünen in der Berner Kantonsregierung haben keine starke Gegnerschaft zu fürchten (Bild: Berner Zeitung)

Barbara Egger-Jenzer tritt zum dritten Mal an, um die SP in der Kantonsregierung zu vertreten. Nach ihrem Glanzresultat vor dreieinhalb Jahren zweifelt niemand daran, dass sie wiedergewählt wird. Bei den drei Männern, die 2006 in die Regierung einzogen, ist das nicht ganz so sicher. Philipp Perrenoud, der Vertreter des Jura, hat kaum ernsthafte Gegnerschaft zu befürchten; er dürfte als bestgewählter Vertreter der Sprachminderheit ebenfalls wieder einziehen. Bernhard Pulver und Andreas Rickenbacher lagen bei ihr ersten Wahl sehr nahe beeinander; ihr sehr gutes Abschneiden führte zur linken Regierungsmehrheit im Kanton Bern. Doch müssen sie sich verbessern, um sicher wiedergewählt zu werden.

Gestern präsentierten sich alle vier Bisherigen gemeinsam den Medien und bekräftigen ihre Absichten, die rotgrüne Akzentsetzung in der bernischen Politik verteidigen zu wollen. Sie setzten auf die Zufriedenheit mit ihrer Arbeit, und auf die Unabhängigkeit ihrer Regierungsarbeit von Parteiinteressen. Alle vier waren bestrebt, sich individuell mit verschiedenen Themen zu profilieren. Egger-Jenzer und Rickenbacher mit ihrer bisherigen Regierungsarbeit, Perrenoud und Pulver mit ihren Absichten für die nächste Legislatur. Vermittelt wurden Leistungsausweise, persönliche Kompetenzen und Einsatz für die Regionen des Kantons. Damit setzten die vier auf solid verankerte Erwartung in der linken Wählerschaft.

Darüber hinaus wurde ein Hauch neuer Kommunikationsstil spürbar: Erzähle Deine Geschichte, haben ihren die Berater im Obama-Zeitalter empfohlen. So legte beispielsweise Rickenbacher seine Ambivalenz gegenüber der vollamtlichen Regierungsarbeit offen, weil sie ihm zu wenig Zeit für die Familie lasse. Und Egger-Jenzer meinte, 8 Jahren sein nicht genug, selbst wenn sie wisse, dass sie sich in den nächsten vier Jahren hintersinnen werde, warum sie sich das antue.

Alles in allem dominierte Zuversicht in der Ankündung für den Wahlkampf. Die bürgerlichen Parteien treten ungeeint an, einzelne KandidatInnen können keine Regierungserfahrung vorweisen, und eigentliche Fehler hat man der einzigen linken Mehrheit in einem schweizerischen Flächenkanton nicht nachweisen können.

Claude Longchamp

Die BDP ist der Zwickmühle

Urs Gasche, vormals SVP-Regierungsrat und seit 2008 einziges Mitglied der neu gegründeten BDP in der Berner Kantonsexekutive tritt nach 9 Jahren Arbeit als Finanzdirektor auf Ende Legislatur von seinem Amt zurück. Damit bringt er vor allem seine neue eigene Partei in ein Dilemma und nützt er am ehesten seiner alten.

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Urs Gasche, seinerzeit für die SVP in den Berner Regierungsrat gewählt, jetzt für die BDP politisierend, verändert mit seinem Rücktritt die Ausgangslage für die bürgerlichen Parteien.

Die Ausgangslage für die BDP, im Kanton Bern nach 2010 weiterhin eine Regierungspartei zu sein, hat sich verschlechtert. Denn die junge Partei befindet sich seit gestern in der Zwickmühle:

Setzt sie für die Nachfolge von Urs Gasche die populäre Thuner Städträtin Ursula Haller ein, hat sie zwar die beste Chance, weiterhin Regierungspartei zu sein. Da Regieren im Kanton Bern ein Vollamt ist, müsste Nationalrätin Haller aus dem nationalen Parlament zurücktreten. Wegen der seinerzeitigen Wahl Hallers auf der SVP-Liste hätte die BDP keinen Anspruch auf Nachfolge, womit sie der Fraktionsstärke unter der Bundeskuppel verlustig ginge.

Setzt die Kantonalpartei auf eine andere Kandidatur (z.B. Parteipräsidentin Beatrice Simon oder Grossrat Lorenz Hess), schadet sie der Mutterpartei nicht, die für das Generalsekretariat auf das Bundesgeld der Fraktionen angewiesen ist, risikiert sie aber aus der Berner Regierung auszuscheiden. Denn an die Stimmkraft von Ursula Haller, die eines der besten Ergebnisse im ganzen Kanton geliefert hatte, kommt wohl keine der möglichen BewerberInnen heran, die jetzt genannt werden. Da die BDP über keine Hausmacht verfügt, die alleine nicht für einen Regierungssitz ausreicht, ist sie jedoch genau darauf angewiesen.

Mit der neuen Situation vor den Regierungsratswahlen 2010 im Kanton Bern steigen die Chancen der anderen bürgerlichen Parteien, insbesondere der SVP, ihre Minimalziele zu erreichen, denn die neue Zusammensetzung auf der rechten Seite könnte 2 SVP und 1 FDP lauten. Gleichzeitig sinkt auch die Wahrscheinlichkeit (nochmals), dass es zu einer Wende in den Mehrheitsverhältnissen kommt. Gut möglich, dass Rotgrün sogar das Finanzdepartement von Gasche übernimmt.

So können sich SP und Grüne mindestens für die Regierungsratswahlen (erneut) die Hände reiben!

Claude Longchamp