Verkommt Sachwerbung zu Imagewerbung?

Die übergeordnete Kampagne für die Personenfreizügigkeit wird immer mehr durch einzelne Kampagnen der Parteien verdrängt. Warum, und mit welchen Folgen, ist hier das Thema.

Das politische System der Schweiz kennt Wahlen und Abstimmungen. Im ersten Fall entscheiden wir über Parteien, im zweiten in Sachfragen. Entsprechend unterscheidet man üblicherweise zwischen Partei- und Sachwerbung.

Mit dem historisch einmaligen Aufstieg der SVP seit Mitte der 90er Jahre sind die Grenzen verwischt worden. Abstimmungskämpfe dienen immer mehr der Profilierung von Parteien. Sie mutieren zum Wahlkampf zwischendurch.

Der Erfolg der SVP als politische Partei bei Wahlen hat einen Mythos geboren. Entscheidend sei die Kommunikation gewesen, und dabei massgeblich sei das Plakat. Zwar sind die SVP-Affichen der letzten 10 Jahre mehrfach kritisert worden. Doch haben sie gerade wegen des Stilbruchs die Aufmerksamkeit der Meinungsbildner immer auf sich gezogen.

Auch die irritierten Parteien haben in den letzten Jahren angefangen, Abstimmungskämpfe für Eigenwerbung zu verwenden. Die Kampagnen zur Personenfreizügigkeit Sprechen eine deutliche Sprache. Economiesuisse macht die Dachkampagne der Wirtschaft. Und die befürwortenden bürgerlichen Parteien sollten die dazu passenden Basiskampagnen leisten. Getrennt marschieren, vereint schlagen war das Motto.

Das Bild stimmt zwischenzeitlich nicht mehr. CVP und FDP nutzen die Themenaufmerksamkeit, welche die Volksabstimmung vom 8. Februar 2009 erzeugt, um sich zu profilieren. Sie haben nicht mehr nur ihr eigenen Komitees. Vielmehr veranstalten sie auch eigene Medienkonferenzen. Und sie haben ihre eigenen Plakate und Inserate. Die betreiben ihre eigenen Kampagnen.

Das ist nicht ohne: Die Zahl der vergleichbaren Medienkonferenz nimmt zu; die Kapazitäten der Medien bleiben sich aber gleich. Man greift gerade in den elektronischen Medien zu drastischen Massnahmen. Statt jede Finesse in der Argumentation auszuleuchten, bringt man das Pro und Kontra je einmal. Die Differenzierung wird zum potenziellen Bumerang.

Im gekauften Teil der Medien wächst dafür der Eindruck, dass heute das gemeinsame Projekt der Befürworter hinter den parteieigenen Interessen ihrer Trägerinnen verschwindet. Die langfristige Orientierung verliert sich im kurzfristigen Aktionismus. Sachwerbung verkommt zur Imagewerbung.

Ob das für die Sache von Gutem ist?

Claude Longchamp

Wirtschaftliche Oeffnung der Schweiz mobilisiert Stadt/Land-Gegensatz

Nie war der Unterschied zwischen den Sprachregionen in einer EU-Abstimmung so gering wie bei der Entscheidung über die Personenfreizügigkeit 2005. Dennoch ergaben sich charakteristische Unterschiede zwischen mehr ruralen und mehr urbanen Regionen.


Quelle: BfS

Man erinnert sich: 1992 bei der EWR-Abstimmung gab es einen exemplarischen Röscht-Graben. Die Romandie war fast geschlossen dafür; die deutsch- und italienischsprachige Schweiz mehrheitlich dagegen. 32 Prozentpunkt betrug die Differenz zwischen den beiden grösseren Sprachregionen im Zustimmungswert.

Der sank bis 2005 stufenweise ab. Bei der Volksentscheidung über die Personenfreizügigkeit betrug er keine 6 Prozent mehr. Bei der Einführung der Bilateralen im Jahr 2000 errechnete das BfS noch einen Unterschied von 12 Prozentpunkten.

Das heisst nicht, dass es 2005 keine regionalen Unterschiede mehr gab. Die waren aber weniger durch den Faktor Sprache geprägt als durch die Siedlungsart. Die Zustimmung war in den städtischen Gebieten überdurchschnittlich, auf dem Land klar unterdurchschnittlich.

