Nützliche Links zu Abstimmungen und Wahlen in der Schweiz

Letzte Woche unterrichtete ich an der Zürcher Hochschule in Winterthur im Rahmen des CAS “Politische Kommunikation”. Es ging um BürgerInnen und Demoskopie im weitesten Sinne, also um Fragen, wie aus BürgerInnen-Meinungen politische Entscheidungen werden und wie die Ergebnisse auf kollektiver Ebene auf die individuelle herunter gebrochen werden können.

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Mehrfach wurde ich danach gefragt, nebst den Literaturangaben eine Linksliste abzugeben. In der Tat hatte ich das in den Unterlagen nicht gemacht, weshalb ich das auf diesem Weg nachhole.

Amtliche Informationen:
Offizielle Informationen Wahlen und Abstimmungen Schweiz
Amtliche Wahlergebnisse Schweiz
Amtliche Volksabstimmungsergebnisse Schweiz

Abstimmungsforschung Schweiz:
Abstimmungsforschung (Schweiz)
Historisches Datenarchiv Volksabstimmungen Schweiz
VOX-Analysen eidgenössischer Abstimmungen
Vimentis: Ueberparteiliche Abstimmungsinformationen
Parlamentsmonitoring
SF Abstimmungen Archiv
Dispositionsansatz zur Analyse der Meinungsbildung bei Volksabstimmungen
SRG-Trendbefragungen zu Volksabstimmungen/Hochrechnungen/Erstanalysen
Ballotpedia (Archiv Volksabstimmungen in den US-Gliedstaaten)
Direkte Demokratie in Europa

Wahlforschung Schweiz:
Wahlforschung (international)
Prognosemodelle für Wahlen (vorwiegend für die USA)
Wahlatlas Schweiz
Selects – Schweizer Wahlstudien
Smartvote Wahlhilfe
Schweizer Parlamentswahlen 2007
Schweizerische Bundesversammlung
SF Wahlen 07
Grafik Datenbank Wahlbarometer 2007
Kommentierte Literaturliste politische Kommunikation (vorwiegend Wahlen)

Aktuelles findet sich jeweils auch in der Kategorien Wahlforschung, Abstimmungsforschung und Politische Kommunikationsforschung auf diesem Blog.

So, ich hoffe damit, diese Bringschuld eingelöst zu haben.

Claude Longchamp

Auf Vortragstournee

Meine Vorträge der Herbst/Winter-Saison 2010 stehen vor der Tür. Hier eine Uebersicht, zu was ich in diesem Jahr in Vorträgen oder Kursmodulen noch sprechen werde.

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“Woher kommt die Schweiz, was ist sie, und wohin treibt sie?” Diesen Fragen gehe ich zahlreichen Vorträgen und Kursen bis Ende Jahr nach.

Für 2010 ist mein Haus voll. Was ich 2011 mache, werde ich bald einmal entscheiden. Sicher stehen da Theman aus dem Wahljahr im Vordergrund.

Referat und Kurse Herbst/Winter 2010

10./11. September 2010: “Demoskopie und Oeffentliche Meinung”, Kursmodul im CAS Politische Kommunikation der Zürcher Hochschule Winterthur

24. September 2010: “Wahlen: Betätigungsfeld von PolitologInnen am Beispiel der Schweizer Bundesratswahlen”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

29. September 2010: “Entstand die Schweiz 1291? Eine Provokation”, Referat zum fulehung vor dem Mittelalterverein Thun

1. Oktober 2010: “Das Parteiensystem der Schweiz und in europäischen Staaten: politologische, soziologische und historische Herleitungen”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

8. Oktober 2010: “Alles nur noch Eigennutz? Möglichkeiten und Grenzen von “rational choice” Modellen als Erklärungsansätze für das Wahlverhalten”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

15. Oktober 2010: “Individuen oder Gruppen? Wahlentscheidung im Lichte der Sozialpsychologie”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

22. Oktober 2010: “Vom Sein und Schein der Wahlen in der Mediengesellschaft”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

25. Oktober 2010: “Verschwinden die Mittelschichtsfamilien in der Schweiz?”, Referat vor dem BürgerInnen-Forum Kirchberg

27. Oktober 2010: “Lobbying. Eine neue Form der politischen Einflussnahme bahnt sich ihren Weg”, Kursmodul im CAS Medienarbeit des MAZ.Die Schweizer Journalistenschule

