Ein neuer Hauch von Liberalismus in der Schweizer Politik

Die Sommersession in Bern geht zu Ende. Sie hielt die Schweizer Oeffentlichkeit fast jeden Tag in Atem. Zudem wurde ein Strich unter die Affäre Liyben gezogen. Und der Fussball heiterte die bisweilen bedrückte Stimmung auf. Selbstbewusst ziehen die liberalen Kreise in der Schweiz nun Bilanz.

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Es ist nicht ungewöhnlich, dass economiesuisse in der Schweizer Presse Inserate schaltet. Meistens will der Verband der Schweizer Wirtschaft von den Adressaten aber etwas. Diesmal dankt er. Namentlich gegenüber dem Parlament ist das der Fall, für die Zustimmung zum Staatsvertrag Schweiz – USA. Verantwortungsbewusst im Interesse der Unternehmen unseres Landes sei es gewesen, heisst es da, eingerahmt zwischen symbolen der nationalen und globalen Freiheit.

Nicht minder stolz blickt die “FDP.Die Liberalen” auf die Erfolge in der Sommersession zurück. Entschlossen man sich für mehr Arbeitsplätze, sichere Sozialwerke und einen schlanken Staat eingesetzt, und man habe Wesentliches zu den Mehrheiten in allen wichtigen Geschäften begetragen. Die Liste der Beispiele über den bereits zitierten Staatsvertrag hinaus ist lang. Speziell herausgehoben werden die Doppelbesteuerungsabkommen, die Minder-Initiative, die “To-big-to-fail” resp. Boni-Debatte, die Gesundheits- und Sozialversicherungspolitik, die Steuergerechtigkeits- resp. die Ausschaffungsinitiative.

Sich selber empfiehlt man sich und anderen wegen des gradlinigen Kurses trotz Erpressungsversuche gerade von links, des entschlossenen Einsatzes für den Wirtschaftsstandort Schweiz, der Förderung der Sparsamkeit und die Rücksichtnahme auf Völkerrecht. Explizit angegriffen werden zudem die SVP-Vertreter, die sich genau daran nicht hielten und der Schweiz schadeten.

Ohne Zweifel haben beide Aktion etwas PR-haftes an sich: nicht zuletzt, weil sie Realitäten ausblenden, wie die Kehrtwende der Schweizer Politik in Sachen Bankkundengeheimnis, bis vor kurzem noch als unverhandelbar taxiert. Oder wie die Probleme mit dem Abzockertum in den obesten Bankentagen, die für eine breite Delegitimierung zentrale Werte des Kapitalismus sorgten. Und wie der Vertrauensverlust in staatliche Institutionen, nicht zuletzt durch ungeschicktes Verhalten des FDP-Bundespräsidenten 2009.

Bemerkenswert aber ist, wie schlagartig ein neuer Wind durch die Schweizer Politik weht, seit nicht mehr die Pole vorgeben können, was diskutiert wird und was nicht. Auffällig ist, wie die Diskussionen ändern, wenn nicht mehr SVP, SP oder Grünen die Stichwortgeber sind oder gemeinsam unliebsame Positionen verhindern können. Denn das ist das effektiv Neue nach dieser Sommersession: Die bürgerlichen Mitte gewann am Wochenende die Wahlen in Graubünden und Schwyz gerade im richtigen Moment, um die herben Niederlagen in Bern und Glarus vergessen zu machen. Und nun stehen die FDP und mit ihr die liberalen Kräfte in verschiedenen Parteien plötzlich wieder gestärkt da, und sie organisieren die Schweizer Politik plötzlich mit dem Selbstverständnis eines Siegers, wie man es lange nicht mehr gesehen hat.

Das wird man sich mit Blick auf die Wahlen 2011 merken müssen!