Man kann es sogar noch differenziert haben, wenn man Bezirks- oder Gemeindekarten zu Rate zieht. Massiv war die Verwerfung in Misox und im Entlebuch. Besonders hoch war sie in den Kerngebieten der grossen Agglomerationen, namentlich in Bern und Zürich.

Die Verlagerung der räumlichen Konfliktlinien hatte mit unterschiedlichen Präferenzen in der aussenpolitischen resp. -wirtschaftlichen Oeffnung zu tun. In der französischsprachigen Schweiz ist die Vorliebe für die politische Oeffnung stark ausgeprägt; Aengeste gegenüber Mitgliedschaften in supra- oder internationalen Organisationen sind geringer ausgeprägt. Besonders in der deutschsprachigen Schweiz neigt man dazu, aussenpolitischen Beitritten kritischer gegenüber zu stehen, die wirtschaftliche Kooperation aber nicht auszuschliessen.

Ein besonder Fall ist die italienischsprachige Schweiz. Sie hat alle Europa-Vorlagen seit 1992, egal, ob sie eher politischer oder wirtschaftlicher Natur waren, mit Nein-Anteilen zwischen 57 und 64 Prozent verworfen.

Claude Longchamp

Personenfreizügigkeit 2005/2009: ein erster Vergleich

Seit Tagen gibt es in den Schweizer Medien eine Debatte über Umfragen zur Personenfreizügigkeit. Dabei übertrifft die Fiktion die Realität. Dieser könnte man sich beispielsweise über die VOX-Analyse annähern, die 2005 nach der ersten direkten Volksabstimmung über die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union gemacht wurde.


Die Ergebnisse der Volksabstimmung und der Nachanalyse
Die Ergebnisse der Volksabstimmung vom 25. September 2005 lauteten: Genau 56 Prozent stimmten für die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU, 44 Prozent votierten dagegen. An der Volksentscheidung beteiligten sich 53.8 Prozent der Stimmberechtigten.

Das Profil der beiden Lager konnte in erster Linie mittels politischer Merkmale bestimmt werden. SP-, CVP- und FDP-AnhängerInnen waren zu rund vier Fünfteln wie ihre Partei für die Personenfreizügigkeit. Ungebundene war genau hälftig gespalten. Die politischen Entscheidung war in erster Linie durch die Einstellung zur EU beeinflusst, aber auch durch Werthaltungen gegenüber der Oeffenheit zum Ausland und zur Gleichstellung der AusländerInnen mit SchweizerInnen. In ihr reflektierte sich auch das Vertrauen in den Bundesrat.

Soziologisch gesehen war die Entscheidung vor allem durch die Schicht mitbestimmt: Je höher die Bildung und die berufliche Position war, desto stärker war man für die Personenfreizügigkeit. Schliesslich ergaben sich Einflüsse aus der Einschätzung der Wirtschaftslage. Vor allem bei negativen Beurteilungen überwog das Nein.

Das veränderte Umfeld
Die Skepsis gegenüber der allgemeinen ökonomischen Lage ist heute deutlich höher als vor dreieinhalb Jahren. In den Worten des Dispositionsansatzes: Das Umfeld der Entscheidung ist anders.

Das hat zwar das Parlament nicht einflusst. Es beeinflusst aber den Abstimmungskampf, und es ist zu erwarten, dass es auch auf die Meinungsbildung der Bevölkerung Auswirkungen haben wird. Das Ausmass ist jedoch noch nicht abschätzbar.


Quelle: Sorgenbarometer 2008. Die aktuellsten Werte stammen aus dem September 2008. Sie dürften jetzt noch kritischer sein.

Auswirkungen auf den Abstimmungskampf
2005 verfügte die Ja-Seite über drei klar mehrheitsfähige Argumente sozio-ökonomischer Natur. Rund zwei Drittel der Stimmberechtigten waren damals der Meinung, die Personenfreizügigkeit sei für die Schweiz wichtig, um Zugänge zu neuen Märkten zu erhalten, um Arbeitskräfte aus den mittel- und osteuropäischen Staaten rekrutieren zu können und um den SchweizerInnen im Ausland bessere Erwerbsmöglichkeiten zu gewähren.

Das alles dürfte im jetzigen Umfeld relativiert worden sein, was die Position der Ja-Seite kommunikativ schwächen dürfte und zielgruppenspezifisch negative Auswirkungen haben dürfte.