29. Oktober 2010: “Selects. Das Wahlprojekt der Grundlagenforscher in der Schweiz im Spiegel der internationalen Forschung”,

31. Oktober 2010: “Die Zukunft des politischen Sytems der Schweiz”, Beitrag an der Jugendparlamentskonferenz

4. November 2010: “Direkte Demokratie in der Schweiz und anderswo” (Titel provisorisch), Referat an der Weiterbildungstagung der Bernischen MittelschullehrerInnen

4. November 2010: “Schweizer Werte. Ein übergeordnetes Wahlkampf-Thema 2011?”, Referat vor der FDP Baselland

5. November 2010: “Wahlbarometer. Das Wahlforschungsprojekt der SRG”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

12. November 2010: “Politische Partizipationsforschung: Wer entscheidet bei Schweizer Wahlen und Abstimmungen?”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

18. November 2010: “Politische Theorie – wozu?”, Kursmodul im Rahmen des Politiklehrgangs des Berner Bildungszentrums für Wirtschaft

19. November 2010: “Europa-Abstimmungen in der Schweiz: Was man aus Abstimmungsergebnisse und -analysen über den Willen der Bürgerschaft ableiten kann”, Kursmodul im Rahmen des Politiklehrgangs des Berner Bildungszentrums für Wirtschaft

19. November 2010: “Sind Abstimmungsprognosen eine Wissenschaft?”, Referat bei der Naturforschenden Gesellschaft Winterthur

26. November 2010: “SRG Trends: Eine Bilanz zu Abstimmungsuntersuchungen vor Volksabstimmungen”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

3. Dezember 2010: “Warum wer wie stimmt? Die VOX-Analysen als Instrument der Nachanalyse von Schweizer Abstimmungsentscheidungen auf der BürgerInnen-Ebene”, Kursmodul im Rahmen der Lehrveranstaltung Wahlforschung an der Uni Zürich

7. Dezember 2010: “Die Schweiz, das Land, die Städte – richtige oder falsche Prioritätensetzung?”, Referat vor dem Rotary Club Bern

Kurse, Vorträge und Fernsehserie 2010

Diese Woche startet meine Lehrveranstaltung an der Uni St. Gallen. Doch bleibt dies nicht der einzige Kurs, den ich in nächster Zeit halten werde. Hier eine Uebersicht.

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Kurse
18. März 2010 IDHEAP Lausanne (Fachhochschulniveau):
“Politische Meinungsbildung” (auf französisch) im Rahmen der Höheren Kaderausbildung des Bundes
Dieser Kurs wird allenfalls am 27. Mai 2010 wiederholt.

25. März 2010 MAZ Luzern (Fachschulniveau):
“Politische Lobbying” im Rahmen des CAS Medienarbeit

21. Juni 2010 IPMZ Transfer Uni Zürich (Uniniveau, Weiterbildung)
Politische Kampagnen und ihre Erfolgsaussichten im Rahmen der Weiterbildung “Politische Kommunikation für Regierung und Verwaltung”

10./11. September 2010 ZhaW Winterthur (Fachhochschulniveau)
“Politische Meinungsbildung und Demoskopie” im Rahmen des Nachdiplomstudiums “Politische Kommunikation”

27. Oktober 2010 MAZ Luzern (Fachschulniveau):
“Politische Lobbying” im Rahmen des CAS Medienarbeit

18. November 2010 Wirtschaftsfachschule Bern (Fachschulniveau)
“Gemeindepolitik: technokratisch oder demokratisch?” im Rahmen der Ausbildung von GemeindepolitikerInnen

Vorträge
Zu meinen Kursen kommen vorerst die nachstehenden Vorträge:

24. April 2010: Generalversammlung von Foraus (Forum Aussenpolitik)
“Wie kann man die Agenda der Schweizerischen Aussenpolitik beeinflussen?”

30. April 2010 Weiterbildungsreihe des Klosters Disentis

“Direkte Demokratie: eine Eigenheit der Schweiz, die es Wert ist, richtig verstanden zu werden”

27. Mai 2010 Verein Zürcher Politologen
“Politikwissenschaft in der Praxis: Möglichkeiten und Grenzen der angewandten Politikforschung”

4. Juni 2010 Gemeinde Reinach (BL)
“Wieviel Bevölkerung erträgt die Planung – wieviel Planung erträgt die Bevölkerung?”

19. November 2010 Naturforschende Gesellschaft Winterthur

“Sind ‘Wahl- und Abstimmungsprognosen’ eine Wissenschaft?”