Argumentativ ergibt sich auf der Nein-Seite kaum eine Aenderung. Die 2005 populärsten Argumente war der erhöhte Druck auf den Schweizer Arbeitsmarkt einerseits, die Belastungen für die Sozialwerke anderseits. In beiden Themen war die Gegnerschaft der Personenfreizügigkeit punktuell mehrheitsfähig. In andere Kampagneschwerpunkten, die auch jetzt wieder auftauchen, war das nicht der Fall. Das gilt insbesondere für Aengste vor vermehrter Migration und für Botschaften, die Schweiz werde von der EU erpresst. Allenfalls letztes ist vor der gewachsenden EU-Skepsis in der Schweiz heute etwas wirksamer.

Vorläufiges Fazit
Damit sei nicht gesagt, dass sich alles aus dem Jahre 2005 wiederhole. Es sei aber vor dem Hintergrund des Dispositionsansatzes als Analysemöglichkeit von Meinungsbildungsprozessen postuliert, was damals Sache war und was diesmal Sache sein könnte. Der wichtigste Unterschied ergibt sich aus dem veränderten Umfeld wirtschaftlicher Natur. Alles andere hatten wir 2005 in eine weitgehend ähnlichen Masse wie heute auch.

Die wahrscheinlichste Hypothese ist demnach, dass die damaligen Entscheidungen die jetzigen mitbestimmen, dass die Skepsis gegenüber der Personenfreizügigkeit jedoch etwas höher ist als vor dreieinhalb Jahren und dass das die Profilierung der ökonomischen Begründungen aus dem Ja-Lager erschweren dürfte.

Claude Longchamp

www.ballotpedia.org: beispielhafte Abstimmungsdokumentation 2.0

Knapp 1500 Freiwillige machen in den USA vor, wie Abstimmungsdokumentation 2.0 aussieht. In weniger als zwei Jahren haben sie mit ballotpedia das Referenzprojekt für die lokale direkte Demokratie geschaffen, dem man ein schweizerisches Pendant wünschen würde.

Das amerikanische Vorbild
In der Selbstdarstellung ist “ballotpedia” eine freie online Enzyklopädie, die auf kooperativer Mitarbeit beruht. Sie umfasst im Wesentlichen Volksabstimmungen auf der Ebene von Bundesstaaten, die Ergebnisse, die Akteure, die Kampagnen und das Recht, das die Entscheidungen regelt.

Kooperieren kann jedermann und -frau, der oder die sich registriert. Knapp 1500 Personen haben sich dieser einfachen Prozedur unterzogen. Sie arbeiten, wie man das von wikipedia her kennt, wenn auch nach klareren Vorgaben via Checklisten, was man mitteilen soll und was nicht. Und es gibt eine harte Einschränkung: Wer Vandalismus betreibt, wird für immer gesperrt.

Begonnen hat das Projekt im Mai 2007. Der innert kürzester Zeit erreichte Stand lässt sich sehen: Mehr als 16’000 Artikel sind seither zu Themen wie Bärenjagd in Alaska oder Einwanderungsbestimmungen für Kubaner in Florida entstanden, sofern darüber abgestimmt worden ist. Berichtet wird, wer für, wer gegen eine Vorlage ist, was die Argumente der beiden Seiten sind, wie die Kampagnen verliefen, welche Medien wie berichten, wer vielfiel Geld aufgewendet hat und was die Umfragen sagen. Bei zurückliegenden Abstimmungen wird selbstredend das Resultate berichtet, allenfalls auch auf Nachanalysen verwiesen. Ergänzt wird das ganze mit Links auf websiten zum Thema, die als Belege und weiterführende Informationen dienen.

Und die Schweiz?
Der Schweiz würde ihr eigenes “ballotpedia” gut anstehen: Die Dokumentationen der Bundeskanzlei beschränkt sich auf eidgenössische Abstimmungen und umfasst das Kampagnengeschehen nicht. Das gilt auch für www.ch.ch, der e-government-Plattform von Bund und Kantonen. Die Dokumentation von “c2d” bezieht sich auf Abstimmungen in der ganzen Welt, doch sind die Informationen dazu ausgesprochen knapp gehalten, denn das zentrale Interesse gilt der Institutionenanalyse in der direkten Demokratie.

Gerade für die Analyse von Prozessen der Meinungsbildung – insbesondere von der Politik- und Kommunikationswissenschaft als zentrale Erklärungsgrössen für Volksentscheidungen bezeichnet – fehlt es in der Schweiz eine geeigneten Dokumentation, die aktuell und rückwärtig materialgestützte Untersuchungen zulassen würde.

Wer macht den Anfang, die Lücke im Mutterland der direkten Demokratie zu beheben?

Claude Longchamp

Hansjörg Walther: die neue Galionsfigur für die Bilateralen

“Galion” ist spanisch und meint Balkon. Galionsfiguren sind jene Personen-darstellungen auf Schiffen, die auf einem gut sichtbaren Vorbau angebracht werden, um auf dem richtigen Weg Unglücke zu verhindern. Diese Figur der Seefahrer geht jetzt auf neue Reise und macht bei den Landwirten Halt.

< Die neue Galionsfigur der SVP, wenigstens jener starken Minderheit der Fraktion, die dem befürwortenden Komitee beigetretenist, heisst Hansjörg Walther. Dank seiner Fast-Wahl in den Bundesrat ist der Schweizerische Bauernpräsident aus dem Thurgauischen im vergangenen Dezember national bekannt geworden. Jetzt wird er auf den neuen Plakaten der befürwortenden Kampagne zu den Bilateralen als Aushängeschild der Landwirte präsentiert. Auf dem Balkon der Werbung stehend, sagt Walther "Ja" nicht nur zu Weiterführung der Personenfreizügigkeit; er ist auch für die Erweiterung auf die neuen Mitgliedstaaten. Die Bauern hätten insbesondere mit Rumänen als Arbeitskräften in den Landwirtschaft gute Erfahrungen gemacht, bekennt Walther im heutigen "Sonntagsblick“. Bei einem Nein zum ganzen Paket würden die wirtschaftlichen Nachteile überwiegen, gibt er konträr zur Parteimeinung wieder. Denn: “Bewährtes sollte man nicht kündigen.”

Es ist offensichtlich: Das neue Kampagnenelement des Ja-Lagers zu den Bilateralen zielt auf die Landwirte. Sie sollen für ein “Ja” gewonnen wereden. Real machen sie zwar kaum mehr 5 Prozent der Erwerbstätigen resp. der Stimmenden aus. Gefühlsmässig neigt aber rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung zu den Bauern: “mentale Bauern” werden sie gelegentlich genannt – SchweizerInnen, die so entscheiden, wie wenn sie Landwirte wären, auch wenn sie es nicht (mehr) sind.

Der SVP wird das symbolisch schmerzen. Denn sie kann die Bauernschaft als Inbegriff der traditionellen schweizerischen Lebensweise nicht mehr als sichtbare Gegner der Personenfreizügigkeit für ihre Kampagne beanspruchen.

Real wird das die SVP jedoch kaum kümmern. Sie setzt auf die zahlreicheren, EU-feindlich eingestellten Bevölkerungsteile und mobilisiert hierzu ganz bewusst die Ausländerfeindlichkeit, die recht quer zu den sozialen Schichten vorkommt. Die Bauernschaft lässt sie (diesmal) links liegen.

Claude Longchamp

Project syndicate: Quelle der Weltanalyse

2008 hat unter anderem gezeigt, wie interdependent die Welt von heute ist. Genau das stellt die Frage, ob auch unsere Bewusstsein mit dieser Vernetzung mithält. Eine interessante Möglichkeit, das zu versuchen, ist die Auseinandersetzung mit dem “project syndicate”.

Die Finanzkrise in den Vereinigten Staaten, aber auch die US-amerikanischen Wahlen haben das Weltbewusstsein befördert. Globale Rezession, multipolare Weltordnung sind zu neuen Schlagworten geworden, welche die weltweite Diskussion über Wirtschaft, Politik und Gesellschaft neu lanciert haben.

Wer die Debatten verfolgen will, die in den Zentren der Wissenschaft und der Publizistik rund um den Erdball geführt werden, dem sei das “project syndicate” empfohlen. Das Prager Netzwerk, das seit 1995 besteht und sich gegenwärtig an 400 Zeitungen in 150 Staaten, die gemeinsame eine Auflage von 50 Millionen Ausgaben haben, wendet, veröffentlicht seine Analysen und Kommentare seit längerem auch auf Internet. Zu Wort kommen Fachleute und Nobelpreisträger, Staatsmänner und Aktivistinnen, aber auch Philosophen und Geschäftsleute mit internationaler Ausrichtung. Finanziert wird sie von Georges Soros’ “Open Society Foundation” und zahlreichen weitere Stiftungen namentlich aus Europa.