7. Dezember 2010: Rotary Club Bern

“Urbanes Lebensgefühl in Bern: Was ändert sich für die Politik?”

Bei den Vorträgen haben ich für im August bis Oktober 2010 noch einige Termine offen.

Fernsehserie
Schliesslich sei erwähnt, dass im Juli im Rahmen der “Sternstunde Geschichte” eine Fortsetzung der vierteililgen Fernsehserie zur Schweizer Geschichte vorbereitet wird, an der ich aktiv teilnehmen werde, die im Herbst 2010 ausgestrahlt werden wird.

“Ja. Nein. Schweiz.”

Knapper geht ein Titel nicht. Vor allem nicht, wenn es sich um eine Doktorarbeit handelt. Doch in diesem Fall macht das Plakative Sinn. Denn die Zürcher Dissertation von Sascha Demarmels handelt von “Schweizer Abstimmungsplakaten im 20. Jahrhundert”. Ihr Thema sind Emotionen in der Massenkommunikation.

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Der Anlass
Das politische Plakat ist ein Kind des 19. Jahrhunderts. Bei Schweizer Volksabstimmungen tauchte es nachweislich während der national(istisch)en Begeisterung im Jahre 1898 erstmals auf. Seine erste Blüte erlebte es mit dem Ersten Weltkrieg und dem Aufbrechen des sozialen Gegensatzes zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft.

Quantitativen Höhepunkte des politischen Plakatierens gibt es viele. In den 20er, 30er, 50er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts. Und heute. Das “schnelle Denken” (Daniel Kahneman), das gerade die politische Kommunikation der Gegenwart fördert, hat zu einem Revival des Plakates im Abstimmungskämpfen geführt. Konkret: Nie in der Schweizer Politgeschichte gab es so viele Abstimmungsplakate wie seit 2003.

Grund genug, sich wissenschaftich damit zu beschäftigen.

Die Studie
Sascha Demarmels, eine Kolleginnen an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft, hat es als Erste eine Uebersicht zur politischen Plakatkommunikation gewagt. 2004 hat sie mit ihrer Doktorarbeit begonnen; in diesem Jahr ist sie in Buchform erschienen. Entstanden ist so eine knapp gehaltene Geschichte des politischen Plakates, die ein zentrales Thema verfolgt: die Emotionalisierung politischer Diskurse während Abstimmungskämpfen.

Auf Plakaten vermutet Sascha Demarmels Reizwirkungen auf drei Ebenen:

erstens auf der materiellen Ebene, wobei es um Farben und Schriften auf dem Plakat geht,
zweitens auf der kognitiven Ebene, wobei Ueberraschungen oder Widersprüche Aufmerksamkeit sichern soll, und
drittens auf der emotinalen Ebene, die kulturübergreifend, kulturspezifisch, gruppenspezifisch oder individuell erzeugt werden, um die Meinungen zu beeinflussen.

Letzteres ist am interessantesten, denn hier geht es beispielsweise um Schlüsselreize bei besonders plakatierbaren Themen wie “Kinder”, “Geld”, “Freiheit” und “Gerechtigkeit”. Es zählen aber auch Archetypen der politischen Kommunikation wie “Hintergangene”, “Uebermächtige”, “Gute und Böse” hierzu, die dank radikalen Vereinfachungen in Bild und Text eine klare Zuordnung im politischen Kampf ermöglichen. Die Emotionalisierungsstrategien beziehen sich auf den Raum und die Landschaften, die Mythen und Geschichten, und auf die eigene Gesellschaft. Denn sie schaffen gerade bei Volksabstimmungen Identifikationsmöglichkeiten, um kollektive und individuelle Adressaten wie “Arbeiter”, “Mieter”, aber auch “Schweizer” ansprechen zu können.

Die fast 1000 Plakate, welche Sascha Demarmels für ihre Doktorarbeit untersucht hat, erschliessen den Interessierte die ganze Palette der Plakatkultur in der Schweiz. Materielle Emotionalisierungen finden sich in 80 Prozent der Fälle; sie konstituieren die Kommunikationssorte quasi. Gut belegt sind Emotionalisierungen auf sozialer Ebene (in drei Viertel der Fälle, vor allem mittels Verunsicherung und Angst) resp. mittels Schlüsselreizen (in zwei Drittel der Fälle).