Die Internet-Publikation wird wöchentlich (The World in Words) aufdatiert. Rund 20 führende DenkerInnen, unter ihnen Chris Patten (vormals EU Kommissar), Joshka Fischer (vormals deutscher Aussenminister), Joseph Stiglitz (Nobelpreisträger für Oekonomie), Joseph Nye (US-Politologe) oder Naomi Wolf (feministische Aktivistin) kommen mit einer monatlichen Rubrik zu Wort. Uebergeordnete Themen sind der Klimawandel, Wirtschaftswachstum und politische Ordnung, die Menschenrechte und der Islam und die Welt der Islam. Der medinzinische und der technologische Fortschritt werden mit seinen Auswirkungen auf Gesellschaft und Mensch separat thematisiert.

Für mich besonders interessant ist schliesslich die Rubrik “Worldly Philosophers“, die in Kooperation mit dem Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen betrieben wird, und sich fächerübergreifend, grossen Themen der sozialwissenschaftlichen Analyse widmet.

In der Schweiz sind der L’Agefi, Le Temps und der Tagesanzeiger Mitglieder des Projekts. Dennoch ist es hierzulande zuunrecht unbekannt geblieben. Die Internetausgabe könnte da Abhilfe schaffen, denn man kann die updates bequem via RSS abonnieren. Zu den grossen Vorteilen dieser Publikation zählt, dass die Beiträge meist gleichzeitig auf Englisch, Arabisch, Chinesisch, Tschechisch, Französisch, Deutsch, Spanisch und Russisch erscheinen.

Die Beiträge sind meist persönlich gehaltene Analyse und Kommentare. Sie verbergen ihre Standpunkte kaum. Als Ganzen lässt die Plattform keine eindeutige politische Ausrichtung erkennen, sie ist pluralistisch ausgerichtet. Wer mit seiner Allgemeinbildung zur Welt mit eben deren Entwicklung mithalten will, sei die Lektüre wärmstens an Herz gelegt!

Claude Longchamp

Statistik über alles

Statistik ist überall, und doch nirgends. Sie bestimmt und verschwindet. Das soll sich ändern. statistia dokumentiert das Denken und Handeln der Deutschen umfassend. Und ist dafür als Innovation des Jahres 2008 auf dem www ausgezeichnet worden.

Schauen Sie Fernsehen? Schlagen Sie ein Zeitung auf? Surfen Sie auf Internet? Ueberall begegnen Sie Grafiken und Prozentwerten, die auf Statistiken basieren. Gehe es um die Belastungen der Haushaltskasse, die beliebtesten Vornamen für Knaben und Mädchen oder um die Zeit für den eigenen Medienkonsum, überall will man Ranglisten haben, Verteilungen kennen, Zielgruppen unterscheiden können. Doch wär behält das die Uebersicht? Wer vergisst nicht gleich alles? Wer hilft einem Bleibendes von Momentanem zu treffen?

Die Antwortet lautet: statista. Tim Kröger und Friedrich Schwandt haben die Idee 2007 geboren, und sie gingen im Mai 2008 damit ins Netz. Binnen kürzester Zeit haben Sie ihre Website als zuverlässige Auskunftsquelle etablieren können. Ende des vergangenen Jahres erhielten sie dafür den deutschen startup-Preis, den ein Jury aus Fachleute, Medienschaffenden und Investoren für die besten neue Website des Jahres vergibt.

Aufgeteilt in 18 Rubriken sind mehrere Millionen Statistiken kostenlos für Jedermann abrufbar. Die Daten stammen allesamt von namhaften und seriösen Instituten wie dem Institut für Demoskopie Allensbach, dem Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung sowie dem Statistisches Bundesamt und erfüllen somit alle wissenschaftlichen Standards. Gleichzeitig schafften es die Gründer, Kopperationen mit den größten Medienplayern in Deutschland zu schließen – darunter Spiegel Online und bild.de. Die Partner stellen Statista ihre Daten gegen eine kleine Gebühr zu Verfügung. Die angelieferten Datenpakete werden mit neuesten Präsentationmitteln aufbereitet und den Nutzern der Plattform kostenlos zur Verfügung gestellt. Zur Zielgruppe von Statista zählen professionelle Nutzer aus Wirtschaft, Medien und Wissenschaft. Bislang finanziert sich Statista weitgehend über Werbung.