Auch wenn sie nicht einfach zu quantifizieren sind, die Autorin hält die kulturspezifischen Strategien der Emotionalisierung für die wichtigsten, insbesondere, wenn es um Mythen geht – klassischen wie “Tell”, “Gessler” und “Helvetia”, aber auch neue wie “Unabhängigkeit”, “Neutralität” und “Steuerparadies”.

Der Schluss
Drei Paradigmen von Botschaften bestimmen gemäss Studie die übergeordneten Themen, die mittels Plakaten in der Schweiz effektvoll vermittelt werden können: nationale Werte, ihre Kritik und der Zusammenhalt der Schweiz in der komplexen Welt. Das macht das Plakat seit mehr als hundert Jahren mit welchselnden Inhalten für die emotionale Kommunikation besonders attraktiv.

Diesem Hauptergebnis kann man ohne Zweifel zustimmen, selbst wenn man unterwegs Fragezeichen in der Durchführung des empirischen Teils der Arbeit hat. Das Verdienst der linguistisch ausgerichteten Studie ist es, das Plakat erstmals systematisch als Mittel der Emotionalisierung der Bürgerschaft untersucht zu haben.

Denn das ist gerade heute wieder von Belang, weshalb sich auch PolitikwissenschafterInnen ein Stück davon abschneiden und sich dem Thema schnell und gründlich beschäftigen sollten.

Claude Longchamp

Die Evolution des Wissens durch Theoriebildung und Informationsgewinnung

(zoon politicon) Die Falsifikation oder Verifikation einer Hypothese ist das A und O der Theorie emprischer Wissenschaften nach Karl R. Popper. Denn so kann man Fehler in den theoretischen Annahmen entdecken und vermeiden, und sich so der Wahrheit annähern.

Der evolutionäre Prozess von Information-Theorie-Information
Aus verifizierten Hypthesen entsteht aber keine Theorie von selbst. Der Prozess der Entwicklung empirische gesättigter Theorien in der Wissenschaft ist komplexer. Der Soziologe Volker Dreier hat für die Evolution in der Theoriebildung und Informationsgewinnung in den Sozialwissenschaften ein sinnvolles, aber noch wenig gebräuchliches Schema vorgeschlagen.

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Die Operationen: Induktion, Konstruktion, Deduktion, Reduktion
Das Modell unterscheidet zunächst zwischen Theorie und Information, dann zwischen Hypothese und Prognose. Der klassisch deduktive Weg der Wissenschaften, die Deduktion oder Ableitung von Prognosen aus der Theorie setzt Beweistheorie vor aus. Es sind begrifflich, logisch und datenmässig geprüfte Aussagen zu einem Gegenstand. Der Weg hierzu setzt Hypothesen voraus, die sich bewährt haben und nicht mehr modifiziert werden müssen. Dreier nennt ihn Konstruktion. Die Herstellung von Theorien geschieht, indem Aussagen, die aus der Hypothese entstehen, miteinander verknüpft in eine grösseres Ganzes überführt werden, und das meist abstrakt, aber verbal beschrieben werden.

Der Kreislauf ist damit noch nicht geschlossen. Prognosen, die stimmen, führen zu neuen, relevante Informationen. Dreier nennt das die Reduktion. Geleistet wird das durch Bestätigungstheorien. Informationen wiederum stehen nicht nur am Ende des Kreislaufes, sondern am Anfang: Mittels Heuristik werden solche Informationen in Arbeitshypothesen umgewandelt, die anschliessen der oben beschriebenen Prüfung unterzogen werden.

Die theoretischen Schritte sind demnach

. die Heuristik in der Induktion,
. die Begründung in der Konstruktion
. der Beweis in der Deduktion und
. die Bestätigung in der Reduktion.

Dabei bleibt man stets im gleichen Wissenschaftsprogramm. Man entwickelt mit ihm Theorie, und man verwendet die Theorien für die Gewinnung relevanter Informationen, die ihrerseits zu verbesserten Theorie resp. präzisierten Informationen führen können.

Die Anwendung in meiner Vorlesung
Die Wahlforschung ist ein typisches Beispiel hierfür; sie gilt als eine der weitentwickeltsten Teilbereich der Sozialwissenschaften, weshalb man heute überwiegend deduktiv-reduktiv verfährt.
Die Abstimmungsforschung, die ungleich weniger entwickelt ist, verfährt noch überwiegend umgekehrt. Sie verfährt deshalb, wissenschaftstheoretisch gesprochen, induktiv-konstruktiv. Doch dazu nächste Woche mehr.

Geruhsames Wochenende!

Claude Longchamp