Ich habe mich eine gute Weile umgesehen auf statista. Nachdem ich jahrlang voluminöse Statistikbände gewälzt habe, um dann doch nicht das zu finden, was ich brauche, spricht mit die Hamburger Website besonders an. Natürlich gibt es auch hier eine Ueberfülle an Informationen. Doch die Elektronik erleichtert die schnelle Suche, das Grafiktool gibt einen raschen Ueberblick, und die die Filterungsmöglichkeiten lassen vertiefende Abklärungen zu. In meinem Fachgebiet weiss ich das Meiste auch, doch schon ein wenig darüber hinaus, habe ich so binnen Kurzem viel Interessantes erfahren, sodass man sich wünschen würde, dass die Macher die Beschränkung auf deutsche Statistiken zugunsten einer besseren Uebersicht, wenigstens über den ganzen deutschsprachigen Raum aufgegeben würden.

Claude Longchamp

Das beste Dutzend

Rund ein Jahr gibt es das Blog “zoon politicon”: Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

Gereift ist die Idee mit meinen Kursen und Vorlesungen an Hochschulen. Sie betreffen verschiedene Themen. Sie sprechen unterschiedliche Zielpublika an. Sie fordern mich nicht nur, sie regen mich auch an.

Die Idee, ein Blog für die Teilnehmenden von Veranstaltungen etablieren zu können, hat sich aber nur beschränkt erfüllt. Die Nutzung in diesem Umfeld blieb zurück; die Kommentare blieben fast gänzlich aus. Positiv gewendet heisst das, dass Kursteilnehmende lieber direkt mit dem Dozierenden kommunizieren als über das Web.

Dennoch stieg die Nutzung von zoon politicon kontinuierlich an. Seit April 2008 dokumentiere ich das mit google-analytics. 100-200 BesucherInnen hat das Blog jeden Tag, an sehr guten Tagen auch schon da Doppelte. Klar zugenommen haben meine Gäste, seit ich aus öffentlichen Ereignisse wie der amerikanischen Wahlen, den schweizerischen Bundesratswahlen oder der Volkasbtimmung über die Personenfreizügigkeit meine Material für Beiträge mit politik-, kommunikations- oder gesellschaftswissenschaftlichen Hintergrund zu gewinnen.

Verbessert hat sich gegen Ende Jahr die Plazierung des Blogs in den einschlägigen Verzeichnissen. Gibt man auf google “Politikwissenschaft” ein, figuriert dieses Blog an 16. Stelle unter allen Websiten überhaupt und ist es das erste seiner Art. Die Charts auf “Slug” zeigen, dass es etwa jeder zweite Beitrag in den ersten 24 Stunden nach Aufschalten schafft, zu den 25 meistgelesenen Beiträgen der schweizerischen Blogoshäre zu werden.

Das Dutzend, das dabei am häufigsten nachgeschlagen wurde, habe ich nachstehend versammelt. Die Beiträge wurden alle mindestens 400 Mal angeclickt, der führende mehr als Doppelt so häufig. Ein Ansporn 2009 mehr davon zu produzieren.

1. Rechne!
2. Ein erstes Bild des jüngsten SVP Wahlsieges im Kanton St. Gallen
3. Wird Demokratieforschung in der Schweiz nun konkret?
4. Politologie für die Zeitungslektüre
5. Gekonnte Analyse aus der Distanz
6. Roger de Weck: “Starke Demokratie vs. schwacher Rechtstaat”
7. Der Bundespräsident verdient Unterstützung
8. 10 Gründe, warum man in der Schweiz besser in der Regierung als in der Opposition ist
9. Samuel Huntington, Autor von “Kampf der Kulturen”, verstorben
10. 13 Gründe warum Obama US-Präsident wird
11. Die Machtfrage in der SVP
12. Die 12 grosse Kommunikationsereignisse 2008 in der Schweiz

All meinen Gästen und Interessierten wünsche ich eine gutes, friedfertiges neues Jahr.

Claude Longchamp

PS:
Es ist hier wie auf jedem Blog nicht untersagt zu kommentieren!